Année politique Suisse 1970 : Allgemeine Chronik / Öffentliche Finanzen
 
Budget für 1971
Die zweite Konsequenz von Bundesrat Celio betraf das Budget für 1971. Das ursprünglich vom Bundesrat vorgesehene Defizit der Finanzrechnung von 57 Mio Fr. hatte sich wegen späterer, von Parlament und Bundesrat gefasster Beschlüsse auf 126 Mio Fr. erhöht [30]. Bei Annahme der Finanzordnung hätte es wieder auf 18 Mio Fr. reduziert werden können. Da dies nun aber nicht der Fall war, beantragte der Bundesrat aus konjunkturpolitischen Gründen die Kürzung verschiedener Budgetpositionen um insgesamt rund 100 Mio Fr. Diese Kürzungsanträge stiessen bereits in der Finanzkommission des Nationalrates auf Widerstand. Dort fragte man sich, weshalb Abstriche nun plötzlich möglich seien, nachdem frühere Anfragen nach Ausgabenkürzungen immer kategorisch negativ beantwortet worden waren [31]. In den Räten war man sich zwar weitgehend einig, dass man etwas zur Konjunkturdämpfung beitragen sollte. Nur betrachtete man die Objekte, bei denen Kürzungen vorgenommen werden sollten, als ungeeignet. Nationalrat Schürmann (k.-chr., SO) sprach gar von einer Strafexpedition gegen jene, die die Finanzvorlage abgelehnt hatten; insbesondere bei den Posten, welche die Landwirtschaft betrafen, wolle man jetzt die ländlichen Regionen bestrafen. Auch die Kürzung der Nationalstrassenkredite um 50 Mio Fr. wurde von beiden Räten abgelehnt [32]. Einen bedeutenderen Abstrich (von 25 Mio Fr.) beschlossen die Räte einzig beim Militärbudget; weitergehende Anträge des Landesrings und der Sozialdemokraten, die hier bis zu 100 Mio Fr. hätten einsparen wollen, wurden indessen im Nationalrat jeweils mit etwa 100 zu 50 Stimmen abgelehnt [33]. Insgesamt wurden bloss Kürzungen im Umfang von 35 Mio Fr. vorgenommen, so dass das für 1971 veranschlagte Defizit der Finanzrechnung letztlich rund 92 Mio Fr. betrug. Dieses Ergebnis einer grossen Diskussion wurde als blamabel bezeichnet; dies um so mehr, als es sich bei allen Kürzungsvorschlägen um Beträge handle, die zu bescheiden seien, um mehr als eine psychologische Wirkung auf Konjunktur und Teuerung auszuüben [34].
 
[30] Vgl. oben, S. 82 f., Anm. 160.
[31] NZZ (sda), 526, 11.11.70; NZZ, 544, 22.11.70; 563, 3.12.70; NZ, 535, 19.11.70.
[32] Vgl. unten, S. 107.
[33] Vgl. oben, S. 52.
[34] BBI, 1970, II, S. 1636 f.; Parlamentsberichte in NZZ, 563, 3.12.70; 564, 3.12.70; 565, 4.12.70; 572, 8.12.70; 573, 9.12.70; 575, 10.12.70; Kommentare in NZ, 540, 23.11.70; 558, 3.12.70; 563, 6.12.70; 567, 8.12.70; 587, 20.12.70; NZN, 272, 20.11.70; NBZ, 281, 2.12.70; TLM, 337, 3.12.70; Tat, 287, 7.12.70; Bund, 288, 9.12.70; AZ, 285, 8.12.70; PS, 284, 10.12.70; Vat., 287, 11.12.70; Lb, 291, 14.12.70.