Année politique Suisse 1970 : Wirtschaft / Geld, Währung und Kredit
 
Banken
Trotz der Kreditbegrenzung im Inland hielt das Wachstum der Banken weiterhin unvermindert an. Bei den grössten Instituten erreichten die Bilanzsummen und auch deren Zuwachs wiederum neue Rekordhöhen, was freilich teilweise auf die neu eingeführte Bilanzierung der Treuhandkonti zurückgeführt wurde [24]. Die unaufhaltsame Entwicklung der Grossbanken verursachte aber auch ein leises Unbehagen, weil die Aufblähung zu einer Grossmachtpolitik verleiten könnte [25]. Die Wachstumsbegeisterung wurde zudem noch etwas gedämpft durch Skandale und Zusammenbrüche bei kleineren, allzu dynamischen Instituten [26]. Über das einstige Paradepferd der in die Krise geratenen Anlagefondsgruppe IOS, den « Fund of Funds », musste die Bankenkommission ein Werbeverbot verhängen. Eine Sonderverordnung über ausländische Anlagefonds war in Vorbereitung [27].
Auch die Revision des Bankengesetzes diente nicht zuletzt dem besseren Schutz der Bankgläubiger und Sparer. In seiner Botschaft vom Mai schlug der Bundesrat im wesentlichen folgende Neuerungen vor: eine Erweiterung des Geltungsbereichs auf industrielle, kommerzielle und andere Finanzgesellschaften, die sich öffentlich zur Annahme fremder Gelder empfehlen, eine Erschwerung der Bankengründungen mit Sonderbestimmungen für ausländisch beherrschte Banken, eine Erhöhung des Konkursprivilegs für Spareinlagen sowie eine bessere Information und ein wirksameres Instrumentarium für die Bankenkommission, deren Kompetenzen klarer umschrieben werden sollten [28]. Die meisten der vorgeschlagenen Neuerungen blieben unbestritten. Anlass zu Diskussionen gaben hauptsächlich die Sonderbestimmungen für ausländische Banken. Die Stimmen, die immer noch von einer Diskriminierung dieser Banken sprachen, obschon der Bundesrat von den fünf Erfordernissen, die im Bundesbeschluss über die Bewilligungspflicht ausländisch beherrschter Banken aus dem Jahre 1969 festgehalten waren, nur noch drei übernahm [29], wurden zwar im Parlament nicht mehr laut. Es gab dort indessen andere Differenzen zu bereinigen. Der Ständerat wollte die Geschäftsbewilligung von der Verwendung einer Firmenbezeichnung abhängig machen, die eindeutig auf den ausländischen Charakter der Bank hinweise. Der Nationalrat hielt aber mit Erfolg an der milderen bundesrätlichen Formulierung fest, die von der Firma lediglich verlangte, dass sie nicht auf einen schweizerischen Charakter schliessen lasse. Im weiteren ergab sich, ähnlich wie beim Münzgesetz, ein Kompetenzstreit. Der Nationalrat wollte die Befugnis zur Prüfung der Frage, ob das Ausland bei der Bewilligung von Bankgründungen Gegenrecht halte, dem Bundesrat übertragen. Hier setzte sich aber der Ständerat durch mit seiner Ansicht, die Bankenkommission sei zur Bewältigung dieser Aufgabe besser geeignet, weil sie keinem politischen Druck ausgesetzt sei. Alle übrigen Bestimmungen des Gesetzes wurden mit nur geringfügigen Änderungen in der Fassung des Bundesrates angenommen [30].
Dieser Annahme war aber noch eine lebhafte Auseinandersetzung um das Bankgeheimnis vorausgegangen. Nationalrat Ziegler (soz., GE), der sich in seiner Argumentation auf die interkonfessionelle Konferenz « Schweiz-Dritte Welt » stützte, kritisierte die Möglichkeit der Entwicklungsländer, Fluchtgelder aus Entwicklungshilfe in schweizerischen Banken verschwinden zu lassen. Sein Antrag, der von Schwarzenbach (wild, ZH) aus überfremdungspolitischen Gründen unterstützt wurde, zielte darauf ab, den Artikel 47 des Bankengesetzes, welcher die Verletzung des Bankgeheimnisses unter Strafe stellt, zu streichen. Er unterlag mit 84 zu 27 Stimmen. Die Mehrheit des Rates folgte den Kommissionsreferenten, die das Bankgeheimnis als Individualrecht zum Schutze des Bürgers verteidigten. Bundesrat Celio wies zudem darauf hin, dass mit einer Streichung des Artikels 47 das Bankgeheimnis nicht tangiert werde, da sich dieses aus dem Zivilrecht ableite [31]. Nationalrat Hubacher (soz., BS) wandte sich in einem Postulat nicht gegen das Bankgeheimnis an sich, sondern gegen dessen Missbräuche durch Gangster, Schieber und Potentaten aller Art. Er berief sich auf die nicht abreissenden ausländischen Angriffe auf diese Institution [32]. So nahmen die amerikanischen Behörden die Untersuchungen über die Verwendung von geheimen Konten in schweizerischen Banken wieder auf [33]. In den USA wurde zudemtine Gesetzesvorlage gebilligt, die Steuerhinterziehungen unter dem Schutz ausländischer Bankgeheimnisse verhindern will [34].
