Année politique Suisse 1980 : Wirtschaft / Landwirtschaft / Landwirtschaftspolitik
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Preisbegehren
Der Bundesrat entsprach im Dezember einem neuen umfangreichen Forderungskatalog, den der Schweizerische Bauernverband (SBV) zur Einkommenssicherung in der Landwirtschaft vorgelegt hatte, wie üblich nur teilweise. Darüber entstand unter den Bauern Unzufriedenheit. Immerhin war die Regierung im Sommer bereits früher gestellten Begehren ein Stück weit entgegengekommen (höhere Kuhbeiträge in den Bergzonen II und III, Förderung des Viehabsatzes, höhere Zuschläge für Futtergetreide in Berg- und Hanglagen, Erhöhung der preisgarantierten Zuckerrübenmenge von 680 000 auf 750 000 Tonnen) [9]. Vorab zur Milderung der Auswirkungen der langen Schlechtwetterperiode auf den tendenziell ohnehin überschüssigen Schlachtviehmarkt hatten sodann zusätzliche Mittel freigegeben werden müssen. Zum Jahresende gestand nun der Bundesrat statt der verlangten Grundpreiserhöhung von 5 Rappen je Liter Milch lediglich eine solche von 3 Rappen zu. Somit bezahlt der Konsument ab 1. Januar 1981 im Einzelhandel 5 Rp. mehr pro Liter Milch, und gleichzeitig verteuern sich Butter und Käse. Damit die Inlandbutter infolge der beschlossenen Massnahmen nicht noch stärker durch ausländische Produkte wie Margarine konkurrenziert wird, erfolgte gleichzeitig eine Erhöhung der Preiszuschläge auf importierten Speisefetten und Speiseölen. Zusammen mit den übrigen bundesrätlichen Massnahmen wie grösseren Beiträgen für die Kälbermast und höheren Anbauprämien für Futtergetreide (Gerste und Hafer) resultieren ab 1981 landwirtschaftliche Einkommenssteigerungen von gesamthaft 100 bis 120 Mio Fr. [10].
Eigene Wege des Protestes gingen einmal mehr die dissidenten Organisationen der UPS und der bäuerlichen Komitees. Ihrem Unmut über die einkommenspolitisch verantwortlichen Behörden verliehen sie mit einer Kundgebung beim Bundesamt für Landwirtschaft Ausdruck. Die von den erbosten Bauern als Besetzung ausgegebene Aktion wurde erst abgebrochen, nachdem ihnen der seit geraumer Zeit besonders scharf aufs Korn genommene Amtsvorsteher, J.-C. Piot, gewisse Zusicherungen gegeben hatte. Diese betrafen hauptsächlich die Forderung, neben dem SBV als gleichberechtigte Vertreter der bäuerlichen Bevölkerung anerkannt zu werden. Ein Anliegen, das der hohe Bundesbeamte im empfehlenden Sinn an den Bundesrat weiterzuleiten versprach [11].
 
[9] Bereits zu Beginn des Jahres war die Rübenmenge um 20 000 auf 680 000 Tonnen heraufgesetzt worden (NZZ, 13, 17.1.80); vgl. auch IBZ, 11, 13.3.80 (J.-C. Piot); Lib., 286, 11.9.80. Zu den Auswirkungen der Sparbemühungen des Bundes auf die Zuckerwirtschaft vgl. unten, Pflanzliche Produktion.
[10] Forderungskatalog: Presse vom 23.4.80 und 27.11.80. BR-Beschlüsse: Presse vom 26.6.80 (Sommerbeschlüsse); Presse vom 17.7.80 und 14.8.80 (Schlechtwettermassnahmen); Presse vom 16.12.80 (Dezemberbeschlüsse); vgl. auch NZZ, 294. 17.12.80. Zur Kritik seitens der Bauernsame vgl. LNN, 292, 17.12.80; Vat.. 294, 19.12.80; TLM, 358, 24.12.80; vgl. zudem Bund (sda), 149, 28.6.80; TA, 156, 8.7.80; 24 Heures, 162, 14.7.80; Blick, 182, 7.8.80. Zum Schlachtviehmarkt vgl. auch unten, Tierische Produktion.
[11] Presse vom 16.12.80; Union, 34, 17:12.80. Zu Rücktrittsforderungen an die Adresse des Amtsvorstehers vgl. 24 Heures, 162, 14.7.80; TA, 188, 15.8.80.