Année politique Suisse 1970 : Bildung, Kultur und Medien / Medien
Öffentliche Informationspolitik
Mehrere Ereignisse des abgelaufenen Jahres boten Anlass zum Überdenken der Informationspolitik. Im Anschluss an die Abstimmung über die Überfremdungsinitiative meinte Pierre Béguin, unser Land setze sich grossen Gefahren des inneren Auseinanderlebens aus, wenn die Information und der Kontakt zwischen den sozialen Gruppen nicht neu überdacht würden
[11]. Im Zusammenhang mit den Flugzeugentführungen wurde festgestellt, dass die Information aus dem Bundeshaus in Krisensituationen ungenügend sei. Von verschiedener Seite ertönte der Ruf nach einem Informationszentrum und nach Einsetzung eines Sprechers des Bundesrates
[12]. Der Wunsch nach regelmässigen Sendezeiten für den Bundesrat am Fernsehen verstärkte sich, als bekannt wurde, dass Bundesrat Celio vor der Abstimmung über die Bundesfinanzreform keine Gelegenheit zur Verteidigung seiner Vorlage geboten worden war
[13]. Dem weiteren Ausbau der sachlichen Information dienten die vom Bundesrat erlassenen internen Richtlinien über das Vorverfahren der Gesetzgebung. Bei Einleitung eines Vernehmlassungsverfahrens soll in der Regel auch die Presse die einschlägige Dokumentation erhalten; ausserdem haben die Ergebnisse des Verfahrens normalerweise nicht mehr vertraulichen Charakter
[14].
Mit dem Erscheinen des Bonjour-Berichts als Band 4-6 von Edgar Bonjours « Geschichte der schweizerischen Neutralität » in der ersten Jahreshälfte und einer von Pro Helvetia betreuten französischen Fassung im Winter 1970/71 war eine wissenschaftliche Information über die jüngste Vergangenheit gegeben, die eine breite Diskussion in der Öffentlichkeit auslöste
[15]. In der deutschen Schweiz wurde die Publikation im ganzen lobend zur Kenntnis genommen. In der welschen Schweiz erregte jedoch die Trübung des Bildes von General Guisan die Gemüter, und auch die Haltung von Bundesrat Pilet wurde nuancierter gewürdigt
[16].
[11] Vgl. GdL, 133, 1.6.70; NZZ, 314, 10.7.70.
[12] Vgl. Lb, 250, 27.10.70; NZZ, 448, 27.9.70; 471, 10.10.70; TAW, 37, 15.9.70; Weltwoche, 51, 18.12.70.
[13] Vgl. BN, 485, 17.11.70; NZZ, 537, 18.11.70; Bund, 270, 18.11.70; NZN, 271, 20.11.70; Lb, 274, 24.11.70; JdG, 272, 21./22.11.70.
[14] Vgl. BBI,.1970, I, S. 993 ff.; ferner oben, S. 23 f.
[15] EDGAR BONJOUR, Geschichte der schweizerischen Neutralität, vier Jahrhunderte eidgenössischer Aussenpolitik, Band 4-6: 1939-1945, Basel-Stuttgart 1970. Zur Kritik vgl. PETER GILG, « Diskussion um den Bonjour-Bericht », in Reformatio, 20/1971, H. 1, S. 35 ff.
[16] Vgl. GdL, 35, 12.2.70; 52, 4.3.70; 49, 28.2./1.3.70; NZZ, 84, 20.2.70; 109, 6.3.70; Bund, 67, 22.3.70; JdG, 43, 21./22.2.70; 47, 26.2.70; 48, 27.2.70.
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