Auch in England, Frankreich und Deutschland wurden Vorwürfe gegen die schweizerischen Banken erhoben [35]. Diese hingegen wandten sich mit harten Worten gegen jenen Teil der ausländischen Presse, der einer sensationshungrigen Leserschaft das Bild einer geheimnisvollen, im Dienste von Verbrechern und Betrügern stehenden Bankenwelt entwerfe. Es würden keine geheimen Konti eröffnet, wenn ersichtlich sei, dass es sich um unseriöse Kunden handle. Die Diffamierungen erfolgten nur aus Konkurrenzneid. Der wahre Grund für die Anziehungskraft der Schweiz als Finanzplatz liege in der Stabilität unserer Wirtschaft [36]. Trotz dieser gegensätzlichen Auffassungen gelang es, in zähen informellen Gesprächen über ein Rechtshilfeabkommen mit den USA einen gemeinsamen Entwurf auszuarbeiten. Dieser sah vor, dass das schweizerische Bankgeheimnis auch in Zukunft bei Fiskaldelikten grundsätzlich nicht gelüftet werden soll. Die Ausnahme dürften nur jene Steuerverfahren bilden, die dazu dienen, dem organisierten Verbrechen in Amerika einen entscheidenden Schlag zu versetzen. Die eigentlichen Verhandlungen über diesen Entwurf fanden noch nicht statt [37]. Das Bundesgericht schuf insofern einen Präzedenzfall, als es gegenüber zwei amerikanischen Betrügern die Aufhebung des Bankgeheimnisses ausdrücklich billigte [38].
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U.K
 
[24] NZ, 48, 31.1.71; 85, 22.2.71; 93, 26.2.71; 113, 11.3.71; 116, 12.3.71; NZZ, 109, 7.3.71.
[25] Votum von NR Max Weber (soz, BE) und Antwort von BR Celio bei der Revision des Bankgesetzes in Sten. Bull. NR, 1970, S. 747 f. und 752.
[26] United California Bank in Basel (NZ, 446, 29.9.70), Bank Brunner in Luzern (NZ, 602, 31.12.70).
[27] NZZ, 315, 10.7.70; 472, 11.10.70; NZZ (sda), 458, 2.10.70.
[28] BBI, 1970, I, S. 1144 ff.; NZZ, 248, 2.6.70; Bund, 125, 2.6.70; NZ, 448, 30.9.70.
[29] Ostschw., 125, 2.6.70; NZ, 246, 3.6.70; 250, 5.6.70; BN, 229, 6./7.9.70.
[30] Sten. Bull. NR, 1970, S. 741 ff., 761 ff.; Sten. Bull. StR, 1970, S. 296 ff., 465; NZ, 99, 2.3.71; für weitere Stellungnahmen vgl. Ostschw., 218, 18.9.70; NZZ, 592, 20.12.70.
[31] Sten. Bull. NR, 1970, S. 741 ff., 761 ff.; vgl. zu diesem Problem auch das überwiesene Postulat Ziegler (soz., GE) betr. Entwicklungsgelder auf schweizerischen Banken in Verhandl. B.vers., 1970, III, S. 39 f.; vgl. auch oben, S. 45.
[32] NZZ, 288, 25.6.70; NZ, 283, 25.6.70; AZ, 160, 15.7.70; Weltwoche, 28, 10.7.70.
[33] GdL, 32, 9.2.70; 33, 10.2.70; JdG, 51, 3.3.70.
[34] NZ, 128, 19.3.70; AZ, 122, 1.6.70; 132, 12.6.70; Ostschw., 241, 15.10.70.
[35] NZ, 118, 13.3.70; JdG, 128, 5.6.70.
[36] NZN, 55, 7.3.70; NZ, 109, 8.3.70; NZZ, 129, 18.3.70; vgl. auch MAX IKLE, Die Schweiz als Finanzplatz, Zürich 1970; Äusserungen am Schweizerischen Bankiertag 1970 in BN, 405, 28.9.70; TdG, 90, 18./19.4.70; 192, 18.8.70; Vat., 189, 18.8.70; 191, 20.8.70; Bund, 191, 18.8.70; VO, 190, 21.8.70; Ostschw., 195, 22.8.70.
[37] NZZ, 389, 23.8.70; Stellungnahme der Bankiervereinigung in NZZ, 437, 20.9.70.
[38] GdL, 49, 28.2.70; NZ, 104, 5.3.70.