Année politique Suisse 1980 : Allgemeine Chronik / Schweizerische Aussenpolitik / Aussenwirtschaftspolitik
print
Multilaterale Aussenwirtschaftspolitik
Die Mitarbeit an einem Verhaltenskodex für multinationale Unternehmungen ist einer der Bereiche der multilateralen Aussenwirtschaftspolitik der Schweiz, welche die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern fördern sollen. Noch grundlegendere Bedeutung kommt der Beteiligung an der Vorbereitung der dritten Entwicklungsstrategie der Vereinten Nationen zu, welche die Sondersession der UNO-Vollversammlung verabschiedete. Die Strategie ist zwar rechtlich unverbindlich, doch könnte sie für die künftige Gestaltung der Nord-Süd-Beziehungen wegweisend sein [65].
Für die rohstoffarme Schweiz hat der Abschluss von internationalen Rohstoffabkommen nicht nur eine entwicklungs-, sondern auch eine versorgungspolitische Bedeutung [66]. Ende Juni nahmen in Genf 101 Regierungen das Statut für einen internationalen Rohstoff-Fonds unter Ratifikationsvorbehalt an. Der Fonds gilt als Schlüsselelement für die Verwirklichung des Integrierten Rohstoff-Programms der UNCTAD. Er soll erstens dazu dienen, den Abschluss und das Funktionieren von internationalen Rohstoffabkommen zu erleichtern, indem er finanzielle Beiträge an Ausgleichslager gewährt; zweitens hat er entwicklungspolitische Aufgaben wahrzunehmen wie Produktivitätsverbesserungen in der Rohstoffwirtschaft und Förderung der vertikalen Integration. Die Finanzierung des Fonds liegt in erster Linie bei den westlichen Industriestaaten. Die Schweiz kündigte an, dass sie sich voraussichtlich mit ungefähr .l0 Mio Dollar am Fonds beteiligen wird [67].
Mit Botschafter Arthur Dunkel wurde zum zweiten Mal ein Schweizer Generaldirektor des GATT. Eine seiner Hauptaufgaben ist es, die Verwirklichung der an der Tokio-Runde erzielten Ergebnisse zu überwachen. In der gegenwärtigen Weltwirtschaftslage, in der protektionistische Tendenzen wiederum deutlich spürbar sind, kommt dieser Tätigkeit erhöhte Wichtigkeit zu. Für die Schweiz setzte der Bundesrat die zweite der acht vom Genfer Protokoll der Tokio-Runde vorgesehenen Zollsenkungsstufen programmgemäss auf den 1. Januar 1981 in Kraft [68].
Der Ministerrat der OECD, die 1980 aufeine zwanzigjährige Tätigkeit zurückblickte, verabschiedete eine Handelserklärung, welche über das bisherige Stillhalteabkommen (Trade Pledge) hinausgeht. Die neugeschaffenen Überwachungs- und Konsultationsmechanismen sollen die handelspolitische Zusammenarbeit aller Mitgliedstaaten fördern und der in letzter Zeit vermehrt in Erscheinung tretenden bilateralen Lenkung der Handelsströme zwischen den grössten Wirtschaftspartnern entgegenwirken. Dies liegt namentlich im Interesse der kleineren Staaten [69].
 
[65] Die Schweiz konnte sich zwar an der Ausarbeitung der Strategie beteiligen, an den Verhandlungen in der Sondersession war sie jedoch— da sie Nicht-Mitglied der UNO ist — nur als Beobachterin zugelassen. Vgl. oben (Entwicklungshilfe) und Das Überleben sichern, Bericht der Nord-Süd-Kommission, Köln 1980.
[66] BBl, 1980, III. S. 47 (15. Bericht zur Aussenwirtschaftspolitik).
[67] NZZ, 164, 17.7.80; 165, 18.7.80; BaZ, 332, 3.10.80; vgl. BBl, 1981, I, S. 562 f.
[68] BBl, 1980, Ill, S. 37 ff. und 1981, I, S. 555 ff. (15. und 16. Bericht zur Aussenwirtschaftspolitik) ; LNN, 79. 3.4.80; TLM, 96, 5.4.80; NZZ, 275—277, 25.11.—27.11.80; JdG, 278, 27.11.80; BaZ, 280, 28.11.80; Vat., 280, 2.12.80; vgl. A. Dunkel, «Les négociations commerciales multilatérales du GATT (Tokio-Round): resultats et perspectives», in Aussenwirtschaft, 35/1980, S. 12 ff. sowie SPJ, 1979, S. 80.
[69] NZZ, 127, 4.6.80 ; 291, 13.12.80 ; 24 Heures, 129, 5.6.80 ; Bund, 294. 15.12.80 ; BBl, 1980, III, S. 32 ff. und 167 ff. sowie 1981, I, S. 548 ff.