Année politique Suisse 1980 : Parteien, Verbände und Interessengruppen / Parteien
 
Landesring der Unabhängigen
Ob der Landesring der Unabhängigen (LdU) seine traditionelle Oppositionsrolle eher in progressivem oder konservativem Sinne wahrzunehmen habe, blieb kontrovers. Dies wurde zu Anfang des Jahres durch den Austritt des ehemaligen Nationalrats W. Allgöwer unterstrichen, der als Protest gegen die interventionistischen und umweltschützerischen Bestrebungen in der Partei gemeint war [28]. Die Lancierung einer Initiative gegen das Monopol der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) konnte man als Ausdruck der allgemeinen liberalen Tendenz des LdU interpretieren; der progressive St. Galler Nationalrat Franz Jaeger drohte aber mit seinem Rückzug von der Aktion, falls diese, zumal im Blick auf die Behandlung der Jugendunruhen, zu einer Disziplinierung der Medien benützt werden sollte [29]. Durch ihre Exekutivämter in der Stadt Zürich hatten sich gerade Vertreter des Landesrings exponiert und waren darüber mit den Medien in eine Auseinandersetzung geraten [30]. Nicht ganz unberührt blieb der LdU vom Auftreten des «Migros-Frühlings» in dem ihm nahestehenden Grossverteilerunternehmen. Namentlich in der St. Galler Kantonalpartei regten sich Sympathien für die Oppositionsbewegung. Die Parteileitung sah sich jedoch zu einer Distanzierung veranlasst, und verschiedene bekannte Persönlichkeiten des Landesrings, selbst Franz Jaeger, unterstützten die offiziellen Kandidaten für die Genossenschaftswahlen [31].
 
[28]TA, 48, 27.2.80. Vgl. SPJ, 1978, S. 174; 1979. S. 36. Wenige Monate später schied der von Krankheit gezeichnete Politiker aus dem Leben (LNN, 89, 17.4.80).
[29] Initiative: vgl. oben. Teil I, 8c (Radio und Fernsehen). Jaeger: TA, 196, 25.8.80.
[30] Sowohl Stadtpräsident Widmer als der städtische Polizeidirektor Frick gehören dem LdU an. Vgl. TA, 169, 23.7.80; ferner oben, Teil I, 1 b (Öffentliche Ordnung) und 7d (Jeunesse).
[31] TA, 125. 2.6.80. Distanzierung der Parteileitung: Ring, 2, 18.3.80. Auch die Zürcher Kantonalpartei trat für die offiziellen Kandidaten ein (TA, 98, 28.4.80). Vgl. oben. Teil I, §a (Demokratisierung der Gesellschaft) und 4a (Wettbewerb).