Année politique Suisse 1978 : Infrastruktur und Lebensraum / Erhaltung der Umwelt
 
Luftreinhaltung
Zwei im Auftrag des Eidg. Amtes für Umweltschutz erstellte Studien legten dar, dass die Belästigungen durch die Luftverunreinigung und den Lärm in naher Zukunft das tolerierbare Mass überschreiten werden, wenn es nicht gelingt, die bisherige Entwicklung aufzuhalten. Wegen des angestiegenen Verkehrsvolumens hat insbesondere die Luftverschmutzung durch den Strassenverkehr von 1970 bis 1975 massiv zugenommen. Die Untersuchung über den Strassenlärm deckte auf, dass 25-30% der Bevölkerung tagsüber einer Geräuschkulisse ausgesetzt sind, welche über der kritischen Grenze von 60 dB (A) liegt [11].
Über einige Vorstösse zur Eindämmung der schädlichen Auswirkungen des Strassenverkehrs haben wir bereits oben berichtet [12]. Die seit langem geforderte Reduktion des Bleigehalts des Superbenzins sieht der Bundesrat aus versorgungstechnischen Gründen erst für das Jahr 1982 vor. Der ungeduldig gewordene Nationalrat stimmte daraufhin einer Motion Früh (fdp, ZH) zu, welche die Exekutive ersucht, diese Massnahme bereits auf den 1. Januar 1980 in Kraft zu setzen. Bundesrat Hürlimann erklärte dazu, dass er zwar die Reduktion so schnell wie möglich vorschreiben wolle, sich aber an diese Frist nicht gebunden fühlen könne [13]. Um die Zeit bis zur Inkraftsetzung des eidgenössischen Umweltschutzgesetzes nicht ungenützt verstreichen zu lassen, arbeiteten die Regierungen der Kantone Bern und Solothurn Lufthygienegesetze aus. Das bernische Gesetz, das als wichtigste Neuerung die Einführung der obligatorischen Ölfeuerungskontrolle enthält, hiess der Grosse Rat trotz der Opposition der FDP gut. Das solothurnische Gesetz hingegen scheiterte am Widerstand der Freisinnigen: Diese hatten vor allem befürchtet, dass die Regierung von der Kompetenz zum Erlass von Emissionsgrenzwerten zu intensiv Gebrauch machen würde. Zu einer symptomatischen Kontroverse zwischen Umweltschutz und Industrie kam es in der Stadt Zürich. Gegen die von der Verwaltung beabsichtigte Veröffentlichung der Prüfungsergebnisse der verschiedenen Olfeuerungssysteme erhoben die Herstellerfirmen erfolgreich Einsprache. Die rekurrierenden Fabrikanten stellten dabei die Aussagekraft der Prüfungsresultate in Frage und wollten verhindern, dass durch diese Information ihre Geschäfte nachteilig beeinflusst werden [14].
Im Kampf gegen die Fluorausscheidungen der Aluminiumwerke im Wallis konnte ein wichtiger Teilerfolg erzielt werden. Nachdem auch die vom Bundesrat eingesetzte Untersuchungskommission die Emissionen als untragbar beurteilt hatte und ihre schrittweise Verringerung auf rund einen Fünftel des heutigen Volumens innert drei Jahren empfohlen hatte, sah sich die Kantonsregierung zum Handeln veranlasst. Für die beiden Werke in Steg und Martigny ordnete sie den Einbau der Reinigungsanlagen gemäss den Anträgen der eidgenössischen Kommission an. Um der Gefahr der Betriebseinstellung des Werkes Chippis zu entgehen, gestattete sie hier eine Ausnahmeregelung: Bis Ende 1980 soll eine gewisse Reduktion der Emissionen erreicht werden; von welchem Zeitpunkt an aber die für die beiden andern Werke geforderten Grenzwerte eingehalten werden müssen, soll erst später entschieden werden. Die Firma Alusuisse als Besitzerin der Fabriken in Chippis und Steg erklärte sich bereit, den Weisungen der Regierung nachzukommen, das Werk Martigny hingegen legte Rekurs ein, um eine Fristerstreckung zu erlangen [15].
 
[11] Abgase: W. Martin. G. Galli und T. Pelli, «Abgase durch Motorfahrzeuge», in Plan, 35/1978, Nr.6. S. 17 ff.; H. E. Vogel, «Kampf gegen die Luftverpestung». in Plan, 35/1978. Nr. 12. S.22 ff. Lärm: BaZ, 306, 1.12.78.
[12] Vgl. oben. Teil I, 6b (Circulation routière).
[13] Amtl. Bull. NR, 1978, S. 1419 f. und 1469. Vgl. auch TG, 198. 25.8.78; NZZ, 257. 4.11.78; SPJ, 1977. S. 116.
[14] Bern: Bund, 123, 30.5.78; 210, 8.9.78; 213, 12.9.78; 214, 13.9.78; 270, 17.11.78. Solothurn: SZ, 35, 6II.78; 124, 1.6.78. Zürich: TA, 165, 19.7.78; NZZ, 232, 6.10.78.
[15] TLM, 231, 19.8.78; 249, 6.9.78; 290, 17.10.78, 294, 21.10.78; 351, 17.12.78; NZZ (sda), 227, 30.9.78; TA, 211, 12.9.78; 265, 14.11.78. Vgl. auch SPJ, 1977, S. 116 f.