Année politique Suisse 1978 : Infrastruktur und Lebensraum / Boden- und Wohnwirtschaft
Bodenrecht
Von den beiden
Initiativen für eine Reform des Bodenrechts wurde diejenige der SPS vom Parteitag zurückgezogen, da in zwei Jahren nur 30 000 Unterschriften hatten gesammelt werden können
[19]. Nach diesem Fehlschlag beschloss das vorwiegend in bäuerlichen Kreisen der Westschweiz angesiedelte Komitee für ein spekulationsfreies Grundeigentum, die Unterschriftensammlung für sein Volksbegehren auf die Deutschschweiz auszudehnen
[20].
Mit Modellvorstellungen, die in sozialdemokratischen Kreisen entwickelt worden waren, trat nunmehr die Schweizerische Gesellschaft für ein neues Bodenrecht unter dem Präsidium von Prof. H. Ott (sp) an die Öffentlichkeit. Kernpunkt des Programms ist die Umwandlung des geltenden Eigentumsrechts an Grund und Boden in ein blosses Nutzungsrecht. Der Boden stünde unter dem Verfügungsrecht der Gemeinwesen, die ihn leihweise an private und öffentliche Nutzer vergäben. Nach Ansicht der Initianten wäre dies keine Verstaatlichung, da die Gemeinwesen nicht frei über den Boden verfügen könnten, sondern ihn geeigneten Nutzern zur Verfügung stellen müssten
[21].
Die Bewilligungen für Grundstückverkäufe an Personen im Ausland nahmen von 4173 auf über 5000 im Jahre 1978
[22] zu. Zusätzlich wurden einige schwerwiegende Umgehungen des entsprechenden Bundesbeschlusses («Lex Furgler») bekannt. Im Parlament
[23] und in der Presse wurde Kritik laut
[24]. Angegriffen wurden vor allem die Ausnahmebestimmungen, nach denen «an einem Ort, dessen Wirtschaft vom Fremdenverkehr abhängt und der Ansiedlung von Gästen bedarf, um den Fremdenverkehr zu fördern, insbesondere in Berggegenden», bei Zweitwohnungen bis zu 65% des Wertes an Ausländer verkauft werden dürfen. Mit einer parlamentarischen Initiative verlangte Nationalrat Schatz (fdp, SG) die Streichung dieser Bestimmungen
[25]. Die vielerorts als unbefriedigend empfundene Situation veranlasste die Nationale Aktion zur Lancierung einer Initiative gegen den «Ausverkauf der Heimat». Sie sieht vor, dass Grundeigentum oder Rechte, die eine dem Grundeigentum ähnliche Stellung verschaffen, nur von Personen, die das Niederlassungsrecht besitzen, oder von juristischen Personen, die zu mindestens 75% in der Hand von Personen mit Niederlassung und Wohnsitz in der Schweiz sind, ausgeübt werden dürfen. Ausgenommen ist Grundeigentum zur Wahrung öffentlichen oder gemeinnützigen Interesses oder als Grundlage für einen Produktions- oder Dienstleistungsbetrieb
[26], Im Dezember liess der Bundesrat verlauten, man prüfe eine Verschärfung der Vollzugsverordnung zur « Lex Furgler», insbesondere eine Senkung der Quote, bis zu der in bestimmten Fremdenverkehrsorten bei Zweitwohnungen ein Verkauf an Ausländer zulässig ist. Gegen diese Ankündigung opponierten vor allem die Kantone Graubünden, Tessin, Waadt und Wallis
[27]. Dies bewog den Bundesrat, die Quotenreduktion für sechs Monate aufzuschieben und während dieser Zeit Vorschläge für eine Verschärfung ausarbeiten zu lassen
[28]. Zusätzlich beschloss er die Einsetzung einer Studienkommission unter dein Vorsitz von Bundesrichter R. Patry, die mit der Revision der Ende 1982 auslaufenden «Lex Furgler» beauftragt ist
[29].
[19] NZZ, 39, 16.2.78; BaZ, 47, 17.2.78; Vr, 40, 17.2.78; SZ, 116, 22.5.78. Vgl. SPJ, 1977, S. 111 f.
[20] BaZ, 313, 9.12.78; TA, 288, 11.12.78.
[21] BaZ, 127, 13.5.78; Bund, 110, 13.5.78; NZZ, 109, 13.5.78.
[22] TA, 289, 12.12.78. Vgl. SPJ, 1977, S. 111 f.
[23] Verhandl. B. vers., 1978, III/IV, S. 41 und 43; Verhandl. B. vers.. 1978, V/VI, S. 54.
[24] TA, 72, 29.3.78; NZZ. 134, 13.6.78.
[25] Verhandl. B. vers., 1978, V/VI, S.14. Mit seiner parlamentarischen Initiative verlangt NR Schatz die Streichung zweier Artikel auf die sich die Ausnahmebewilligungen abstützen. Vgl. SR, 211.412.41 ; Art. 6, Abs. 2, Buchstabe a; Art. 7, Abs. 1, Buchst. b; Art. 7, Abs. 2.
[26] BaZ, 279, 31.10.78; LNN, 253, 31.10.78; TA, 253, 31.10.78; 24 Heures, 253, 31.10.78.
[27] TA, 289, 12.12.78; 27, 2.2.79.
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