Année politique Suisse 1979 : Bildung, Kultur und Medien / Medien / Informationspolitik
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Information durch die Behörden
Eine Voraussetzung der Medienfreiheit wäre die Pflicht zur Information durch die Behörden. In dem aufden 1. Juni in Kraft getretenen Verwaltungsorganisationsgesetz des Bundes ist die Informationspflicht für Regierung und Verwaltung unter Voraussetzung eines allgemeinen Interesses und unter Vorrang wesentlicher öffentlicher und privater Ansprüche formell verankert. Kritische Stimmen bemerkten, dass die Informationspolitik des Bundes seither zurückhaltender geworden sei, und forderten eine umfassende Informationspflicht für Behörden aller Stufen. Der Verband der Schweizer Journalisten (VSJ) möchte diese als vorzuziehende Massnahme im Rahmen der Medien-Gesamtkonzeption verwirklicht wissen [3]. Nachdem sich schon vorher einzelne Fälle von Indiskretionen aus Protokollen und Kommissionsunterlagen ereignet hatten, führte die vorzeitige Veröffentlichung eines SRG-Papiers der nationalrätlichen Geschäftsprüfungskommission zuerst zu einer Pauschalverwarnung der Bundeshausjournalisten durch das Nationalratsbüro und schliesslich zu einer Strafanzeige wegen Amtsgeheimnisverletzung gegen Parlamentarier und Journalisten bei der Bundesanwaltschaft. Diese Massnahmen stiessen weithin auf Kritik, wobei die wenig offene Informationspraxis des Bundes, auch als Geheimniskrämerei bezeichnet, für die Pannen verantwortlich gemacht wurde. Vorstösse im Nationalrat griffen das Problem auf. Aus Gründen der Verhältnismässigkeit wurden Ende Jahr zumindest die Ermittlungen gegen die Parlamentarier eingestellt [4]. Die offizielle Informationspolitik geriet auch in Zürich unter Beschuss, als der kantonale Polizeikommandant Grob vier ausgewählte Journalisten über das KIS informierte, den Vertreter des «Volksrechts» abwies und den nichteingeladenen Presseorganen eine Tonbandaufzeichnung zustellte, aus der die kritischsten Teile eliminiert worden waren. Dies wurde als willkürliche Behinderung der Presse von mehreren Parteien im Kantonsrat verurteilt [5]. An früherer Stelle ist bereits die Kontroverse um die Abstimmungserläuterungen des Bundes zur Atominitiative zu Sprache gekommen ; der Einwand, den Gegnern der bundesrätlichen Meinung werde zuwenig Platz eingeräumt und ihre Argumentation selektioniert, wurde auch bei anderer Gelegenheit vorgebracht. Zwei ähnlich lautende Vorstösse im Nationalrat forderten deshalb, dass den Vertretern von Initiativ- und Referendumskomitees genügend Raum zu eigenen Stellungnahmen gesichert wird [6].
 
[3] Informationspflicht: TA, 53. 5.3.79; 93. 23.4.79; Ldb, 240, 17.10.79; Kritik VSJ: Bund, 243. 17.10.79. Vgl. SPJ, 1978. S. 22.
[4] Vgl. Presse vom 1 1.9.79 und 18.9.79. dazu Ww, 36, 5.9.79 ; 41, 10.10.79 ; BaZ, 232. 4.10.79 ; 234, 6.10.79 ; TW, 233. 5.10.79; NZZ, 292. 15.12.79. Vorstösse: Parlamentarische Initiative Gerwig (sp, BS) betreffend Gewährleistung von Pressefreiheit und Redaktionsgeheimnis durch Geschäftsreglement des NR (Behandlung hängig, Verbandl. B. vers.. 1979, IV, S. 17): Interpellation Carobbio (psa, TI) betreffend Schutz der Stellung des Journalisten (Amtl. Bull. NR, 1979. S. 1154 f.)
[5] Vr, 289. 17.12.79; 290, 18.12.79; TA, 294. 18.12.79. Vgl. oben. Teil I, 1b (Öffentliche Ordnung).
[6] Atominitiative : vgl. oben, Teil I, 1c (Volksrechte) und 6a (Kernenergie); dazu BaZ, 182.7.8.79; 293. 14.12.79. Vorstösse: Postulat Carobbio (psa, TI), überwiesen (Amtl. Bull. NR, 1979. S. 1265 f.) und Motion Euler (sp, BS), als Postulat überwiesen (Amtl. Bull. NR, 1979, S. 1679 ff.).