Année politique Suisse 1977 : Wirtschaft / Allgemeine Wirtschaftspolitik
Strukturpolitik
Neueste Untersuchungen zur Entwicklung der Wohlstandsunterschiede zwischen den einzelnen Landesgegenden zeigen, dass das Auseinanderklaffen weniger durch die Disparitäten bei den Einkommen der Unselbständigerwerbenden verursacht wird, als vielmehr durch die unterschiedliche Ausstattung mit Dienstleistungs- und Produktionsbetrieben. Nach Ansicht der Behörden kann es nun aber nicht Ziel der staatlichen Strukturpolitik sein, mit dirigistischen Massnahmen diese Ungleichheiten zu beseitigen; hingegen sollen mit finanziellen Beihilfen und Bürgschaften die Standortnachteile von Gebirgsregionen und von Gebieten mit extrem einseitiger Wirtschaftsstruktur verbessert werden
[26].
Weitere zwölf
Entwicklungskonzepte für Bergregionen wurden durch das EVD genehmigt, so dass ab Ende 1977 insgesamt 19 Regionen Entwicklungsbeiträge auf Grund des Investitionshilfegesetzes (IHG) beziehen können. Die beitragsberechtigten Gebiete umfassen 428 Gemeinden mit rund 430 000 Einwohnern und bedecken 28% der Fläche der Schweiz
[27]. Für Regionen, welche in ihrer wirtschaftlichen Existenz deshalb gefährdet sind, weil in ihnen eine strukturschwache Branche vorherrschend ist, bereitet der Bund ein zusätzliches Förderungsinstrument vor. Vorgesehen ist ein Finanzierungsfonds, aus dem auf ähnliche Weise wie beim IHG (d.h. mit Bürgschaften und Zinskostenbeiträgen) Innovations- und Diversifikationsbestrebungen strukturschwacher Industrien begünstigt werden sollen. Das Projekt, dessen Vernehmlassung noch vor Jahresende abgeschlossen werden konnte, fand im allgemeinen Zustimmung, wenngleich Banken und Wirtschaftskreise vor der Gefahr der Wettbewerbsverzerrung durch diese Beihilfen warnten. Der noch im Vorjahr diskutierte Unterstützungsplan für die Uhrenindustrie, welcher unter anderem die Gründung einer gemischtwirtschaftlichen Förderungsgesellschaft in Erwägung zog, scheint nun zugunsten dieses allgemeineren Fonds, von dem nach Ansicht von Bundesrat Brugger nötigenfalls auch Regionen mit dominierender Textilindustrie profitieren könnten, fallengelassen worden zu sein
[28]. Zur Steigerung der Exportchancen der Uhrenindustrie hiess der Ständerat die vom Bundesrat beantragte Fortführung der offiziellen Qualitätskontrolle für Schweizer Uhren bis 1981 gut
[29].
[26] Reichtumsunterschiede: G. Fischer und K. Altermatt, «Neuberechnung regionaler Volkseinkommen», in Die Volkswirtschaft, 50/1977, S. 389 f.; B. Kappeler in Ww; 15, 13.4.77; S. Bieri, R.L. Frey und T. Lips, Die Kluft zwischen armen und reichen Kantonen in der Schweiz, Bern 1977. Zur Strukturpolitik vgl. Gesch.ber., 1977, S. 240; NZZ, 235, 7.10.77; F. Mühlemann, «Von der Berggebietsförderung zur aktiven Entwicklungspolitik», in Wirtschaftspolitische Mitteilungen, 33/1977, Nr. 7/8.
[27] Gesch.ber., 1977, S. 223; TA (ddp), 303, 28.12.77. Vgl. ebenfalls H. J. Leibundgut, Raumordnungspolitische Aspekte der Wirtschaftsförderung in Berggebieten, Zürich 1977, sowie SPJ, 1976, S. 61.
[28] NZZ, 203, 31.8.77; Bund, 203, 31.8.77; Gesch.ber., 1977, S. 222 f. Vgl. auch die Bemerkungen von BR Brugger zur überwiesenen Motion Rothen (sp, SO) (Amtl. Bull. NR, 1977, S. 1057 f.; Amtl. Bull. StR, 1977, S. 734 f.). Banken und Industrie: wf, Dok.. 36, 5.9.77; SAZ, 72/1977, S. 968. Vgl. auch SPJ, 1976, S. 62.
[29] BBl. 1977, I, S. 1578 ff.; Amtl. Bull StR, 1977, S. 557 ff.
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