Année politique Suisse 1978 : Infrastruktur und Lebensraum / Boden- und Wohnwirtschaft
Wohnungsbau
Der Wohnungsbau hat ganz offensichtlich die Talsohle durchschritten. War im ersten Halbjahr 1977 noch ein Rückgang von 27 % zu verzeichnen, so nahm in den Gemeinden mit mehr als 2000 Einwohnern die Zahl der neuerstellten Häuser im ersten Semester 1978 um 16,4% auf 11 300 Einheiten zu
[30]. Auch scheint der Bedarf zuzunehmen. So kommt eine Studie des Bundesamtes für Wohnungswesen zum Schluss, infolge der Stärke der ins Berufsleben eintretenden Jahrgänge sowie der Zunahme des Anteils älterer Leute werde bis 1990 eine jährliche Wohnungsproduktion von ca. 37 000 Einheiten nötig sein
[31].
Wegen der Bedarfssteigerung und des Produktionsrückgangs nahm die Zahl der Leerwohnungen gesamtschweizerisch von 1,5 auf 1,1% ab. Vor allem in den Städten herrscht Wohnungsmangel. Allerdings sind grosse regionale Unterschiede zu beobachten. So bewegt sich der Leerwohnungsbestand in der von der Rezession stark betroffenen Region Biel—Grenchen nach wie vor um 10%
[32].
Die Tatsache, dass die Schweiz mit 28% Eigentümerwohnungen die geringste Eigentumsstreuung in Westeuropa aufweist, war Anlass für verschiedene
Bemühungen zur Eigentumsförderung. Anfangs Jahr änderte der Bundesrat die Verordnung von August 1975 zum Wohnbau- und Eigentumsförderungsgesetz
[33]. Die obligatorische Koppelung von Grund- und Zusatzverbilligung wurde aufgehoben. Besteht die Grundverbilligung in rückzahlbaren Vorschüssen, mit denen die anfänglichen Eigentümerlasten gesenkt werden können, so wird die Zusatzverbilligung à fonds perdu ausgerichtet. Nach der neuen Regelung ist es möglich, die Zusatzverbilligung allein zu beanspruchen, was den Kreis der Interessenten vergrössern dürfte. In einer Motion forderte Nationalrat Seiler (cvp, ZH) den Bundesrat auf, in der Verordnung zum Wohnbau- und Eigentumsförderungsgesetz die Einkommensgrenzen spürbar heraufzusetzen
[34].
Verschiedene Vorstösse zielten auf eine
Entlastung des Hauseigentums. So plädierte Nationalrat Flubacher (fdp, BL) als Vertreter der schweizerischen Stiftung liberaler Wirtschaftsorganisationen für die Wohnwirtschaft zugunsten fiskalischer Erleichterungen
[35]. Einen ähnlichen Vorstoss unternahmen verschiedene kantonale Hauseigentümersektionen, die sich gegen eine Erhöhung des Mietwertes und für Abschreibungsmöglichkeiten auch für den privaten Eigentümer aussprachen
[36].
[31] NZZ, 278, 29.11.78. Über die Angriffe gegen das Bundesamt für Wohnungswesen, insbesondere wegen seiner ausgedehnten Forschungstätigkeit, vgl. oben, Teil I, 1c (Verwaltung).
[32] BaZ, 178, 5.7.78; Bund, 154, 5.7.78; NZZ, 154, 6.7.78; 155, 7.7.78. Pieterlen 9,8%, Grenchen 10,5%; Biel dagegen weist einen Leerwohnungsbestand von nur 2,27% auf.
[33] AS, 1978, S. 181 ff.
[34] Vgl. Verhandl. B. vers., 1978, VII, S. 53.
[36] Vat., 118, 24.5.78; BaZ, 267, 17.10.78; NZZ, 241, 17.10.78; TA, 247, 24.10.78.
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