Année politique Suisse 1975 : Infrastruktur und Lebensraum / Erhaltung der Umwelt
 
Natur- und Landschaftsschutz
Im Bereich des Natur- und Landschaftsschutzes fand die Seeufergestaltung besondere Aufmerksamkeit. Ein Bericht des Delegierten für Raumplanung hielt fest, dass von den 1157 km Ufer der 32 grössten Schweizer Seen nur noch 37 % einigermassen naturnah sind. Nur 34 % der Seeufer sind öffentlich zugänglich. Da die Ufergebiete nicht nur für die Erholung und den Tourismus, sondern auch für den Natur- und Gewässerschutz (Selbstreinigung des Wassers) äusserst wichtig sind, kam der Bericht zum Schluss, dass alle noch naturnahen Ufer auch in Zukunft als solche erhalten bleiben sollten. Bei den schon veränderten und verbauten Seeufern wäre dagegen zu prüfen, in welchem Umfang und mit welchen Massnahmen diese heute nur teilweise zugänglichen Gebiete für die Erholung der Allgemeinheit nutzbar gemacht werden könnten. Zusammen mit den bestehenden kantonalen Gesetzen werde das Raumplanungsgesetz die geeignete Grundlage für endgültige Massnahmen bieten. Die Seeufer waren schon 1972 durch den Bundesbeschluss über dringliche Massnahmen auf dem Gebiete der Raumplanung provisorisch unter Schutz gestellt worden [23]. Kreise des Landschaftsschutzes wiesen auf die Zerstörung von alpiner Landschaft durch Skipistenplanierungen hin [24]. Über die Bemühungen und Erfolge des Landschaftsschutzes im Bereiche der Linienführung von Nationalstrassen haben wir bereits berichtet [25]. Die Initianten der 1974 eingereichten Volksinitiative zur Förderung der schweizerischen Fuss- und Wanderwege erklärten sich mit der vom Bundesrat beantragten und in der Folge von den Räten bewilligten Fristverlängerung um ein Jahr grundsätzlich einverstanden. Sie unterstrichen jedoch, dass mit dem Raumplanungsgesetz allein gerade die entscheidenden Ziele der Initiative, die einen Verfassungszusatz anstrebt, nicht verwirklicht werden könnten [26].
Das 1975 durchgeführte « Europäische Jahr für Denkmalpflege und Heimatschutz » zeitigte vielerorts bemerkenswerte Ergebnisse und wurde gar als Markstein in der Geschichte neuzeitlicher Denkmalpflege bezeichnet [27]. Am Schlusskongress in Amsterdam wurde eine europäische Charta über das architektonische Erbe und eine sogenannte Deklaration von Amsterdam verabschiedet, die namentlich auch die soziale Dimension der Denkmalpflege unterstrich. Zwölf Dörfer und Städte wurden im Rahmen des europäischen Gemeindewettbewerbes vom Europarat ausgezeichnet (Allschwil BL, Elm GL, Grandvillard FR, Lichtensteig SG, Ligerz BE, Mollis GL, Rapperswil SG, Rheinfelden AG, St. Gallen, Sevgein GR, Wiedlisbach BE und Wil SG) [28]. Den denkmalpflegerischen Bemühungen kam entgegen, dass auch die Bauwirtschaft vermehrt auf Restaurierungsaufträge angewiesen war. Eine ihr nahestehende Schweizerische Vereinigung für Altbau-Renovation (Prorenova), die im Mai gegründet worden war, setzte sich die Erhaltung von Wohnwert, Lebensqualität und Gemeinschaft zum Ziel [29]. Der Schweizer Heimatschutz gründete eine Stiftung zur Erhaltung und Erneuerung wertvollen Baugutes in der Schweiz [30].
top
E.F.
 
[23] Vgl. SPJ, 1972, S. 100 f. ; Seeufer, Schutz Planung Gestaltung, hrg. vom Delegierten für Raumplanung, Bern 1975 ; vgl. weiter Zürichseeufer 75, hrg. vom Verband zum Schutze des Landschaftsbildes am Zürichsee, Stäfa 1975, und Interpellation Schaffer (sp, BE) in Amtl. Bull. NR, 1975, S. 488 ff. u. 529.
[24] NZZ, 236, 11.10.75 ; TA, 252, 30.10.75 ; Ldb, 286, 10.12.75.
[25] Vgl. oben, Teil I, 6b (Nationalstrassenbau).
[26] NZZ, 278, 29.11.75 ; Amtl. Bull. NR, 1975, S. 1830 ; Amt!. Bull. StR, 1975, S. 747.
[27] Vgl. SPJ, 1974, S. 112 ; NZZ, 10, 14.1.76 ; Kritische Wertungen : Raumplanung und Umweltschutz im Kanton Zürich, 1975, Heft 11, Dez. ; TA-Magazin, 5, 31.1.76.
[28] TA, 248, 25.10.75 ; Vat., 264, 13.11.75 ; NZZ, 37, 14.1.76.
[29] Vgl. oben, Teil I, 4a (Konjunkturlage) ; NZZ, 137, 17.6.75 ; 24 Heures, 139, 18.6.75.
[30] NZZ (sda), 94, 24.4.75.