Année politique Suisse 1970 : Grundlagen der Staatsordnung / Institutionen und Volksrechte
Verwaltung
In den Diskussionen um die Verwaltung ging es hauptsächlich um die Steigerung der Leistungsfähigkeit und um die Verstärkung der Kontrolle. Es wurde auf die Notwendigkeit besserer Koordination zwischen den Departementen hingewiesen und der Aufbau eines Systems beratender Stäbe nach dem Beispiel der Organisation für die Gesamtverteidigung gefordert
[12]. Rücktritte von drei Wirtschaftsfachleuten — H. Letsch als erst 1968 eingesetzter Generalsekretär des EVD, Prof. H. Allemann als Delegierter für Konjunkturfragen und Prof. H. R. Meyer als Delegierter für Wirtschaftsfragen im EVED — liessen anderseits erkennen, wie schwierig sich oft das Zusammenwirken von Stabsstellen und eigentlichen Verwaltungszweigen gestaltet
[13]. Ein parlamentarischer Vorstoss plädierte sodann für die Übertragung bestimmter Aufgaben an privatwirtschaftliche Kräfte
[14]. Umgekehrt legte die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats den Finger auf die Gefahr einer Verflechtung zwischen Bundesdienst und privatwirtschaftlichem Interesse, die sich aus der Übernahme von Verwaltungsratssitzen durch hohe Bundesbeamte ergeben kann
[15]. Als zusätzliches Kontrollorgan erregte die Institution des Ombudsman vermehrtes Interesse. Die Stadt Zürich leistete Pionierdienste, indem sie in ihrer neuen Gemeindeordnung das Amt eines vom Gemeindeparlament zu wählenden « Beauftragten in Beschwerdesachen» vorsah, der im Fall von Beschwerden zur Akteneinsicht befugt ist und zuhanden des Beschwerdeführers wie der Verwaltung Stellung nehmen soll
[16]. Auf Bundesebene griff der Gewerbepolitiker Fischer (rad., BE) das vom Nationalrat 1966 abgelehnte Begehren wieder auf und plädierte für die Schaffung einer neuen « Gewalt », die den wachsenden Einfluss des Staatsapparats einzudämmen hätte
[17].
[12] NR Schürmann (k.-chr., SO) in TAW, 18, 5.5.70. Vgl. auch das vom NR am 9.12.69 überwiesene Postulat Schürmann für einen Ausbau der Organe für Konjunkturpolitik (Sten. Bull. NR, 1969, S. 954 f.).
[13] Rücktritt von H. Letsch auf 1.5. (BN, 11, 9.1.70, Lb, 9, 13.1.70; 82, 11.4.70; Weltwoche, 3, 16.1.70; NZZ, sda, 164, 10.4.70), von H. Allemann auf Mitte 1972 (NZ, 566, 8.12.70), von H. R. Meyer auf 1.2.71 (Bund, 20, 26.1.71). Vgl. auch unten, S. 66 u. 104.
[14] Postulat Schalcher (dem.-ev., ZH), vom NR überwiesen am 6.10. (NZZ, 465, 7.10.70).
[15] NZZ, 249, 2.6.70; TdG, 126, 2.6.70; BN, 221, 2.6.70.
[16] Lb, 40, 19.2.70; NZZ, 186, 23.4.70; 192, 27.4.70; NZN, 109, 13.5.70; Tat, 250, 24.10.70.
[17] NZZ, 584, 15.12.70; vgl. auch Bund, 159, 12.7.70; ferner SPJ, 1966, S. 12, Anm. 31. NR Fischer bezog sich insbesondere auf die Überspielung des Parlaments beim Kauf eines Bürohochhauses in Bern (vgl. SPJ, 1969, S. 24).
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