Année politique Suisse 1971 : Infrastruktur und Lebensraum / Energie / Erdöl und Erdgas
Die unverminderte Abhängigkeit der schweizerischen Energieversorgung von eingeführtem Erdöl veranlasste den Bundesrat, die Subventionierung der einheimischen Erdöl- und Erdgassuche in Betracht zu ziehen. Er ermächtigte das EVED zu einem Vernehmlassungsverfahren über die Frage, ob der Swisspetrol Holding, die für kostspielige Forschungen und Bohrungen am Alpenrand um einen Beitrag von 30 Mio Fr. ersucht hatte, ein bedingt rückzahlbares Darlehen zu gewähren sei
[21]. Namentlich von seiten der Wirtschaftsverbände erfolgten einige negative Reaktionen. Die Swisspetrol wurde deshalb aufgefordert, vorerst die Bereitschaft der Erdölgesellschaften zu einer finanziellen Beteiligung abzuklären
[22]. Sie vereinbarte darauf mit der schweizerischen Tochtergesellschaft der Shell ein Schürfprogramm für das Juragebiet
[23].
Die
Raffinerie von Cressier (NE) erhielt nach fast fünfjähriger Probezeit endlich grünes Licht: die 1965 eingesetzte Eidgenössische Oberaufsichtskommission gab ihr Einverständnis zur definitiven Betriebsbewilligung durch die neuenburgische Regierung
[24]. Im Kanton St. Gallen, wo ein früheres Raffinerieprojekt gescheitert war, eröffnete sich nun doch die Aussicht auf eine unmittelbare Nutzung der Rohrleitung Genua-Ingolstadt, in der seit 1966 öl durch das ostschweizerische Rheintal fliesst. Die 1964 gegründete Rheintal-Raffineriegesellschaft, deren Aktienmehrheit 1970 von einer Tochtergesellschaft des staatlichen italienischen Erdölkonzerns ENI übernommen worden war, ersuchte um die Bewilligung für den Bau einer Reinigungs- und Umschlagsanlage für Heizöl. Die sanktgallische Regierung, die sich von der Anlage eine Verbilligung des in der Ostschweiz besonders teuren Heizöls und auf weitere Sicht anscheinend auch noch die Errichtung einer Raffinerie versprach, zeigte sich der Initiative gewogen. Diese stiess jedoch auf Widerstand, namentlich bei Ölimporteuren, die eine Monopolstellung des bereits an der Rohrleitung massgeblich beteiligten ENI-Konzerns befürchteten; es kam zu Einsprachen gegen eine Konzessionierung der erforderlichen Anschlussleitung beim Bund und zu Angriffen auf die Regierung im Grossen Rat und in einer Inseratenkampagne
[25]. Der Misserfolg des freisinnigen Baudirektors Frick bei den Ständeratswahlen wurde mit dessen Erdölpolitik in Zusammenhang gebracht
[26].
[21] NZZ (sda), 319, 13.7.71; TA, 160, 13.7.71. Vgl. SPJ, 1970, S. 102.
[22] Vgl. Gesch.ber., 1971, S. 249; NZZ, 352, 1.8.71. Der SGB lehnte eine Subvention ab und beantragte eine Beteiligung des Bundes am Aktienkapital (NZZ, sda, 398, 27.8.71).
[23] GdL (sda), 290, 13.12.71.
[24] Bund, 29, 5.2.71; NZZ, 99, 1.3.71. Vgl. SPJ, 1966, S. 76.
[25] NZ, 89 u. 90, 24.2.71; NZZ, 135, 22.3.71; NZZ (sda), 301, 2.7.71; BN. 425, 9.10.71; Ww, 43, 29.10.71. Vgl. auch SPJ, 1966, S. 76; 1967, S. 80.
[26] Ostschw., 255, 1.11.71; vgl. oben, S. 31 u. 39.
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