Année politique Suisse 1968 : Parteien, Verbände und Interessengruppen / Verbände und übrige Interessenorganisationen
Unternehmer
Der Schweizerische
Handels- und Industrieverein hielt wie üblich seine Delegiertenversammlung in Zürich ab. Es sprachen Professor H. Sieber (Bern) über die Bodenrechtsartikel und Bundesrat H. Schaffner über die Wirtschaftslage
[3]. Der Schweizerische Bankiertag widmete sich im September in Bern erneut dem Notenbankinstrumentarium und dem Finanzprogramm (Ansprache Bundesrat Celios)
[4]. An der Delegiertenversammlung des Zentralverbandes schweizerischer Arbeitgeber-Organisationen Anfang Juli in Basel wurde Rückschau gehalten auf die Ära des bisherigen langjährigen Präsidenten Albert Dubois. Es wurde ihm eine Festschrift überreicht
[5]. Der Direktor, L. Derron, wies in seinem Referat « Arbeitgeberpolitik in einer sich wandelnden Umwelt »
[6] auf die Wichtigkeit der neu aufgenommenen Sozialpartnergespräche hin. Wir werden weiter hinten auf sie eingehen. Im schweizerischen Gewerbeverband, dessen Mitglieder sich nach einer Aussage von Direktor Fischer nicht mehr als Mittelständler, sondern als Unternehmer verstehen sollten
[7], ging das Präsidium von Nationalrat U. Meyer-Boller an Nationalrat K. Hackhofer über
[8]. Wiederum wurde in den Verhandlungen auf die Wichtigkeit gewerblicher Unternehmungsführung hingewiesen und gleichzeitig die Konkurrenzfähigkeit der Klein- und der sich stets noch vermehrenden Mittelbetriebe durch eine Werkbesichtigung ad oculos demonstriert
[9].
In den Stellungnahmen zu aktuellen Problemen der schweizerischen Politik machten sich innerhalb der Unternehmerverbände neben der Tendenz zu einheitlicher Meinungsbildung nach wie vor typische Schattierungen bemerkbar. In den umstrittenen Fragen des Notenbankinstrumentariums, des Finanzprogramms und des Bodenrechts, auf die wir schon an anderer Stelle eingegangen sind
[10], brachte man meist die bereits bekannten Erklärungen erneut vor, wobei die Argumente je nach Interessenrichtung mehr oder weniger pointiert formuliert wurden. Bedenken wurden von der Unternehmerseite vor allem auch gegen die neue Hochschulvorlage vorgebracht, am deutlichsten von gewerblicher Seite. Doch wurde die zeitweise angedrohte Referendumskampagne nicht eingeleitet
[11]. Eine Zeitlang stand auch ein von diesen Kreisen in Vorschlag gebrachtes Referendum gegen die Reallohnerhöhung des Bundespersonals im Bereich des Möglichen
[12]. Der Schweizerische Handels- und Industrieverein wies darauf hin, dass durch die Erhöhung zusätzliche Kaufkraft von 400-500 Mio Franken geschaffen werde, was den inflatorischen Auftrieb verstärke
[13].
Umgekehrt war aber von Unternehmern auch zu vernehmen, welch grosse Bedeutung der Staat als Wirtschaftsmacht für die schweizerische Industrie besitze. Rene Frey, der Präsident des Verbandes schweizerischer Maschinen-Industrieller, betonte an dessen Delegiertenversammlung, dass der Anteil der staatlichen Aufwendungen (ohne PTT und SBB) am Sozialprodukt nahezu einen Fünftel betrage. Die staatlichen Aufträge, Käufe und Dienstleistungen (Bund, Regiebetriebe und SBB) beliefen sich für die schweizerische Industrie auf 2 Mia Franken jährlich (ohne Aufwendungen für Hoch- und Tiefbau)
[14]. Wenn der Staat hier dem Unternehmertum bedeutend weniger bedrohlich erschien, so erklärte dagegen der scheidende Präsident des Gewerbeverbandes, der staatliche Anteil am nationalen Einkommen sei zu gross geworden
[15]. Unter diesem Aspekt wird auch die gewerbliche Skepsis gegenüber der Hochschulpolitik, von der etwa gesagt wurde, sie werde dazu dienen, die ohnehin schon übersetzte Höhe der staatlichen Ausgaben zu rechtfertigen, besser verständlich
[16].
[3] NZZ, 569, 16.9.68; auf Wunsch Bundesrat Schaffners wurde über die bundesrätlichen Ausführungen nichts berichtet.
[4] NZZ, 584, 23.9.68 ; Bund, 223, 23.9.68.
[5] Schweizerische Arbeitgeber-Zeitung, 63/1968, S. 547 ff., 555 f.; Arbeitgeberpolitik in der Nachkriegszeit 1948 bis 1967, Zürich 1968.
[6] Schweizerische Arbeitgeber-Zeitung, 63/1968, S. 569 ff.; NZZ, 446, 23.7.68.
[8] Über den in Zürich stattfindenden Gewerbekongress vgl. NZZ, 285, 9.5.68; NZ, 213, 10.5.68; GdL, 110, 11./12.5.68.
[9] Ebenda. Der Trend zum Wettbewerbsdenken zeigt sich auch in der neuen Wettbewerbsordnung des Baumeisterverbandes, über die oben, S. 55, berichtet wurde.
[10] Vgl. oben, S. 59 ff., 66 ff. u. 95 ff.
[11] Vgl. oben, S. 120 ff.
[12] Bund, 124, 29.5.68 (Vorschlag der Berner Handelskammer); vgl. oben, S. 107 f.
[14] Schweizerische Arbeitgeber-Zeitung, 63/1968, S. 552.
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