Année politique Suisse 1979 : Infrastruktur und Lebensraum / Energie / Kernenergie
Das Kernkraftwerk
Gösgen (SO) konnte im November offiziell in Betrieb genommen werden, womit sich die in der Schweiz installierte Kernkraftleistung nahezu verdoppelt hat
[28]. Die Kernkraftwerk Kaiseraugst AG reichte im Sommer ihre Gesuche um die Rahmen- und die nukleare Baubewilligung ein. Für den Bedarfsnachweis — um diesen allein geht es hier noch bei der Rahmenbewilligung— stützen sich die Gesuchsteller auf den neuesten « 10-Werke-Bericht» des Verbandes schweizerischer Elektrizitätswerke, welcher prognostiziert, dass auch nach der Inbetriebnahme von Leibstadt in der Elektrizitätsversorgung ab Winter 1984/85 Lücken auftreten werden. Gegen diese Voraussage erhoben die Regierungen beider Basel. des Jura und rund 7000 Bürger Einwendungen. Den definitiven Entscheid über die Rahmenbewilligung wird das Parlament wohl kaum früher als 1981 fällen können. Angesichts des Widerstands in der Region Basel ist es allerdings fraglich, ob es überhaupt je zu diesem Entscheid kommen wird. Bereits haben die Basler Behörden eine Standesinitiative eingereicht, welche die eidgenössischen Räte zum Widerstand gegen die projektierte Anlage verpflichten will. und auch in Liestal hat der Landrat die Kantonsregierung mit der Ausarbeitung eines ähnlichen Vorstosses beauftragt. Aber auch ein Teil der Kernenergiebefürworter glaubt offenbar nicht mehr an die politische Durchsetzbarkeit des Werks in Kaiseraugst: Der Ständerat überwies gegen den Willen von Bundesrat Ritschard ein Postulat Egli (cvp. LU). das die Landesregierung zu Verhandlungen mit der Kernkraftwerk Kaiseraugst AG über einen Verzicht auf die Baupläne und über die dafür vom Bund zu entrichtende Entschädigungssumme auffordert
[29].
Zur Beurteilung der Frage nach dem Bedarf für das Werk
Kaiseraugst waren auch die Kantone um ihre Meinung gebeten worden. In einer wachsenden Anzahl von Kantonen unterliegen solche Stellungnahmen der Volksabstimmung. Nach Schaffhausen hat Neuenburg eine entsprechende Erweiterung der Volksrechte als zweiter Kanton eingeführt. In Zürich stellte der Kantonsrat einer weitergehenden Initiative als Gegenvorschlag die Einführung des obligatorischen Referendums über kantonale Stellungnahmen zu Atomenergiefragen gegenüber. Die Initianten zogen ihr Begehren zurück und der Souverän hiess den Gegenvorschlag mit 95 121 Ja : 69 404 Nein gut
[30]. Volksinitiativen gleichlautenden Inhalts wurden im Berichtsjahr auch in den Kantonen Luzern und St. Gallen lanciert und in der Waadt bereits eingereicht. Im Kanton Freiburg scheiterte eine entsprechende Initiative hingegen an der erforderlichen Unterschriftenzahl. Die bernische SP lancierte eine Volksinitiative, welche die Einführung des fakultativen Referendums für Stellungnahmen zu Atomfragen vorsieht
[31].
[29] BBl, 1979, II, S. 837 f.; TA, 172, 27.7.79; NZZ, 274, 24.11.79 ; Bund, 299, 21.12.79. Zur Prognose siehe auch TA, 201, 31.8.79; NZZ, 255, 2.1 1.79. Standesinitiative von BS: Verhandl. B. vers.. 1979, IV, S. 12; BaZ, 85, 10.4.79; 86, 11.4.79; 148, 28.6.79; 242, 16.10.79; 291, 12.12.79. Der Genfer Grosse Rat verpflichtete seine Regierung zur Einreichung einer Standesinitiative für die Annullierung der Standortbewilligung für das in Verbois (GE) geplante Atomkraftwerk (24 Heures, 256, 3.11.791. Postulat Egli: Amtl. Bull. StR, 1979, S. 579 f.; vgl. auch NZZ, 105, 8.5.79.
[30] Neuenburg: SPJ, 1978, S. 96 ; TLM, 45, 14.2.79 ; NZZ, 41, 19.2.79 (28 000 Ja : 13 421 Nein). Zürich : SPJ, 1978, S.95; NZZ, 157, 10.7.79; 273, 23.11.79 ; Vr, 212, 11.9.79; TA, 281, 3.12.79. In Neuenburg hatten sich die Liberalen und die Freisinnigen. in Zürich die Freisinnigen gegen die Neuerung ausgesprochen.
[31] Luzern: LNN (ddp), 117, 21.5.79. St. Gallen: SGT, 59, 12.3.79; 182, 7.8.79. Waadt: TLM, 183, 2.7.79; 263, 30.9.79 ; 24 Heures, 297, 21.12.79. Freiburg: TLM, 96, 26.4.79 ; Lib., 253, 3.8.79. Bern : TW, 111 , 12.5.79 ; 197, 24.8.79.
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