Année politique Suisse 1971 : Infrastruktur und Lebensraum / Erhaltung der Umwelt
Umweltschutzpolitik
Der Umweltschutz rückte im Jahre 1971 noch stärker in den Vordergrund des politischen Geschehens
[1]. Verschiedene Organisationen traten mit Aufrufen an die Öffentlichkeit. Der Schweizer Zweig des World Wildlife Fund stellte ein 44-Punkte-Programm zum Umweltschutz auf, dem freilich vorgeworfen wurde, es sei nicht genügend sorgfältig überdacht
[2]. Die von der Verpackungsindustrie und vom Detailhandel geförderte « Aktion saubere Schweiz » wollte vor allem die Gedankenlosigkeit beim Wegwerfen von Unrat bekämpfen
[3]. Die aus dem Eidg. Aktionskomitee gegen den Überschallknall hervorgegangene neu gegründete Schweizerische Gesellschaft für Umweltschutz rief die Bevölkerung auf, Informationen über Umweltverschmutzungen zu liefern
[4]. Am bedeutungsvollsten war indessen die Annahme eines neuen Verfassungsartikels 24septies. Dieser Artikel, der den Bund ermächtigt, Vorschriften über den Schutz des Menschen und seiner natürlichen Umwelt gegen schädliche oder lästige Einwirkungen zu erlassen und insbesondere die Luftverunreinigung und den Lärm zu bekämpfen, stiess auf keinen organisierten Widerstand. Er wurde in der Volksabstimmung vom 6. Juni von fast 93 % der Stimmenden und von allen Ständen angenommen
[5]. Angesichts dieses eindeutigen Resultats überwiesen die Räte einstimmig eine Motion von Nationalrat Binder (cvp, AG), mit welcher der Bundesrat zu unverzüglichem Handeln aufgefordert und beauftragt wurde, ein Massnahmen-, Gesetzgebungs-, Finanzierungs- und Prioritätenprogramm für einen umfassenden Umweltschutz vorzulegen
[6]. Einen ersten Schritt unternahm der Bundesrat, als er beschloss, beim EDI ein Amt für Umweltschutz zu schaffen. Als dessen Direktor wurde F.Baldinger gewählt. Dieser hatte das Amt für Gewässerschutz, das zu einer Unterabteilung des neuen umfassenden Amtes wurde, geleitet
[7].
[2] NZZ, 73, 14.2.71; 131, 19.3.71.
[3] Schweiz. Handelszeitung, 7, 18.2.71; SJ, 37, 11./12.9.71.
[4] Lb, 130, 9.6.71; NZZ, 263, 10.6.71; NZZ (sda), 298, 30.6.71.
[5] 1 222 493 Ja, 96 380 Nein. Stimmbeteiligung 37 %. NZZ, 257, 7.6.71; 258, 7.6.71; vgl. SPJ, 1970, S. 124.
[6] Vgl. SPJ, 1970, S. 125; Sten. Bull. NR, 1971, S. 986 ff. (gleichzeitig wurde auch eine Interpellation Bratschi, sp, BE, beantwortet); Sten. Bull. StR, 1971, S. 752 ff.
[7] NZZ (sda), 112, 9.3.71; 241, 27.5.71; 253, 4.6.71 (Antwort auf Kleine Anfrage von NR Bächtold, ldu, BE); 292, 27.6.71; NZZ, 249, 2.6.71.
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