Année politique Suisse 1968 : Wirtschaft / Landwirtschaft / Pflanzliche Produktion
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Zucker
Auf dem Gebiete der pflanzlichen Produktion stand das Zuckerproblem im Vordergrund. Anlässlich der Weltzuckerkonferenz im Rahmen der UNCTAD versuchten in Genf Delegationen aus 63 Ländern, eine Stabilisierung des Weltzuckermarktes herbeizuführen [27]. In der Schweiz galt es, den am 30. September 1969 ablaufenden Zuckerbeschluss von 1957 (1963 erneuert) abzulösen. Der Bundesrat veröffentlichte als « süsse Osterüberraschung » einen Bericht der Abteilung für Landwirtschaft über die neu zu schaffende Zuckerordnung. Eine Importabgabe von maximal Fr. 5 je 100 kg sollte mithelfen, die Defizite der beiden Zuckerfabriken Aarberg und Frauenfeld zu decken. Diese Belastung bezeichneten die Behörden als tragbar, da einerseits der schweizerische Produzent den zweithöchsten Rübenpreis Europas erhalte, anderseits der Konsument vom niedrigsten Zuckerpreis Europas profitiere [28]. Wegen der stark divergierenden Stellungnahmen im Vemehmlassungsverfahren musste Bundesrat Schaffner die Vertreter von über 40 Wirtschaftsorganisationen zu einem Meinungsaustausch nach Bern zusammenrufen [29]. Die Konsumenten- und Arbeitnehmerorganisationen forderten eine Beteiligung der Produzenten an den Verlusten und argumentierten, der Zucker sei bereits mit mehr als 100prozentigen Zollzuschlägen belastet, die bei den heutigen Importpreisen jährlich 50 Mio Fr. abwürfen. Da die Bundeshilfe bisher nur 20 Mio Fr. betragen habe, könne man einfach die Defizitgarantie erhöhen [30]. Die bäuerliche Seite hingegen sah beim Zucker eine Anbaureserve, da es hier noch keine Überschüsse gebe [31]. Das erinnerte die Gegenseite wiederum an ein altes Versprechen, dass die erhöhte Inlandproduktion die Zuckerpreise nicht erhöhen werde. Einen Kompromiss sah dann die Botschaft des Bundesrates vom November vor. Ihr zufolge würde die Rübenanbaufläche auf 10 000 ha erhöht. Jede zusätzliche, über 20 Mio Fr. hinausgehende Million Fr. Bundesleistung würde gekoppelt mit 1 Rp. Abgabe je kg Verbrauchszucker und einem Abzug von 8 Rp. je q Zuckerrüben zu Lasten der Produzenten [32].
 
[27] JdG, 100, 30.4.68 ; 296, 18.12.68 ; TdG, 248, 22.10.68. S. oben, S. 63.
[28] TdL, 103, 12.4.68; NZ, 173, 16.4.68; GdL, 87, 13./14.4.68.
[29] Bund, 202, 29.8.68; NZ, 402, 1.9.68. Die neue Abgabe wurde von der Mehrheit der Kantone, den landwirtschaftlichen Organisationen und bedingt vom Vorort bejaht, von der zuckerverarbeitenden Industrie und den Konsumenten- und Arbeitnehmerorganisationen abgelehnt.
[30] PS, 89, 19.4.68; 118, 25.5.68; Bund, 109, 10.5.68; Tat, 111, 13.5.68.
[31] NBZ, 108, 9.5.68.
[32] NBZ, 276, 25.11.68; BBl, 1968, II, S. 805 ff.