Année politique Suisse 1976 : Wirtschaft / Geld, Währung und Kredit / Geld- und Währungspolitik
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Geld- und Kapitalmarkt
Ähnlich wie schon im Vorjahr erwies sich der Geld- und Kapitalmarkt auch 1976 als überaus liquid. Die verminderte Nachfrage nach langfristigen Geldern seitens der privaten Wirtschaft, aber auch seitens der Kantone und Gemeinden führte zu einem Überangebot anlagesuchenden Kapitals. In Ausnützung der günstigen Lage beanspruchte der Bund den Kapitalmarkt in Rekordhöhe von 4,4 Mia Fr. Aus geldmengenpolitischen Gründen legte er, wie erwähnt, Gelder, die er zur teilweisen Deckung seines Tresoreriebedarfs für das Jahr 1977 vorzeitig aufnahm, auf seinem Konto bei der Nationalbank still [22].
Der rückläufige Zinstrend, der vom Kapitalmarkt auch auf den kürzerfristigen Bereich übergriff, war währungs- und konjunkturpolitisch sehr erwünscht und wurde deshalb von den Behörden nach Kräften gefördert. Das Noteninstitut senkte seinen Diskont- und Lombardsatz in zwei Schritten von je ½ % auf 2 bzw. 3 %, was als Signal für einen allgemeinen Zinsabbau diente. Das Zinsgefälle gegenüber dem Ausland sollte einerseits die Attraktivität der Schweiz für ausländische Gelder und dadurch den Druck auf den Frankenkurs mindern, stärkte andererseits aber auch über eine Kostensenkung die Konkurrenzfähigkeit unserer Aussenwirtschaft, die zusätzlich durch die verbesserte Exportfinanzierung eine wirksame Unterstützung erfuhr [23]. Während Unternehmer und Konsumenten die niedrigen Zinssätze im allgemeinen begrüssten, klagten verschiedene Stimmen, der Kleinsparer müsse die Zeche bezahlen [24]. Tatsächlich war aber gerade 1976 das Sparen attraktiver geworden, was auch im bedeutenden Anstieg der Bankeinlagen zum Ausdruck kam ; erstmals seit 1969 war die Realverzinsung wieder positiv, da die herabgesetzten Zinssätze immer noch über der Teuerungsrate lagen [25].
Die Führungsspitze der Denner AG wurde zur Zahlung einer Busse verurteilt, weil sie 1974 in bewusster Missachtung des Kreditbeschlusses versucht hatte, Kassenobligationen auszugeben, die von der Emissionskommission nicht bewilligt worden waren. Der Bundesrat erachtete diesen Verstoss als schwerwiegend und übergab die Strafsache direkt dem Bundesstrafgericht. Dieses Vorgehen, das sonst nur bei gravierenden Verbrechen meist politischer Natur üblich ist, wurde teilweise mit starkem Befremden zur Kenntnis genommen [26].
Um neuen Auswüchsen auf dem Gebiet des Kleinkredits entgegenzuwirken, forderte der Schweizerische Konsumentenbund den Bundesrat auf, die Revision der entsprechenden Gesetzesbestimmungen voranzutreiben. Das Kleinkreditwesen befinde sich in vollem Aufschwung, und vielen Schuldnern drohe eine Übervorteilung, da das 1972 mit dem Kreditbeschluss geschaffene Ausnahmerecht nicht mehr zur Anwendung gelange [27].
 
[22] Vgl. Gesch.ber., 1976, S. 194 und 198 ; SNB, Geschäftsbericht, 69/1976, S. 14 f. und 37 ff. Vgl. auch SPJ, 1975, S. 74 f. und unten, Teil I, 5 (Eidgenössische Staatsrechnung, Budget des Bundes).
[23] Vgl. SNB, Geschäftsbericht, 69/1976, S. 52 ff. ; Presse vom 13.1.76 und 9.6.76. Vgl. auch F. W. Schulthess, « Kreditpolitik in der Rezession », in SKA, Bulletin, 82/1976, Nr. 4, S. 8 ff. Vgl. ferner oben, Teil I, 2 (Exportförderung).
[24] Vgl. LNN, 1, 3.1.76 ; SZ, 5, 8.1.76 ; FA, 28, 4.2.76 ; Ldb, 99, 30.4.76 ; wf, Artikeldienst, 19, 10.5.76 ; Presse vom 17.5.76 ; NZZ, 249, 23.10.76 ; TW, 275, 23.11.76. Vgl. auch SBG, Wirtschafts-Notizen, Februar 1976, S. 7 ff. und unten, Teil I, 6c (Mietwesen).
[25] Vgl. Ldb, 107, 11.5.76 ; 24 heures, 116, 19.5.76 ; wf, Pressegraphik, 27.7.76 ; wf, Dok., 34, 23.8.76.
[26] Vgl. Presse vom 18. bis 28.6.76 ; Amtl. Bull. NR, 1976, S. 1715 f. (Einfache Anfrage Hubacher, sp, BS). Vgl. auch SPJ, 1974, S. 61.
[27] Vgl. TW, 211, 9.9.76 ; 24 heures, 212, 10.9.76 ; 219, 18.9.76 ; VO, 209, 11.9.76.