Année politique Suisse 1969 : Wirtschaft / Geld, Währung und Kredit
 
Banken
Für die Banken war 1969 wiederum ein ausgezeichnetes Geschäftsjahr. Das Wachstum, an dem die drei grössten Institute erneut den Hauptanteil hatten, hielt unvermindert an; sowohl Bilanzsummen wie Reingewinne erreichten neue Rekordhöhen [35]. Da die Grossbanken gezwungen waren, die eigenen Mittel nach den Bestimmungen des Bankengesetzes den erhöhten Verbindlichkeiten anzupassen, nahmen sie Kapitalerhöhungen in unterschiedlichem Ausmass vor [36].
Die Angriffe auf schweizerische Banken und insbesondere auf das Bankgeheimnis von seiten des Auslandes häuften sich. Die schwedische Bankinspektion regte einen diplomatischen Vorstoss an. Sie möchte den in ihrem Lande üblichen Einblick in die Geschäfte der Banken auch in den schwedisch beherrschten Banken in der Schweiz erwirken, nachdem in einem undurchsichtigen Fall unter Berufung auf das Bankgeheimnis von einer solchen Bank eine Auskunft verweigert worden war [37]. Von britischer Seite wurden Vorwürfe gegen Schweizer Banken erhoben, weil diese sich aktiv an Transaktionen beteiligt haben sollen, die in England als illegaler Kapitalexport gelten [38]. Die heftigsten Angriffe kamen von seiten der USA. Im amerikanischen Repräsentantenhaus wurde aufgrund eines Berichts des amerikanischen Justizministeriums eine Untersuchung über die Missbräuche begonnen, die von Amerikanern mit Hilfe von Schweizer Banken unternommen werden und die amerikanische Interessen schädigen und vor allem amerikanische Gesetze verletzen. Die « New York Times » veröffentlichte eine detaillierte Studie des Kapitalfluchtsystems, die eine grosse Wirkung auf die amerikanische Öffentlichkeit hatte. In einem Bericht des Pentagons wurde erklärt, dass die geheimen Bankkonti in der Schweiz das wichtigste Mittel darstellten, um ausländische Spione in den Vereinigten Staaten zu bezahlen. Verschiedentlich wurden auch Fälle gemeldet, bei denen die Mafia illegal erworbene Gelder über Mittelsmänner in die Schweiz hatte transferieren lassen [39]. Vor diesem Hintergrund begannen Gespräche zwischen den USA und der Schweiz über den Abschluss eines umfassenden Rechtshilfeabkommens. Dabei ging es den Amerikanern um Regelungen, die es den Strafverfolgungsbehörden gestatten würden, ohne Rücksicht auf das schweizerische Bankgeheimnis Einblick in die Bankkonten von Amerikanern zu erhalten, die im Verdacht von Verbrechen, Steuerhinterziehungen, Kreditbetrügereien und ungesetzlichen Börsenmanipulationen stehen [40]. Die Bankiervereinigung betonte, dass im Bankgeheimnis kein Hindernis für die Verbrechenbekämpfung zu erblicken sei. Die schweizerische Rechtshilfe müsse aber auch gegenüber den USA auf Vergehen gegen das gemeine Recht beschränkt bleiben [41]. Dabei zeigten sich grundsätzliche Unterschiede in der Rechtsauffassung zwischen den beiden Staaten. In den USA gelten Fiskaldelikte als Verstösse gegen das gemeine Recht und somit als Verbrechen, während sie in der Schweiz nur unter das Verwaltungsrecht fallen. Die Verhandlungen in dieser Frage konnten 1969 noch nicht zu Ende geführt werden [42].
