Année politique Suisse 1980 : Grundlagen der Staatsordnung / Rechtsordnung / Grundrechte
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Persönlichkeitsschutz
Neben der grundsätzlichen Diskussion über den Persönlichkeitsschutz nahmen auch die Auseinandersetzungen um den Freiraum von politischen Aussenseitern ihren Fortgang. Das Deutschschweizer Fernsehen widmete der Frage «Kommunisten diskriminieren oder tolerieren» eine eigene Sendung, in der einerseits Diskriminierte von ihren Erfahrungen berichteten und anderseits der Zürcher Erziehungsdirektor Gilgen den im Vorjahr in Gebrauch gekommenen Begriff der «Grauzone» dahin präzisierte, dass er ausser der PdA noch die POCH und die RML einschliesse [9]. Die «Grauzone»-Theorie spielte auch in der Gesamtverteidigungsübung zu Anfang des Jahres eine Rolle. Durch Indiskretion wurde bekannt, dass man mit dem Szenario eines sowjetischen Angriffs auf die Schweiz die Annahme verbunden hatte, sozialistische Kreise in Armee und Zivilbevölkerung sabotierten den Widerstand. An der Übung Beteiligte erklärten zwar, es seien ganz verschiedene Situationen durchgespielt worden, doch der Vorstand der SPS protestierte gegen eine Kriminalisierung linker Organisationen, und im Parlament ersuchte die Fraktion von PdA, PSA und POCH den Bundesrat um eine Erklärung [10]. Dieser nahm zur angefochtenen Übungsanlage vor dem Jahresende noch nicht Stellung, wohl aber zu einer von derselben Fraktion schon im Sommer 1979 eingereichten Interpellation, die sich auf die Beurteilung der PdA durch die Zürcher Regierung bezog. Dabei rechtfertigte er das Verhalten der Zürcher Behörden mit der Begründung, die PdA habe die Anwendung nichtdemokratischer Mittel nie ausdrücklich ausgeschlossen [11].
Diskriminierungen durch private Staatsschutzaktivität wurden von den Behörden nur teilweise toleriert. Das Demokratische Manifest beschwerte sich darüber, dass das Bundesgericht unwahre Angaben, die in einem von der Gruppe um Ernst Cincera herausgegebenen Bulletin verbreitet worden waren, nicht als persönlichkeitsverletzend bewertet hatte [12]. Der Zürcher «Subversivenjäger» musste aber am Jahresende erleben, dass seine private Informationstätigkeit der Fortsetzung einer militärischen Karriere nicht dienlich war. Bundespräsident Chevallaz lehnte als Chef des EMD eine Beförderung Cinceras zum Obersten im Territorialdienst ab, da er befürchtete, eine solche würde bei Untergebenen Widerstände provozieren [13].
Über die Beeinträchtigung der Wirksamkeit von Vertretern abweichender politischer Auffassungen im Südjura berichten wir in anderem Zusammenhang. Dies gilt.auch für die von neuen Jugendunruhen aufgeworfenen Probleme und für die Frage der Übernahme internationaler Grundrechtskonventionen ins schweizerische Recht [14].
 
[9] Bund, 13, 17.1.80; Vr, 11. 17.1.80. Vgl. SPJ, 1979, S. 16.
[10] Indiskretion: Vorwärts, 6, 7.2.80; Das Konzept, Nr. 2, Febr. 1980. Entgegnungen: BaZ (ddp), 33, 8.2.80: Vat., 32, 8.2.80; Bund, 33. 9.2.80. SPS: TA, 52. 3.3.80; vgl. auch Vr, 38. 25.2.80. PdA/PSA/POCH: Verhandl. B.vers., 1980, I, S. 28. Zur Gesamtverteidigungsübung vgl. unten. Teil I, 3 (Organisationsfragen).
[11] Amtl. Bull. NR, 1981, S. 396 ff.; NZZ (sda), 296. 19.12.80.
[12] BaZ, 175, 29.7.80 ; Vr, 169. 29.8.80. Zur Tätigkeit Cinceras vgl. SPJ, 1976.S. 15 f. ; 1979, S. 17 sowie unten, Teil I, 8c (Presse).
[13] NZZ, 304, 31.12.80.
[14] Südjura: vgl. unten, Teil I, 1d (Question jurassienne). Jugendunruhen: vgl. unten, Öffentliche Ordnung. Internationale Konventionen: vgl. unten, Teil I, 2 (Collaboration européenne).