Année politique Suisse 1976 : Infrastruktur und Lebensraum / Boden- und Wohnwirtschaft
Wohnungsbau
Der Wohnungsbau zeigte weiterhin einen starken rezessionsbedingten Rückgang. Nicht nur nahm 1976 die Zahl der neuerstellten Wohnungen gegenüber dem Vorjahr noch mehr ab als bisher ; auch die Baubewilligungen verminderten sich erneut. Diese Entwicklung führte zu einer Stabilisierung des Leerwohnungsbestandes ; sie wirkte sich aber zugleich in einer zusätzlichen Verschlechterung der Beschäftigungslage im Baugewerbe aus
[26].
Die 1975 vom Parlament beschlossenen
Förderungsmassnahmen für die Renovation von Altwohnungen, die das Bundesamt für Wohnungswesen mit einer Werbeaktion bekannt machte, hatten zunächst wenig Erfolg, da die Bundeshilfe neben dem konjunkturpolitischen auch ein sozialpolitisches Ziel anstrebte ; so stellte sie die renovierten Wohnungen während der Zeit ihrer finanziellen Begünstigung unter Mietzinsüberwachung und unter ein Zweckentfremdungsverbot, was viele Hauseigentümer davon abhielt, sie in Anspruch zu nehmen
[27]. Dies veranlasste den Bundesrat im Mai, die sozialpolitischen Auflagen fallenzulassen und die erforderlichen Bedingungen zu vereinfachen ; die Gestaltung der Mietzinse unterliegt nun bloss noch der allgemeinen Missbrauchsgesetzgebung
[28]. Seither ist das Interesse an der Hilfsaktion, insbesondere an den während sechs Jahren gewährten Zuschüssen an die Verzinsung des aufgenommenen Kapitals, gestiegen. Die für diese Zuschüsse 1975 und 1976 aus Arbeitsbeschaffungsmitteln zur Verfügung gestellten 50 Mio Fr. wurden bis Jahresende knapp zur Hälfte beansprucht
[29]. Eine Erleichterung verfügte der Bundesrat auch für die Hilfe an Wohnungsverbesserungen in Berggebieten, indem er die vorgeschriebenen Einkommens- und Vermögensgrenzen hinaufsetzte, um damit die Bundesbeiträge mehr als bisher nichtlandwirtschaftlichen Bevölkerungskreisen zukommen zu lassen
[30]. Parlamentarischen Vorstössen, die eine Änderung des Finanzierungssystems für Neubauten anstrebten, da dieses mit einer steigenden Lohnentwicklung rechnet, begegnete der Chef des EVD jedoch mit Zurückhaltung, indem er auf die knappen Bundesfinanzen verwies
[31].
[26] Neuerstellte Wohnungen in Gemeinden mit über 2000 Einwohnern : 24 581 (1975 : 42 357 1974: 56 897 ; 1973: 61 905) ; baubewilligte Wohnungen in denselben : 22 682 (1975 : 29 863 1974: 45 422 ; 1973: 62 765) ; Leerwohnungen in denselben am 1.12.76: 40 473 = 2,04 % (1975 : 40 224 = 2,05 % ; 1974 : 23 397 = 1,22 %). Vgl. Die Volkswirtschaft, 48/1975, S. 71 ; 49/1976, S. 72 ; 50/1977, S. 69 f. u. 131. Zur Lage im Baugewerbe vgl. oben, Teil I, 4a (Konjunkturlage).
[27] Vgl. SPJ, 1975, S. 117 f. ; ferner NZZ, 3, 6.1.76 ; NZ, 9, 10.1.76 ; LNN, 13, 17.1.76. Zur Mietzinsüberwachung nach Wohnbau- und Eigentumsförderungsgesetz vgl. Art. 25 der Vollzugsverordnung (Systematische Sammlung des Bundesrechts, 843.1).
[28] Zuschüsse an die Kapitalverzinsung müssen freilich an die Mieter weitergegeben werden (AS, 1976, S. 1111 ff. ; vgl. Presse vom 6.5.76). Ein Antrag aus dem NR, die Renovationsaktion durch die Ausrichtung von einmaligen Baukostenbeiträgen zu beleben, unterlag im StR (Amtl. Bull. NR, 1976, S. 252 ff., 314 f. ; Amtl. Bull. StR, 1976, S. 113 ff.).
[29] Gesch.ber., 1976, S. 254 ff. ; über Unterschiede zwischen den Kantonen vgl. TA, 9, 12.1.77. Arbeitsbeschaffungsmittel : BBI, 1975, II, S. 210 ; 1976, S. 1089 ; vgl. auch oben, Teil I, 4a (Konjunkturpolitik).
[30] AS, 1976, S. 1534 f. Vgl. SPJ, 1969, S. 112 ; 1970, S. 123.
[31] Motion Nauer (sp, ZH) und Einfache Anfrage Kiinzi (fdp, ZH) : Amtl. Bull. NR, 1976, S. 970 ff. Angefochten wurde vor allem die Voraussetzung, dass die Mietzinse in den unterstützten Wohnbauten anfänglich wesentlich unter den Eigentümerlasten gehalten, dann aber jährlich angehoben und schliesslich zur Rückzahlung der Bundesvorschüsse verwendet werden könnten ; ein solcher Mietzinsplan schrecke die potentiellen Bauherren ab.
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