Année politique Suisse 1978 : Wirtschaft / Geld, Währung und Kredit / Geld- und Währungspolitik
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Geldmenge
Mit ihrer Ausrichtung auf das Verhältnis des Schweizer Frankens zur D-Mark setzte sich die Nationalbank erstmals seit dem Übergang zum Floating in aller Form ein wechselkurspolitisches Ziel. Im Laufe des Jahres tätigte sie Interventionskäufe am Devisenmarkt im hohen Ausmass von 22,5 Mia Fr.; da Dollarabgaben für bewilligungspflichtige Kapitalexporte nur im Gegenwert von 12,1 Mia Fr. erfolgten, blieb sie schliesslich auf einem massiv erhöhten Devisenbestand sitzen, was ihr empfindliche wechselkursbedingte,Verluste einbrachte [9]. Als weit gravierender beurteilten jedoch viele kritische Stimmen die negativen Folgen dieser Intervention für die Geldmengenpolitik. Nicht zuletzt aufgrund der Dollarkäufe durch die Notenbank überschritt die Ausdehnung der Geldsenge mit 16,2% die vorgegebene Zielgrösse um 11,2 Prozenpunkte [10]. Da die aktive Wechselkurspolitik die Entwicklung der Geldmenge weitgehend unkontrollierbar macht, verzichtete die Nationalbank für das Jahr 1979 auf eine diesbezügliche Zielvorgabe [11]. Obwohl die Aufblähung der Geldmenge vorderhand keine Teuerungswelle zur Folge hatte und die hohe Angebotselastizität aufgrund der nicht voll ausgelasteten Produktionskapazitäten einem Preisanstieg auch bei einer konjunkturellen Besserung entgegenwirken dürfte, zeigten sich manche Kritiker über das geschaffene Inflationspotential sehr besorgt; dieses werde sich in ein bis zwei Jahren preissteigernd auswirken, sofern die Nationalbank nicht einen restriktiveren Kurs einschlage [12].
Die Bundesbeschlüsse über die Geld- und Kreditpolitik sowie über den Schutz der Währung wurden verlängert, der erste in leicht abgeänderter Form [13]. Da diese Erlasse neben dem Notenbankartikel nun zusätzlich auch den neuen Konjunkturartikel (Art. 31 quinquies BV) zur Grundlage haben, konnten sie als wichtige Bestandteile des Notenbankinstrumentariums ins ordentliche Recht übergeführt werden, was eine obligatorische Volksabstimmung nicht mehr nötig macht. Beide Beschlüsse sind indes befristet und sollen durch das revidierte Nationalbankgesetz abgelöst werden, das die Führung einer Stabilitätspolitik im monetären Bereich als Daueraufgabe sicherstellt [14]. Mit Ausnahme der vorgeschlagenen Aufhebung einer Mindestgolddeckung für Banknoten akzeptierte das Parlament den bundesrätlichen Revisionsentwurf des Nationalbankgesetzes. Die Möglichkeiten der Notenbank, von den Geschäftsbanken Mindestreserven auf den Passiven einzufordern, die Emissionen auf dem Kapitalmarkt zu kontrollieren und zu hohe Zuflüsse ausländischer Gelder abzuwehren, fanden damit ebenso eine gesetzliche Verankerung wie die Koordination konjunktur- und geldpolitischer Entscheidungen zwischen der Landesregierung und dem Direktorium der Notenbank; wie wichtig diese Absprache gerade in währungspolitisch turbulenten Zeiten sein kann, zeigt der Umstand, dass Generaldirektor Leutwiler im letzten Quartal des Jahres 1978 an mehr Bundesratssitzungen teilnehmen musste als gesamthaft in den vier Jahren zuvor. Eine wesentliche Neuerung des Notenbankinstrumentariums stellt die erweiterte Kompetenz für Offenmarktoperationen (u.a. Kauf und Verkauf von Wertpapieren) dar, die einen Ausbau des in der Schweiz immer noch rudimentären Marktes für kurzfristige Gelder gestattet, was sowohl eine gezieltere Regulierung der Geldmenge als auch eine fristgerechtere und damit billigere Verschuldung des Bundes ermöglichen wird [15].
 
[9] Vgl. Bund, 295, 16.12.78; 305, 30.12.78; NZZ, 3, 5.1.79; 79, 4.4.79; 97, 27.4.79.
[10] SNB, Geschäftsbericht, 71/1978, S. 8 ff. und 29 ff. Vgl. auch SPJ, 1977, S.64 ff.
[11] Vgl. NZZ, 8, 11.1.79. Vgl. auch NZZ. 215, 16.9.78; TA, 280, 1.12.78.
[12] Vgl. Bund, 121, 27.5.78; wf, Artikeldienst, 24, 12.6.78; BaZ, 229, 2.9.78 ; 277, 28.10.78; Ww. 36, 6.9.78; NZZ, 221, 23.9.78.
[13] Geldpolitik: BBI, 1978, I, S. 1077; Amtl. Bull. StR, 1978, S. 204 f.; Amtl. Bull NR. 1978, S. 613 f.; BBI, 1978, I, S. 1537 ff Schutz der Währung: BBl, 1978, I, S. 1205 ff.; Amtl. Bull. StR. 1978,S. 230 ff ; Amtl. Bull. NR, 1978, S. 734 ff.; BBI, 1978, I, S. 1541 ff.
[14] BBI, 1978, I, S. 769 ff.; Amtl. Bull. NR, 1978, S. 771 ff und 1730 ff.; Amtl. Bull. StR, 1978, S. 578 ff. und 693 f.; BBI 1978, 1I, S. 1732 ff. Vgl. auch Bund. 137, 15.6.78.
[15] Golddeckung: vgl. J. Ammann, «Rückblick auf sieben Jahrzehnte schweizerischer Goldpolitik», in Wirtschaft und Recht, 30/1978, S. 54 ff. Ausbau des Instrumentariums: vgl. SPJ, 1977, S. 65; E. Baltensperger, «Einige weitere Bemerkungen zur Frage der Ausgestaltung der Mindestreserven», in Schweiz. Zeitschrift für Volkswirtschaft und Statistik, 114/1978, S. 31 ff.; B. Gehrig, « Brauchen wir monopolistische Zentralbanken? », in Wirtschaft und Recht, 30/1978, S. 452 ff.; J. Ammann / H. Hoffmann, «Die Schweizerische Nationalbank. Aufgaben, Politik, Gesetzesrevision», in Liberalsozialistische Partei des Kt. BE, LSP-Kommentare, Mai 1978; SKA, Bulletin, 85/1978, Nr.4, S. 24 f.; Presse vom 21.7.78. Kontakt BR-SNB: vgl. BaZ, 321, 19.12.78.