Année politique Suisse 1975 : Wirtschaft / Geld, Währung und Kredit
 
Banken
Die Banken bekamen als wohl einziger Wirtschaftszweig die nachteiligen Folgen der Rezession überhaupt nicht zu spüren. Im Gegenteil : die günstigen Rechnungsabschlüsse, das stark gesteigerte Auslandgeschäft sowie die anwachsenden Bilanzsummen liessen namentlich bei den Grossbanken geradezu von einem Jahr der Rekorde sprechen. Gemäss den bankengesetzlichen Vorschriften machte dieses Wachstum Erhöhungen des Eigenkapitals erforderlich, wobei mit der Ausgabe von Namenaktien der einheimische Charakter der schweizerischen Banken zu wahren versucht wurde. Erhebliche Aufmerksamkeit widmete man im weiteren den Zukunftsaussichten der Branche, wie dies ein im Auftrag der Bankiervereinigung erarbeitetes sechsbändiges Werk dokumentiert [25].
Gleichsam proportional zu den wachsenden Bilanzsummen entwickelten sich Kritik und Unbehagen. Einmal mehr ins Schussfeld geriet dabei von verschiedener Seite das Bankgeheimnis. Anlass zu Vermutungen, wonach die Behörden den Abbau dieser Institution erwägten, gaben nicht nur von der Nationalbank aufgenommene Gespräche mit den Banken über eine allfällige Aufhebung der sogenannten Nummernkonti, sondern auch aussenpolitisch motivierte Äusserungen von Bundesrat Graber über eine Beeinträchtigung des Image der Schweiz durch Missbräuche auf diesem Gebiet. Ein Beispiel für derartige aussenpolitische Einwirkungen lieferte Frankreich, das der Schweiz im Sinn eines Eintrittspreises für die Zulassung zum Europäischen Währungsverbund (Währungsschlange) unter anderem auch nahelegte, auf die umstrittenen Bankgeschäftspraktiken zu verzichten [26]. In anderem Zusammenhang brachte dagegen der Bundesrat unmissverständlich die Meinung zum Ausdruck, es bestehe kein Anlass, Prinzip und Grundkonzeption des Bankgeheimnisses in Frage zu stellen [27]. Zunehmende Anzeichen, wonach die Banken durch Direktbeteiligung an Betriebskapitalien als eigentliche Schrittmacher der Unternehmenskonzentration fungierten, gaben überdies zur Frage Anlass, inwiefern sich auf solche Weise die Machtverhältnisse im Wirtschaftsgefüge verschieben könnten [28]. In zahlreichen parlamentarischen Vorstössen wurde zudem im Hinblick auf früher erfolgte Zusammenbrüche kleinerer Institute eine Verbesserung der Bankenaufsicht und des Schutzes des Kleinsparers gefordert [29]. Die Bankenvertreter ihrerseits wendeten sich vehement gegen alle Bestrebungen, die « unter dem diffusen Schlagwort der Redimensionierung des Finanzplatzes Schweiz » versuchten, ihr Geschäft zu drosseln oder gar « einen Keil zwischen Schweizer Banken und ausländische Kunden zu treiben [30].
top
F.P.
 
[25] Rechnungsabschlüsse : Ww, 12, 26.3.75 ; NZ, 251, 14.8.75 ; TA, 242, 18.10.75 ; Vat., 250, 28.10.75 ; NZZ, 65, 18.3.76 ; Schweizerische Kreditanstalt, Bulletin, 81/1975, Dezember, S. 30 ff. ; ferner Focus, 1976, Nr. 73, S. 18 ff. Eigenkapital : NZZ, 43, 47, 49, 50, 21.2.-1.3.75 ; BN, 51, 1.3.75 ; zur Wahrung des schweizerischen Charakters vgl. oben (Geld- und Kapitalmarkt). Aussichten : Institut für schweizerisches Bankwesen der Universität ZH (Prof. E. Kilgus), Prospektive über das schweizerische Bankgewerbe, Zürich 1974.
[26] Tat, 14, 17.1.75 ; 24 Heures, 137, 16.6.75 ; TG, 138, 18.6.75 ; 140, 19.6.75 ; NZZ, 140, 20.6.75 ; Ost.schw., 142, 21.6.75 ; Ww, 25, 25.6.75 ; TA, 153, 5.7.75 ; vgl. auch parlamentarische Vorstösse in .4mt1. Bull. NR, 1975, S. 1545 ff. sowie in Verhandl. B.vers., 1975, I/lI, S. 46 ; vgl. ferner SPJ, 1970, S. 75 ; 1972, S. 69 f. sowie F. Masoni, « Die Banken im Blickfeld der Kritik », in A. Passardi (Hrsg.), Die Banken im Spannungsfeld wirtschaftlicher Veränderungen, Bern 1975, S. 63 ff. Zur « Währungsschlange » vgl. oben, Währungspolitik.
[27] Antwort auf Einfache Anfrage Bräm (rep., ZH) (Amtl. Bull. NR, 1975, S. 1520).
[28] LNN, 184, 11.8.75 ; vgl. dazu LNN, 14, 18.1.75 ; Ldb (sda), 301, 30.12.75 ; H. Egli, « Mitwirkung der Banken bei Fusionen », in A. Passardi (Hrsg.), Die Banken im Spannungsfeld wirtschaftlicher Veränderungen, Bern 1975, S. 81 ff.
[29] Amtl. Bull. NR, 1975, S. 561 ff., 584 f. und 1051 ; Amtl. Bull. StR, 1975, S. 599 sowie ferner 311 f. Vgl. auch SPJ, 1973, S. 65 ; E. Albisetti, « Das Postulat einer besseren Bankenaufsicht », in Tuchtfeldt, Wirtschaftspolitik, S. 417 ff.
[30] Vat., 224, 27.9.75 ; vgl. dazu BN, 12, 15.1.75 ; 142, 21.6.75 ; TA, 67, 21.3.75 ; NZZ, 177, 4.8.75 ; Schweizerische Kreditanstalt, Bulletin, 81/1975, S. 17 f.