Année politique Suisse 1978 : Wirtschaft / Allgemeine Wirtschaftspolitik / Wettbewerb
Gleich zu
zwei Varianten für einen Verfassungsartikel über den Konsumentenschutz wurden 1978 die Vernehmlassungsverfahren durchgeführt. Die von der Einzelinitiative Waldner (sp, BL) und einer Volksinitiative angeregte Fassung, welche dem Bund mittels einer Generalklausel die Kompetenz zum Erlass von Massnahmen zugunsten der Konsumenten einräumen will, lehnten die bürgerlichen Regierungsparteien und die Wirtschafts- und Handelsverbände kategorisch ab
[29]. Der gemässigtere, durch eine vom EVD eingesetzte Expertenkommission ausgearbeitete Entwurf fand dagegen die Zustimmung dieser Kreise, wurde aber von den Konsumentenorganisationen als völlig ungenügend zurückgewiesen. Dieser zweite Vorschlag will auf Eingriffe in die Handels- und Gewerbefreiheit verzichten und Bundesaktivitäten ausschliesslich im Bereich des Schutzes der Käufer vor Täuschungen und in der Förderung der Konsumenteninformation zulassen
[30].
Mit einem neuen
Bundesgesetz über den
Konsumkredit beabsichtigt der Bundesrat die Verbesserung des Schutzes der Konsumenten vor dem unüberlegten Eingehen von finanziellen Verpflichtungen bei Teilzahlungs- und Mietkäufen sowie bei Kreditaufnahmen. Laut dem Entwurf soll dies bei Abzahlungsgeschäften durch die Erhöhung der minimalen Baranzahlung, die Verlängerung der Widerrufsfrist und, bei bedeutenderen Verpflichtungssummen, durch das Erfordernis der Zustimmung des Ehepartners geschehen. Für die nicht an Warenkäufe gebundene Kleinkreditaufnahme sind ähnliche Restriktionen vorgesehen ; zudem soll es nicht mehr gestattet sein, gleichzeitig mehr als einen Kredit aufzunehmen (sogenannte Kettenverschuldung). Während die Konsumentenorganisationen und die Sozialarbeiter den Vorschlag lebhaft begrüssten, kritisierten die Kreditbanken insbesondere das Verbot der Aufnahme von Zweitkrediten
[31]. Den vermehrten Schutz der Konsumenten vor unüberlegten Käufen bezweckt auch das vom Nationalrat überwiesene Postulat Schwarz (fdp, AG), welches den Verkauf gewisser Waren (z.B. Lexika) unter der Haustür gänzlich verbieten will
[32].
Die für die Überblickbarkeit der Marktlage wichtige
Preisanschreibepflicht führte das Parlament durch die Teilrevision des Bundesgesetzes über den unlautern Wettbewerb in das ordentliche Recht über. Dieser Entscheid war wegen des Auslaufens des Preisüberwachungsbeschlusses, auf den sich die Anschreibepflicht bisher stützte, nötig geworden
[33]. Mit der ebenfalls verabschiedeten Teilrevision des Bundesgesetzes über den Verkehr mit Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen wird der Bundesrat ermächtigt, die von Konsumenten und Wissenschaftern seit langem geforderte Deklaration der Zusammensetzung der Lebensmittel anzuordnen
[34].
[29] SPJ, 1977, S. 63 ; wf, Dok., 8, 20.1.78 ; LNN, 58, 10.3.78.
[30] LNN, 189, 17.8.78; wf, Dok., 35/36, 28.8.78; NZZ (sda), 204, 4.9.78; 205, 5.9.78; 225, 28.9.78.
[31] BBI, 1978, II, S. 485 ff.; TW, 216, 15.9.78 (Konsumenten); Vr, 266, 13.11.78 (Sozialarbeiter); wf, Dok., 46, 13.11.78 (Banken).
[32] Amtl. Bull. NR., 1978, S. 1312 f.
[33] SPJ, 1977, S. 63 ; BBI, 1978, I, S. 161 ff.; Amtl. Bull. StR, 1978, S. 53 fl., 306 ff und 382 ; Amtl. Bull. NR, 1978, S. 886 ff. und 1003; AS, 1978, S. 2057 ff. und 2081 ff.
[34] BBI, 1978, I,1493 ff. ; Amtl. Bull. NR, 1978, S. 1406 ff. und 1924 ; Amtl. Bull. StR, 1978, S. 695 f. und 729 ; BBl, 1978, II, S. 1731. Vgl. auch SPJ, 1977, S. 92.
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