Année politique Suisse 1973 : Infrastruktur und Lebensraum / Boden- und Wohnwirtschaft
Bodenrecht
Trotz den vielseitigen Bemühungen um die Raumplanung erhielt die Diskussion über die Schaffung eines neuen Bodenrechts starken Auftrieb. Dies vor allem wegen des am Parteitag der SPS gefassten Beschlusses, Schritte für eine neue
Bodenrechtsinitiative einzuleiten. Als Zielsetzungen der zweiten sozialdemokratischen Verfassungsinitiative über das Bodenrecht wurden die Zuweisung der Verfügung über die Bodennutzung an die öffentlichen Gemeinwesen und die Verhinderung von ungerechten Spekulationsgewinnen vorgesehen
[20]. Auch im Schosse der FDP stand die Bodenrechtsreform zur Diskussion. So trat eine freisinnige Projektgruppe mit dem Entwurf für ein neues Bodenrecht an die Öffentlichkeit. Darin wurde neben einer Verfassungsbereinigung ein Bundesgesetz über Abgaben aus Grundeigentum und dessen Erträgen vorgeschlagen. Bei der Bemessung dieser Abgaben sei auf einmalig geschätzte, indexgebundene Verkehrswerte abzustellen, womit eine Eindämmung der inflatorischen Wirkung der Bodenpreise und Grundstücksgewinne erreicht würde
[21].
Dem nach wie vor anhaltenden „Ausverkauf der Heimat“ konnte 1973 endlich ein weiterer gesetzgeberischer Riegel geschoben werden. Nachdem der Nationalrat bereits 1972 sein Einverständnis erteilt hatte
[22], stimmte nun auch der Ständerat einer
Verschärfung der Bewilligungspflicht für Grundstückkäufe durch Personen mit Wohnsitz im Ausland zu. Bundesrat Furgler betonte in der Eintretensdebatte der Kleinen Kammer, der Bundesbeschluss sei nicht Ausdruck einer Fremdenfeindlichkeit. Der nicht vermehrbare Boden müsse aber in erster Linie den Schweizern vorbehalten bleiben. Der Vorsteher des EJPD wurde in seiner Ansicht vom Solothurner Luder (fdp) unterstützt, welcher die geplanten Massnahmen als „Akt des Selbstschutzes eines Kleinstaates“ bezeichnete
[23]. In der Folge verschärfte der Ständerat die Vorlage gegenüber dem Nationalrat durch die Einbeziehung weiterer bewilligungspflichtiger Geschäfte (nicht regelmässig gehandelte Immobilienanlagefondsanteile sowie sämtliche Treuhandgeschäfte, Miet- und Pachtverträge). Zudem beschloss er, mit der Einführung einer Übergangsregelung gewissen Härtefällen vorzubeugen. Der Nationalrat stimmte hierauf im Rahmen der Differenzenbereinigung den ständerätlichen Ergänzungen zu
[24]. Die damit vom Parlament sanktionierte „Lex Furgler“ wurde wie die ihr vorangegangenen Vorlagen dem fakultativen Referendum unterstellt. Als Zeitpunkt der Inkraftsetzung bestimmte die Landesregierung den Februar 1974, wobei gleichzeitig das Verbot der Anlage ausländischer Gelder in inländischen Grundstücken aufgehoben werden sollte
[25]. Wie bereits ein Votum des Christlichdemokraten Bodenmann (VS) im Ständerat hatte erwarten lassen, löste die Verschärfung des Bundesbeschlusses im Fremdenverkehrskanton Wallis einen Sturm der Entrüstung aus, der selbst vor Magistraten nicht Halt machte. So liess sich Bundespräsident Bonvin in einer partikularistisch geprägten Ansprache in seinem Heimatkanton dazu hinreissen, den Beschluss als „la loi la plus hypocrite de l'histoire suisse“ zu bezeichnen
[26].
[20] NZ; 103, 1.4.73 ; AZ, 77, 2.4.73 ; Tw, 78, 3.4.73 ; SPS, Ausserordentlicher Parteitag 1973, Beschlussprotokoll, Bern 1973. Vgl. auch SPJ, 1967, S. 94.
[21] Vgl. Politische Rundschau, 52/1973, Nr. 2 ; ferner BN, 107, 9.5.73 ; Vat., 110, 12.5.73. Vgl. auch SPJ, 1972, S. 103.
[22] Vgl. SPJ, 1972, S. 103 f.
[23] Amtl. Bull. StR, 1973, S. 5 ff.
[24] Amtl. Bull. StR, 1973, S. 2 ff., 14 ff., 224 f. und 254. Amtl. Bull. NR, 1973, S. 308 ff., 379 und 383.
[25] BBI, 1973, I, Nr. 14, S. 987 ff. ; NZZ, 171, 12.4.73 ; vgl. ferner SPJ, 1972, S. 61 und 103.
[26] Amtl. Bull. StR, 1973, S. 3 ff. ; TG, 24, 30.1.73 ; Ldb, 143, 25.6.73 ; NZZ, 357, 5.8.73 ; TA, 184, 11.8.73.
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