Die Vorlage für einen Bundesbeschluss über die Bewilligungspflicht für ausländisch beherrschte Banken, die 1968 bereits im Ständerat angenommen worden war [43], wurde bei den Diskussionen im Nationalrat mit dem Bankgeheimnis in Zusammenhang gebracht. Es wurde geltend gemacht, diese Institution werde gefährdet, wenn viele ausländische Banken sich ihrer bedienen könnten. Mit diesem Beschluss diskriminiere man das Ausland nicht. Im Gegenteil, man könne damit dem Vorwurf des Auslandes entgegentreten, dass die mangelnden Kontrollmöglichkeiten der Etablierung zweifelhafter Elemente Vorschub leisteten. Das Vorgehen der Schweiz werde im Ausland begrüsst und führe nicht zu Retorsionsmassnahmen. Der Nationalrat beschloss, in Abweichung vom Ständerat, die rückwirkende Inkraftsetzung des Beschlusses auf 1. Januar 1969 fallen zu lassen, und unterstellte diesen dem Referendum. Nachdem er zuerst eine Meldepflicht für Banken mit einer ausländischen Beteiligung von mehr als 20 % hatte einführen wollen, folgte er in diesem Punkt schliesslich dem Ständerat, der die Grenze bei 50 % angesetzt hatte. Der Bundesbeschluss trat am 1. Juli 1969 in Kraft [44]. Die Opposition, die sich vor allem aus dem Landesring rekrutierte, hatte die neue Ordnung nicht zuletzt mit dem Argument abgelehnt, man hätte die neuen Bestimmungen ebensogut auch erst im zu revidierenden Bankengesetz unterbringen können [45]. Der Bundesrat betrachtete die Massnahmen aber als zu dringlich und wollte nicht so lange warten. Den Entwurf des EFZD zur Revision des Bankengesetzes liess er den interessierten Kreisen im Juni zur Vernehmlassung zukommen. In dieser Revision geht es um eine Erweiterung des Geltungsbereiches, um eine Erschwerung der Gründung neuer Banken, um eine Erhöhung des Konkursprivilegs für Spareinlagen und um eine Ausdehnung der Kompetenzen der Bankenkommission [46]. Der Entwurf wurde in seinen Grundzügen gut aufgenommen [47].
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U.K.
 
[35] Übersicht und Kommentar in Zürcher AZ, 40, 19.2.70. Vgl. Bankverein (NZ, 69, 11.2.70), Kreditanstalt (NZ, 86, 23.2.70), Bankgesellschaft (NZ, 93, 26.2.70), Volksbank (NZ, 48, 30.1.70); SPJ, 1968, S. 58.
[36] NZZ, 100, 14.2.69; TdG, 37, 13.2.69; NZZ, 548, 7.9.69; 556, 10.9.69; Bulletin der Schweizerischen Kreditanstalt, 75/1969, S. 3.
[37] NZZ, 434, 18.7.69.
[38] NZZ, 678, 16.11.69; GdL, 301, 26.12.69. Gemäss Berichten der brasilianischen Polizei sollen auch die Führer der dortigen Terroristen geheime Bankkonten in der Schweiz haben (GdL, 305, 31.12.69).
[39] Bund, 293, 15.12.69; Lb, 301, 27.12.69; TdG, 89, 17.4.69; NZZ, 249, 24.4.69; NZ, 72, 13.2.70; 104, 5.3.70, 109, 8.3.70.
[40] NZZ, 331, 16.4.69.
[41] Bund, 104, 6.5.69; NZZ, 579, 21.9.69; Schweizerische Bankiervereinigung, Jahresbericht, 57/1968-69, S. 89 f.
[42] Vgl. Antwort auf eine Kleine Anfrage von NR Ziegler (soz., GE) (TLM, 263, 20.9.69); Gesch. ber., 1969, S. 16; TdG, 120, 26.5.69; NZ, 205, 7.5.69; BN, 314, 31.7.69.
[43] Vgl. SPJ, 1968, S. 58 f.
[44] Sitzung der Kommission des NR (NZ, 26, 17.1.69; NZZ, 89, 11.2.69). Verhandlungen im NR am 4.3. und am 18.3. (Sten. Bull. NR, 1969, S. 1 ff. und S. 156 ff.); Verhandlungen im StR am 13.3. und am 19.3. (Sten. Bull. StR, 1969, S. 48 ff. und S. 58 f.); Schlussabstimmungen: im NR mit 137 zu 19 Stimmen (Sten. Bull. NR, 1969, S. 220) im StR mit 19: 1 Stimmen (Sten. Bull. StR, 1969, S. 90). VgI. BB1, 1969, I, S. 614 ff.; AS, 1969, S. 442 ff.
[45] NR Biel (LdU, ZH) hatte einen Nichteintretensantrag gestellt, der mit 109: 24 Stimmen abgelehnt wurde.
[46] NZZ, 362, 17.6.69; Bund, 138, 17.6.69; Schweizerische Bankiervereinigung, Jahresbericht, 57/1968-69, S. 68 ff.
[47] Vgl. z. B. Stellungnahmen der BGB (NZZ, 578, 19.9.69), der Konservativ-Christlichsozialen Volkspartei (Ostschw., 248, 25.10.69), der Vereinigung schweiz. Angestelltenverbände (NZZ, 500, 17.8.69); ferner Gesch. ber., 1969, S. 142.