Année politique Suisse 1980 : Bildung, Kultur und Medien / Bildung und Forschung
 
Forschung
Zu seiner seit 1973 in der Verfassung verankerten Aufgabe, die Forschung zu fördern und zu koordinieren, fehlt dem Bund immer noch ein Ausführungserlass. Der Bundesrat leitete im Herbst einen Vorentwurf der Vernehmlassung zu. Dieser übernimmt im wesentlichen die Bestimmungen des 1978 verworfenen Hochschulförderungs- und Forschungsgesetzes, verschärft aber die Kontrolle über Verwendung und Ertrag der eingesetzten Mittel. Er sieht vor, dass die Institutionen der Forschungsförderung — Nationalfonds (SNF), wissenschaftliche Dachorganisationen — wie auch die bundeseigenen Forschungsträger Mehrjahresprogramme und Finanzpläne aufstellen; ausserdem soll die Forschungsstatistik verbessert werden [63]. Die Forschung erhielt — im Gegensatz zu den Hochschulen — in bezug auf die allgemeine 10prozentige Kürzung der Bundesbeiträge keine Ausnahmebehandlung, obwohl sich interessierte Kreise dafür einsetzten [64].
Durch die Beschränkung seiner Mittel sieht sich der SNF, der gegen 1800 jüngere Wissenschafter finanziert, zu Umstellungen veranlasst. Nach Erklärungen des Mediziners A. Pletscher, der auf Jahresende den Philologen O. Reverdin in der Leitung des Fonds ablöste, soll dieser künftig noch ausgeprägter Nachwuchskräfte fördern und sich ausserdem um die wirtschaftliche Verwertbarkeit der Forschungsergebnisse kümmern [65]. Welsche Sozialwissenschafter kritisierten den SNF wegen der Abweisung gesellschaftskritischer Projekte und verlangten, von Linkskreisen unterstützt, eine demokratische Kontrolle der Fondstätigkeit. Die Nationalratskommission für Wissenschaft und Forschung, die sich schon durch die 1979 im Rat vorgebrachte Kritik aus dem Busch geklopft sah, formulierte darauf eine Reihe von Begehren zur Forschungspolitik: u.a. Ausarbeitung eines allgemeinen Konzepts und Festlegung von Prioritäten, breitere Berücksichtigung der wissenschaftlichen Richtungen und der verschiedenen Forscherkreise bei der Gewährung von Beiträgen und schliesslich Schaffung einer unabhängigen Rekursinstanz [66]. Von parlamentarischer Seite erfolgte auch ein neuer Vorstoss für ein nationales Konfliktforschungsinstitut [67]; inzwischen wurde in Genf ein solches auf privater Basis gegründet [68].
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P.G.
 
[63] LNN, 233, 7.10.80; NZZ, 233, 7.10.80. Vgl. SPJ, 1973, S. 135; 1976, S. 145 f.; 1978, S. 139 f.; 1979, S. 158.
[64] AS, 1980, S. 1494 ff. Interessierte Kreise: NZZ, 128, 5.6.80 (Gesellschaft für Hochschule und Forschung); 151, 2.7.80 (NR Hofmann, svp, BE); ferner NZZ (sda), 133, 11.6.80 (Wissenschaftsrat).
[65] 24 Heures, 165, 17.7.80; JdG, 229, 1.10.80; 230, 2.10.80. Vgl. auch NZZ, 89, 17.4.80.
[66] Kritik: JdG, 122, 28.5.80; vgl. TA, 126, 3.6.80; Ww, 28, 9.7.80. NR-Kommission: Amtl. Bull. NR, 1980, S. 1541 ff. (Bericht und Überweisung eines Postulats). Vgl. SPJ, 1979, S. 157 f., ferner G. Latzel, Prioritäten der schweizerischen Forschungspolitik im internationalen Vergleich: die nationalen Forschungsprogramme, Bern 1979.
[67] Parlamentarische Initiative Ott (sp, BL) ( Verhandl. B.vers., 1980, I, S. 17). Vgl. SPJ, 1975, S. 146 sowie EMD verhindert Friedensforschung, hrsg. vom Schweiz. Friedensrat, Zürich 1980.
[68] Geneva International Peace Research Institute (GIPRI); vgl. Presse vom 12.6.80; TA, 255, 1.11.80; 24 Heures, 262, 10.11.80; JdG, 269, 17.11.80.