Année politique Suisse 1967 : Infrastruktur und Lebensraum / Boden- und Wohnwirtschaft
Wohnungsbau
Die
Wohnwirtschaftspolitik wurde weiterhin von der Tatsache eines ungenügenden Angebots von preisgünstigen Wohnungen überschattet. Die Wohnungsproduktion nahm etwas stärker ab als im Vorjahr
[33]; allerdings dürfte sie die von der revidierten Schätzung der Eidg. Wohnbaukommission für die Jahre 1966-1970 als erforderlich betrachtete Jahresmenge noch erheblich übertroffen haben
[34]. Doch ging der Leerwohnungsbestand, der 1966 leicht zugenommen hatte, 1967 wieder etwas zurück; zudem handelte es sich gerade in städtischen Siedlungen bei den leerstehenden Wohnungen vorwiegend um teure Objekte
[35]. Die Wohnbauförderungsaktion auf Grund des Bundesgesetzes von 1965 machte nur beschränkte Fortschritte
[36]. Fünf weitere Kantone führten eine Anschlussgesetzgebung durch, in sechs Kantonen fehlt eine solche noch; in Schaffhausen und im Aargau wurden sogar, entsprechende Vorlagen in der Volksabstimmung verworfen
[37]. Es wurde namentlich mangelnde Bereitschaft vieler Gemeinden zur Förderung der Baulanderschliessung festgestellt
[38].
In der
Wohnbaupolitik des Bundes verlagerte sich das Schwergewicht von der direkten Baufinanzierung auf die Schaffung von Voraussetzungen für eine günstigere Entwicklung der privaten Bauproduktion. Damit wurde die Linie weitergeführt, die an den beiden Landeskonferenzen zur Förderung des Wohnungsbaus 1965 und 1966 begonnen worden war. Bundesrat Schaffner und der Delegierte für Wohnungsbau, F. Berger, betonten verschiedentlich die Notwendigkeit einer besseren Siedlungsplanung, einer frühzeitigeren Erschliessung von Bauland sowie der Beseitigung bauverteuernder Hemmnisse durch Anpassung der kantonalen Baugesetze und kommunalen Bauordnungen an die veränderten Verhältnisse. Bei der Behandlung einer Motion, die ein vereinheitlichendes Eingreifen des Bundes wünschte, befürwortete Bundesrat Schaffner im März eine freiwillige Zusammenarbeit aller Baupartner zur Lösung der sich stellenden Aufgaben, an die der Bund namentlich durch den Einsatz von Finanzmitteln für die erforderliche Forschung beitragen sollte; für den Fall eines Misserfolgs stellte er jedoch neue bundesgesetzliche Massnahmen in Aussicht
[39]. Im Juni nahm er bei der Beratung des Geschäftsberichts des Bundesrates eine Anregung auf, die angesichts der starken Verteuerung des Wohnungsbaus durch gesteigerte Erschliessungskosten die Schaffung eines eidgenössischen Erschliessungsfonds empfahl
[40]. Gegen Jahresende wurde mitgeteilt, dass eine Arbeitsgruppe der Eidg. Wohnbaukommission die Frage der Ablösung des Wohnbaugesetzes von 1965 prüfe, wobei die Erleichterung der Baulanderschliessung im Vordergrund stehe
[41]. Vor dem Nationalrat, der im Dezember zwei Postulate für eine wirksamere Wohnbauförderung, insbesondere in Grossstadtagglomerationen, überwies, erklärte sich Bundesrat Schaffner zur Änderung des « Tropfenzähler» -Wohnbaugesetzes bereit
[42]. Einen besonderen Beitrag an die Rationalisierung des Bauwesens leistete die Schweizerische Kartellkommission, indem sie Erhebungen über den Baumaterialienmarkt sowie über die Submissions- und Konzessionsvorschriften veröffentlichte und für die Praxis der zuständigen Behörden Forderungen und Empfehlungen formulierte: eine Änderung der geltenden Bestimmungen sollte ermöglichen, dass sowohl im Submissionswesen wie bei der Ausführung von Hausinstallationen vermehrt das Wettbewerbsprinzip respektiert und eine preissteigernde Bevorzugung lokaler und regionaler Unternehmungen vermieden würde
[43].
