Année politique Suisse 1975 : Infrastruktur und Lebensraum / Erhaltung der Umwelt
 
Gewässerschutz
Die klare Annahme der neuen Wasserwirtschaftsartikel 24 bis und 24 quater in der Volksabstimmung vom 7. Dezember beendete die rund zehnjährigen Bemühungen um die Revision der verfassungsrechtlichen Grundlagen für die Bewirtschaftung und den Schutz des Wassers. Die parlamentarische Beratung kam, von einer weiteren Öffentlichkeit kaum beachtet, erst im Juni zum Abschluss [7]. Das Seilziehen führte schliesslich zu einem recht umfangreichen Verfassungstext, in welchem der strittigste Punkt, die Kompetenzausscheidung zwischen Bund und Kantonen, durch Kompromisse geregelt wurde. Der Bereich für die Grundsätze wie für die gesetzlichen Bestimmungen, die der Bund « zur haushälterischen Nutzung und zum Schutz der Wasservorkommen sowie zur Abwehr schädigender Einwirkungen des Wassers » aufstellen darf, wurden, um einer Machtausweitung des Bundes Grenzen zu setzen, abschliessend aufgezählt. Gesetzgebungskompetenzen werden dabei dem Bund unter anderem in den Fragen des Gewässerschutzes, der Sicherung von Restwassermengen, der Wasserbaupolizei und der Eingriffe zur Beeinflussung der Niederschläge eingeräumt. Lediglich Grundsätze aufstellen darf der Bund beispielsweise über « die Erhaltung und Erschliessung der Wasservorkommen, insbesondere für die Versorgung mit Trinkwasser ». Die Verfügung über die Wasservorkommen und die Erhebung von Abgaben für die Wassernutzung stehen den Kantonen zu. Der neue Artikel 24 quater, der später einen eigentlichen Energiewirtschaftsartikel bilden soll, gibt dem Bund wie bisher die Befugnis, über die Fortleitung und die Abgabe der elektrischen Energie zu legiferieren [8]. Die nunmehr praktisch unbestrittenen Verfassungsartikel wurden schliesslich mit 858 720 Ja gegen 249 043 Nein angenommen. Von den Ständen lehnte lediglich das Wallis, wo die CVP die Nein-Parole ausgegeben hatte, die Vorlage ab [9].
Vom Investitionsprogramm, das die eidgenössischen Räte im Juni als Massnahme gegen Beschäftigungseinbrüche genehmigten, profitierte vor allen anderen Bundesaufgaben der Gewässerschutz. Zusätzliche Subventionen sollten, sofern deren Empfänger in der Lage wären, die erforderlichen Gegenleistungen aufzubringen, ein Bauvolumen von 240 Mio Fr. auslösen. Abwasserreinigungsprojekte, die zuvor aufgrund von Sparmassnahmen zurückgestellt worden waren, konnten nun trotzdem in Angriff genommen werden [10]. Ende 1975 standen 649 (Ende 1974: 583) Abwasserreinigungsanlagen im Betrieb ; 72,2 % (66 %) der Bevölkerung können an diese angeschlossen werden. Der tatsächlich angeschlossene Bevölkerungsanteil wurde auf 55 % (50 %) geschätzt [11]. Wie im Vorjahr fand der Zustand der Schweizer Seen grosse Beachtung [12]. Wissenschafter der Universität Genf wiesen in einem Bericht darauf hin, dass der Genfersee in beunruhigendem Mass durch Quecksilber verschmutzt sei. Die Rhone führe dem See täglich bis zu 15 Kilogramm des giftigen Metalls zu, das zu den gefährlichsten Verschmutzungssubstanzen im Wasser gehört [13].
 
[7] Vgl. SPJ, 1974, S. 109 f. ; 1973, S. 105 ; 1972, S. 109 ; Amtl. Bull. NR, 1975, S. 628, 1034 ; Amtl. Bull. StR, 1975, S. 191, 403, 473 ; BBI, 1975, II, Nr. 25, S. 190 f.
[8] NZZ, 272, 22.11.75 ; LNN, 273, 24.11.75 ; Lib., 51, 29.11.75 ; TA, 278, 29.11.75.
[9] Presse vom 8.12.75 ; JdG, 286, 8.12.75 ; TLM, 349, 15.12.75. Die Stimmbeteiligung betrug 30,9 % (Vgl. BBI, 1976, I, Nr. 5, S. 374 ff.).
[10] Vgl. oben, Teil I, 4a (Konjunkturpolitik) ; TA, 163, 17.7.75 ; Bund, 193, 20.8.75 ; SPJ, 1974, S. 110. Vgl. auch Interpellation Flubacher (fdp, BL) in Amtl. Bull. NR, 1975, S. 1831 ff.
[11] Vgl. SPJ, 1974, S. 110 ; Gesch.ber., 1975, S. 89.
[12] NZZ, 53, 5.3.75 ; Ww, 23, 11.6.75 (Dossier Schweizer Seen).
[13] TG, 8, 11.1.75 ; 139, 18.6.75 ; 282, 3.12.75 ; TLM, 261, 18.9.75 ; vgl. auch Amtl. Bull. NR, 1975, S. 981 ff. u. 1612.