Année politique Suisse 1968 : Wirtschaft / Landwirtschaft
 
Einkommenspolitik
Auf dem Gebiete der Einkommenspolitik wurde 1968 der Paritätslohnanspruch ein weiteres Mal kritisiert. Die « Grüne Kommission » hatte zwar 1966 in ihrem Bericht festgestellt, dass Brugg das landwirtschaftliche Einkommen richtig errechne [15]. Dagegen mussten drei vom Bundesrat eingesetzte Experten noch die Frage abklären, unter welchen Umständen eine Betriebsführung als rationell zu gelten habe [16]. Ihr Bericht kam zum Schluss, dass von 585 Buchhaltungsbetrieben der Talzone deren 70 als unrationell geführt und weitere 119 als Grenzbetriebe bezeichnet werden müssten [17]. Vom Schweizerischen Bauernsekretariat wurden aber grundsätzliche Einwände gegen die Methode dieser Arbeitsgruppe erhoben. Es sei ihr nicht gelungen, « Grundsätze und Richtlinien » aufzustellen, so dass man jeden Betrieb einzeln beurteilen und dabei ganz einfach an die Richtigkeit des Urteils der Experten glauben müsse [18]. Die «Beratende Kommission für die Durchführung des Landwirtschaftsgesetzes » diskutierte darüber hinaus auch das Prinzip des Paritätslohns an sich. Nach der Auffassung der Abteilung für Landwirtschaft des EVD sollten die in Art. 29 des Landwirtschaftsgesetzes formulierten Bedingungen zur Gewährung kostendeckender Preise besser respektiert werden. Zudem müsse eine grössere Flexibilität in der Preisgestaltung angestrebt werden. Die genannte Kommission wollte vor einer Stellungnahme noch den in Aussicht gestellten 4. Bericht über die Agrarpolitik des Bundes abwarten [19].
Konkrete Massnahmen zur Verbesserung von Struktur und Einkommen der Landwirtschaft betrafen besonders den Ausbau des Versuchswesens. In der Sommersession bewilligten die Eidg. Räte Objektkredite von total 9,6 Mio Fr. für die Versuchsanstalten in Zürich-Oerlikon, Wädenswil (ZH) und Lausanne. Der Landesring focht zwar einen Teil des Kredits, jenen für den Kauf des Gutes in Tänikon (TG), als unzweckmässig an, blieb aber mit seiner Opposition allein [20]. Eine neue Versuchsanstalt für viehwirtschaftliche Produktion in Grangeneuve (FR), für die bereits früher Liegenschaften gekauft worden waren, wird die zu klein gewordene Gutsverwaltung in Bern-Liebefeld ersetzen [21]. Durch Bundesratsbeschluss wurden ferner die Versuchsanstalten in Forschungsanstalten umbenannt, damit ihr Name dem Charakter ihrer Tätigkeit besser entspreche. Schliesslich wurden die Stipendien für Ingenieur-Agronom-Studenten verdoppelt und auch jene für Technikumsschüler verbessert [22].
Neue Massnahmen zur Förderung der Berglandwirtschaft wurden 1968 nicht ergriffen. An der Tagung der schweizerischen Vereinigung zur Wahrung der Gebirgsinteressen betonte zwar der Hauptreferent, Hans Flückiger, in gewissen Gebieten seien die Überalterung und die Auswanderung dermassen weit fortgeschritten, dass jede finanzielle Hilfe zu spät komme. Die ganze Gemeinde müsse jeweils umfassend unterstützt werden [23]. Prof. Allemann war aber an einer Sitzung der Parlamentarischen Gruppe zur Wahrung der Interessen der Bergbevölkerung nicht in der Lage, mehr als einen Zwischenbericht über den Stand des wirtschaftlichen Entwicklungskonzeptes für das Berggebiet im Sinne der Motion Brosi-Danioth zu geben. Konkrete Ergebnisse würden erst 1969 vorliegen [24]. Der Nationalrat überwies ein Postulat Zeller (k.-chr., SG), das private Körperschaften und Anstalten, welche durch Investitionen zur Erschliessung von Berggebieten beitragen, für solche Leistungen von Einkommenssteuern befreien möchte. Bundesrat Bonvin erhob allerdings den Einwand, eine generelle Befreiung von gewinnbringenden Unternehmungen sei nicht denkbar [25]. Der Ausschuss bernischer Hügellandgemeinden beantragte die Schaffung einer Übergangszone (zwischen Berg- und Talgebieten) im Rahmen des landwirtschaftlichen Produktionskatasters [26].
 
[15] Vgl. SPI, 1966, S. 64. Kritik am mit dem Paritätslohn verbundenen Automatismus machte auch Prof. E. Küng geltend. Vgl. Weltwoche, 1782, 5.1.68.
[16] Arbeitsgruppe zur Überprüfung der Betriebsführung in SBS-Betrieben.
[17] Tat, 173, 25.7.68.
[18] O. HOWALD, « Theorie und Praxis um den rationalen Betrieb », und P. FAESSLER, «Zur Frage der rationellen Betriebsführung» (Replik), beide in Agrarpolitische Revue, 24/1968, S. 278 ff. u. S. 430 ff. Vgl. auch NBZ, 177, 31.7.68 u. Vat., 203, 31.8.68.
[19] TdG, 198, 23.8.68; BN, 376, 7./8.9.68.
[20] Tat, 57, 8.3.68; 148, 26.6.68.
[21] BBI, 1968, II, S. 863 ff.; NZZ, 755, 5.12.68.
[22] NZZ, 213, 4.4.68; 731, 26.11.68.
[23] Ostschw., 95, 23.4.68.
[24] Vgl. SPJ, 1967, S. 68; NZZ, 386, 26.6.68.
[25] Ostschw., 56, 6.3.68.
[26] NZZ, 537, 1.9.68. Eine Eingabe wurde durch die Volkswirtschaftskammer an den Schweiz. Bauernverband geleitet.