[33] In den 65 Städten wurden 1967 18 730 Wohnungen erstellt (1966: 20 896, 1965: 22 048) (Die Volkswirtschaft, 41/1968, S. 47); während des 1. Halbjahres wurden 1967 in den Gemeinden mit mehr als 2000 Einwohnern 19438 Wohnungen gebaut (1966: 21 407, 1965: 22 422) und der Bau von 20 843 Wohnungen bewilligt (1966: 24 758, 1965: 22 530) (Die Volkswirtschaft, 40/1967, S. 468 ff.).
[34] Vgl. SPJ 1966, S. 95. Diese Schätzung lautete auf 42 000 neuerstellte Einheiten pro Jahr; 1966 wurde allein in den Gemeinden mit mehr als 1000 Einwohnern noch eine Gesamtproduktion von 51 313 Einheiten erreicht (Die Volkswirtschaft, 40/1967, S. 185 f.).
[35] Die Leerwohnungszählung vom 1.12.1967 ergab in den 5 Grossstädten einen Bestand von 0,16 % (1.12.1966: 0,15 %; 1.12.1965: 0,12 %), in den 60 übrigen Städten 0,44 (1966: 0,49; 1965: 0,44), in den Gemeinden mit 5-10 000 Einwohnern 0,97 (1966: 1,11; 1965: 0,89) und in den Gemeinden mit 2-5000 Einwohnern 0,91 (1966: 0,98; 1965: 0,74) (Die Volkswirtschaft, 41/1968, S. 116). Die Eidg. Wohnbaukommission wertete 1963 Prozentsätze unter 0,5 als praktischen Fehlbedarf (Wohnungsmarkt und Wohnungsmarktpolitik, Bericht der Eidg. Wohnbaukommission (Sonderheft 72 der Volkswirtschaft), Bem 1963, S. 10. Vgl. auch Vortrag des Delegierten für Wohnungsbau, F. Berger (Bund, 183, 28.6.67).
[36] Beiträge an die Kapitalverzinsung zur Senkung der Mietzinse wurden 1967 für 4507 Wohnungen zugesichert (1966 waren es 1612 Wohnungen), 2. Hypotheken wurden für 261 Wohnungen (1966: 634) verbürgt (Mitteilung des Delegierten für Wohnungsbau; vgl. auch SPJ 1966, S. 94, und Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über seine Geschäftsführung im Jahre 1966, S. 297).
[37] S. unten S. 141. Der Präsident des Schweizerischen Hauseigentümerverbandes, C. Scherrer, empfahl, kantonale Wohnbausubventionsvorlagen nach Möglichkeit zu verwerfen, und regte dafür individuelle Mietzinszuschüsse an (NZZ, 2224, 22.5.67).
[38] Bundesrat Schaffner erklärte im StR (NZZ, 2730, 22.6.67) und im NR (NZ, 591, 21.12.67), in manchen Gemeinden herrsche die Meinung: « Wir sind unser genug ». Vgl. auch Äusserung des Delegierten für Wohnungsbau in Bund, 183, 28.6.67.
[39] Stellungnahme Bundesrat Schaffners zur Motion von NR Meyer (rad., LU) (NZZ, 1017, 9.3.67; 1152, 16.3.67); die Motion wurde vom NR am 9.3. und vom StR am 22.6. überwiesen (NZZ, 2730, 22.6.67). Vgl. ferner Vorträge des Delegierten für Wohnungsbau (NZ, 164, 11.4.67; Bund, 183, 28.6.67).
[40] Anregung NR Bergers (soz., ZH) (NZZ, 2730, 22.6.67).
[41] NZZ, 5073, 26.11.67.
[42] Postulate Tschäppät (soz., BE) und Berger (soz., ZH) (NZZ, 5498, 20.12.67).
[43] Veröffentlichungen der Schweizerischen Kartellkommission, 2/1967, S. 97 ff. (Submissions- und Konzessionsvorschriften) und 213 ff. (Baumaterialien). In Jg. 1/1966, S. 24 ff., war bereits eine auf Veranlassung des EVD durchgeführte allgemeine Erhebung über die Wettbewerbsverhältnisse in der Bauwirtschaft publiziert worden. Vgl. auch oben S. 53.
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