Année politique Suisse 1979 : Allgemeine Chronik / Schweizerische Aussenpolitik / Aussenhandel
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Umstrittene Ausfuhren
Wenn die Auslandsabhängigkeit der schweizerischen Wirtschaft 1979 auch keine derart negativen Folgen hatte wie im Vorjahr, sondern im Gegenteil konjunkturbelebend wirkte, demonstrierten die Konsequenzen des Machtwechsels im Iran doch mit aller Deutlichkeit die teilweise existenzbedrohenden Risiken, die der Industrie aus ihren Auslandengagements erwachsen können. Politische Veränderungen und, damit verbunden, anders gesetzte Prioritäten vermögen selbst notwendig erscheinende Projekte zu gefährden, was sich im Fall von Grossaufträgen manchmal verheerend auswirkt. Besonders hart betroffen wurde die Firma Mobag, eine Tochtergesellschaft .der Motor Columbus, die in Teheran mit dem Bau einer grossen Satellitensiedlung im Wert von 1 Mia DM beauftragt war. Angesichts der Ungewissheit, ob die neue Regierung das Vorhaben überhaupt zu Ende führen wolle, und des Fehlens eines zuständigen Verhandlungspartners erschien ein Verlust in der Höhe von maximal 166 Mio DM als immer wahrscheinlicher. Ein derartiger Fehlbetrag überstieg, da er von der Exportrisikogarantie nicht gedeckt wurde, die Finanzkraft nicht nur der Mobag, sondern auch der Motor Columbus. Erst umfangreiche Transaktionen ermöglichten eine Sanierung der Mobag. So trat die Minderheitsaktionärin Careal ihren Anteil an der Mobag an die Motor Columbus ab. Gleichzeitig erwarb die Schweizerische Bankgesellschaft den 38%-Anteil der Alusuisse an der Motor Columbus [63].
Probleme erwuchsen dem schweizerischen Aussenhandel auch aus der Lieferung von Bestandteilen für den Bau einer pakistanischen Urananreicherungsanlage [64] sowie aus dem geplanten Export einer Schwerwasseranlage nach Argentinien [65]. In beiden Fällen geriet die Schweiz unter politischen Druck seitens der USA, welche befürchteten, die beiden Länder, die wie Indien den Atomsperrvertrag nicht unterzeichnet haben, könnten die mit schweizerischer Hilfe errichteten Anlagen zur Herstellung einer Atombombe benutzen. Die Regierung in Bern stellte sich jedoch vor die angeschuldigten Firmen, indem sie betonte, die Schweiz habe die allerdings wesentlich laxeren Bestimmungen des 1978 abgeschlossenen Vertrags der westlichen Lieferländer über den Export nuklearer Anlagen peinlichst genau eingehalten. Sie lehnte deshalb auch das Verlangen Washingtons nach der Aufnahme von zusätzlichen Klauseln in die bereits bestehende Übereinkunft ab [66].
 
[63] BaZ, 134. 12.6.79 Bund, 134, 12.6.79 TA, 36. 13.2.79; 133, 12.6.79; 135. 14.6.79. Verluste. allerdings geringeren Ausmasses. erlitt auch die Firma Losinger; vgl. Bund, 138. 16.6.79.
[64] Bund, 101. 2.5.79; 107. 9.5.79; BaZ, 102. 3.5.79; NZZ, 101, 3.5.79; 105, 8.5.79.
[65] TA, 278. 29.11.79; NZZ, 303. 31.12.79.
[66] NZZ, 60. 12.3.80.