Année politique Suisse 1979 : Allgemeine Chronik / Landesverteidigung
 
Organisation und Ausbildung
Die Revision der Rechtsgrundlagen für die innere Ordnung der Armee fand ihren Abschluss, indem der Bundesrat 1979 das neue Dienstreglement erliess. Im EMD bezeichnete man dieses als wichtigen Meilenstein, als «Charta des Soldaten». Das Dienstreglement 80 bringt an sich keine grossen Neuerungen, unternimmt jedoch den Versuch, die Stellung des Soldaten, seine Rechte und seine Pflichten genauer zu umschreiben, weshalb auch auf die Schaffung der Stelle eines Ombudsmanns verzichtet wurde. Zwei wesentliche Anordnungen, das Verbot der Teilnahme an politischen Aktionen im Militärtenue und die Vorschrift, den Wachdienst mit scharfer Munition zu versehen, wurden von sozialdemokratischer Seite unter Beschuss genommen. Neu ist die Umschreibung des Anforderungsprofils für das Kader, wie der Oberbegriff für Unteroffiziere und Offiziere jetzt lautet [38]. Umstritten war die im Dienstreglement 80 enthaltene Regelung der Dienstbeschwerde. In einer Motion, der vom Nationalrat allerdings keine Folge gegeben wurde, verlangte NR Muheim (sp, LU) eine Neuregelung derselben, indem auch die Möglichkeit geschaffen werden sollte, letztinstanzlich an eine ausserhalb der Militärhierarchie stehende, unabhängige Stelle zu gelangen. Der Bundesrat trat diesem Begehren mit der Bemerkung entgegen, eine derartiger Schritt brächte es mit sich, dass die Kommandogewalt in die Hände der Gerichte gelegt würde [39].
Über die Spionageaffäre Jeanmaire wurde mit der Vorlage eines ausführlichen Berichts über die zu ziehenden Konsequenzen der Schlussstrich gezogen. Obschon man erkannte, dass es auch in Zukunft unmöglich sein wird, fremden Nachrichtendienst generell zu verhindern, so erachteten die Geschäftsprüfungs- und die Militärkommission des Nationalrates in ihrem Rapport doch in zwei Punkten Reformen für angebracht. Einerseits soll der personell unterdotierte schweizerische Nachrichtendienst ausgebaut werden, anderseits aber auch das in der Armee herrschende Beförderungssystem, dessen Mängel gerade in dieser Angelegenheit offen zu Tage getreten sind, neu überprüft werden [40]. Die Dringlichkeit von diesbezüglichen Reformen wurde vor allem auch durch das an Peinlichkeit kaum mehr zu übertreffende Vorgehen Oberst Bachmanns unterstrichen, der es für nötig erachtete, einen Untergebenen zum Auskundschaften der österreichischen Armee, die hohe schweizerische Offiziere zu ihren Manövern eingela den hatte, abzuordnen. Das EMD, das Bachmann sofort in seinem Dienst einstellte, versuchte die Angelegenheit als Einzelfall darzustellen, es wurde jedoch bekannt, dass der Nachrichtenoffizier bereits früher ähnliche Aufträge erteilt hatte [41].
 
[38] Bund, 158. 10. 1.79; NZZ, 157, 10.7.79 ; Vat., 157. 10.7.79; SP-Kritik : TW, 53, 5.3.79 (Wache mit scharfer Munition); TW, 158, 10.7.79; 182, 7.8.79 (Dienstreglement). Die Volksinitiative für einen Armee-Ombudsmann kam innerhalb der vorgeschriebenen Frist nicht zustande (NZZ, ddp, 298, 22.12.79; vgl. SPJ, 1977, S. 53).
[39] Amtl. Bull. NR, 1979. S. 1040 ff.
[40] BBl, 1979, II, S. 231 ff.; Amtl. Bull. NR, 1979. S. 738 ff.; Amtl. Bull. StR, 1979, S. 407 f. Vgl. SPJ, 1978. S. 48.
[41] TA, 278, 29.11.79: 279, 30.11.79; NZZ, 279, 30.11.79 ; TLM, 334, 30.11.79; Ww, 49, 5.12.79; Reaktion Österreichs: NZZ, 210, 1.12.79; BaZ, 284, 4.12.79.