Année politique Suisse 1973 : Wirtschaft / Allgemeine Wirtschaftspolitik / Strukturpolitik
Im Bereiche der Strukturpolitik stand auch 1973 die Förderung ökonomisch zurückgebliebener Regionen, namentlich der
Berggebiete, im Vordergrund. Eine zunehmende Konkretisierung erfuhren die Bestrebungen zugunsten entwicklungsbedürftiger Gebiete zunächst durch die Veröffentlichung weiterer Grundlagenberichte. In Ergänzung der landesplanerischen Leitbilder von 1972, die der besonderen Problematik der Randregionen wenig Rechnung trugen, legte das Institut für Orts-, Regional- und Landesplanung eine Studie mit sozio-ökonomischen Leitbildern für das Berggebiet vor
[9]. Eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe unter dem Vorsitz des allzu früh verstorbenen Prof. P. Stocker präsentierte ihrerseits einen Bericht mit Leitlinien für die Berggebietsförderung
[10]. Neben diesen verheissungsvollen Ansätzen zeigten sich aber auch gewisse negative Aspekte, welche die inländische Entwicklungshilfe vorübergehend beeinträchtigten. So brachten die im Rahmen der Konjunkturdämpfungsmassnahmen erlassenen Kreditrestriktionen die wirtschaftlich benachteiligten Gebiete in eine schwierige Lage, stellten sie doch vielfach die Finanzierung von dringend notwendigen Infrastrukturvorhaben in Frage
[11]. Die hauptsächlich betroffenen Kantone protestierten in der Folge gegen die für sie zu rigorosen Massnahmen und verlangten entsprechende Ausnahmeregelungen
[12]. In einem Postulat forderte ausserdem der Berner Freiburghaus (svp) die Regierung auf, bei der Anwendung der dringlichen Bundesbeschlüsse zur Bekämpfung der Teuerung vermehrt die besondere Situation der Randregionen zu berücksichtigen. Der Bundesrat ordnete in der Folge die Freigabe von Kreditsonderquoten zur Sicherstellung des preisgünstigen Wohnungsbaus sowie unaufschiebbarer Bauten der Infrastruktur an und setzte diese gezielt zur Verhinderung struktureller Beschäftigungseinbrüche in den wirtschaftlich benachteiligten Gebieten ein
[13].
Im Juni konnte der Bundesrat den schon lange erwarteten Entwurf zu einem
Bundesgesetz über Investitionshilfe für Berggebiete vorlegen. Das Gesetz ist als wesentliches Instrument der vom Bund erstmals anvisierten Regionalstrukturpolitik konzipiert. Durch Verbesserung der Existenrbedingungen soll der regionale Wohlstand gehoben und die Abwanderung der Bevölkerung gebremst werden. Die bundesrätliche Botschaft sah vor, die von. der vorgängigen Erarbeitung regionaler Entwicklungskonzepte abhängige Investitionshilfe in der Form periodisch von der Bundesversammlung zu bewilligender Rahmenkredite auszurichten. In diesem Sinne ersuchte der Bundesrat das Parlament gleich um die Gewährung eines ersten Rahmenkredites von 400 Mio Fr. mit einer Laufzeit von fünf Jahren
[14]. Die kurz zuvor gegründete Vereinigung zum Schutz und zur Förderung des Berggebietes begrüsste in der Folge den Gesetzesentwurf, bezeichnete aber den vorgesehenen finanziellen Einsatz als ungenügend
[15]. Der Ständerat, der sich als Prioritätsrat mit der Vorlage zu befassen . hatte, stimmte dem Gesetz und dem Rahmenkredit gemäss den Anträgen der Exekutive zu
[16].
[9] Vgl. SPJ, 1972, S. 101. Fritz Nigg, Sozioökonomische Leitbilder für das Berggebiet, Zürich 1972 (Studienunterlagen zur Orts-, Regional- und Landesplanung, 13).
[10] Vgl. SPJ, 1971, S. 67. Leitlinien für die Berggebietsförderung, Provisorischer Bericht der Arbeitsgruppe Stocker, Bem 1973 ; (Arbeitsgruppe Stocker), Grundlagen zu den Leitlinien für die Berggebietsförderung, Bern 1972. Vgl. ferner Fritz Ebner, „Die gesamtwirtschaftliche Förderung von Berggebieten“, in Wirtschaftspolitische Mitteilungen, 29/1973, Heft 1. Am 28.8. kam Prof. P. Stocker bei einem Unfall ums Leben (TA, 200, 30.8.73).
[11] NBZ, 76, 7.3.73 ; 132, 26.4.73 ; 134, 27.4.73 ; 161, 19.5.73 ; Ldb, 85, 12.4.73 ; 116, 22.5.73 ; Mitteilungsblatt des Delegierten für Konjunktur/ragen, 29/1973, Heft 2, S. 1 f.
[12] Es handelte sich dabei um die Kantone Graubünden (NZZ, sda, 84, 20.2.73), Obwalden (TA, 44, 22.2.73), Schwyz (Vat., 46, 24.2.73), Uri (Vat., 46, 24.2.73) und Freiburg (La Gruyère, 23, 24.2.73). Vgl. ferner BN,.126, 1.6.73.
[13] Amtl. Bull. NR, 1973, S. 1768 ff.
[14] BBl, 1973, I, Nr. 25, S. 1589 ff. Vgl. auch SPJ, 1972, S. 59 ; NZZ, 279, 20.6.73.
[15] NZZ (sda), 38, 24.1.73 ; NZZ, 45,, 29.1.73 ; 424, 13.9.73. Die Vereinigung trat für eine jährliche Kreditsumme von 200 Mio Fr. ein und verlangte die Schaffung eines Fonds de,,roulement“. Vgl. auch unten, S. 75.
[16] Amtl. Bull. StR, 1973, S. 658 ff. Gleichzeitig wurden die Motionen Brosi (svp, GR) und Danioth (cvp, UR) als erfüllt abgeschrieben. Vgl. dazu SPJ, 1967, S. 68.
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