Année politique Suisse 1981 : Wirtschaft / Landwirtschaft
 
Pflanzliche Produktion
Die zunehmende Rationalisierung der Nahrungsmittelherstellung hat auch bei der pflanzlichen Produktion zu einer technischen Perfektionierung geführt. Damit verbunden ist eine fortlaufende Steigerung des Einsatzes gesundheits- und umweltgefährdender Hilfsstoffe [50]. Das Thema alternativer Landwirtschaftsmethoden hat deshalb weiter an Bedeutung gewonnen [51]. Dies äusserte sich in konkreten Vorstössen auf eidgenössischer und kantonaler Ebene. Hiebei ging es um den Erlass von Deklarationsvorschriften für Produkte des sogenannten biologischen Landbaus, um einen Bericht über die Erforschung der ökologischen Auswirkungen insbesondere alternativer Anbaumethoden sowie um die Einrichtung entsprechender Beratungsdienste [52].
Eher quantitativen Anliegen galten die Diskussionen um den Anbau von Zuckerrüben, Tabak und Wein. Bei diesen Produkten ist der Selbstversorgungsgrad relativ gering, so dass ein grösserer Absatz möglich erscheint. Einem solchen stehen allerdings die günstigeren Preise für vergleichbare Importware entgegen, weshalb mehr oder weniger kostspielige Schutz- und Ausgleichsmassnahmen getroffen werden [53]. Beim Zucker entsprach der Bundesrat den bäuerlichen Begehren nach besserer Ausschöpfung bestehender Produktionsreserven und erhöhte die preisgarantierte Zuckerrübenmenge erneut (um 50 000 auf 800 000 Tonnen). Das zusätzliche Kontingent soll vorab Produzenten zugeteilt werden, die bereit sind, keine Verkehrsmilch abzuliefern [54]. Dem Bau einer dritten, in der Westschweiz gelegenen Zuckerfabrik, wie er von Vertretern der welschen Zuckerrübenpflanzer auf verschiedenen parlamentarischen Ebenen gefordert wurde, stehen die Behörden freilich skeptisch gegenüber [55]. Einig waren sich die Bauernvertreter und der Bundesrat dafür in der Absicht, die Bundesbeiträge an die «Zuckerrechnung» soweit möglich abzubauen und die Verteuerung des Zuckers ganz auf die Verbraucher abzuwälzen. Aufgrund des Widerstandes seitens der Nahrungsmittelindustrie wurde dieser Vorschlag vorläufig zurückgezogen; er soll aber im Rahmen eines neuen Sparprogramms zur Sanierung der Bundesfinanzen wieder zur Sprache kommen [56].
Erste Resultate zeigten ähnliche Bemühungen beim Tabak. Anlässlich der Beratungen des Budgets 1982 überwies der Nationalrat eine Motion seiner Finanzkommission zur Aufhebung des Bundesbeitrages von jährlich 20 Mio Fr. für den Tabakanbau. Obschon die bezahlten Subventionen von rund 28 000 Fr. pro ha (vergleichsweise 1240 Fr. beim übrigen Ackerbau) höher ausfallen als der Ertrag, soll der einheimische Tabakanbau erhalten bleiben. Zu diesem Zweck sieht der Vorstoss zugleich eine obligatorische Übernahmepflicht der Tabakindustrie zu kostendeckenden Preisen vor. Die entsprechende Verteuerung der Tabakverarbeitung soll auf die Konsumenten abgewälzt werden [57].
Vor allem infolge einer Mangelernte im Vorjahr stiegen die Weinpreise massiv an. Die Freigabe ausserordentlicher Importkontingente wurde unausweichlich [58]. Das hatte lebhafte Kontroversen um die Liberalisierungsforderungen des Handels einerseits und die protektionistischen Anliegen der Produzenten anderseits zur Folge [59]. Dass sich die Situation auch für die Konsumenten weiterhin zuspitzen dürfte, wurde nicht nur auf die abermals sehr unterdurchschnittliche Lese, sondern auch auf den preistreibenden Kontingenthandel zurückgeführt [60].
 
[50] Zum Problem der Überdüngung und zu weiteren Belangen des Umweltschutzes vgl. unten, Teil I, 6d (Gewässerschutz).
[51] Union, 17, 13.5.81; Woche, 5, 9.10.81; TW, 301, 24.12.81. Zur Kritik am «Bio-Anbau» vgl.IBZ, 5, 29.1.81.
[52] Deklarationsvorschriften : Amtl. Bull. NR, 1981, S. 635 ff. (als Postulat überwiesene Motion Neukomm, sp, BE); vgl. auch SPJ, 1980, S. 88. Bericht: Amtl. Bull. NR, 1981, S. 637 (überwiesenes Postulat Schalcher, evp, ZH); vgl. auch NZZ, 110, 14.5.81. Beratungsdienste: BaZ, 94, 23.4.81 (Lancierung einer kantonalzürcherischen Volksinitiative der Grünen Partei für eine «biologische Landwirtschaftsberatung»).
[53] Zu Forderungen nach Importschutzmassnahmen für die Gartenbaubetriebe vgl. LNN, 262, 11.11.81; Ww, 47, 18.11.81. Zum Importschutz allgemein vgl. R. Horber, Die schweizerische Agrarimportkonzeption, Diessenhofen 1981.
[54] NZZ, 40, 18.2.81; Bund, 176, 31.7.81; Lib., 255, 6.8.81. Vgl. auch Amt. Bull. NR, 1981, S. 633 f. (Postulat Spreng, fdp, FR) sowie SPJ, 1980, S. 83.
[55] Behörden : 24 Heures, 216, 17.9.81; NZZ, 215, 17.9.81. Zuckerrübenpflanzer: Motion im Grossen Rat von VD (24 Heures, 187, 14.8.81; Suisse, 226, 14.8.81; 277, 4.10.81); Vorstoss im Grossen Rat von FR für eine Standesinitiative (24 Heures, 216, 17.9.81); Motion Teuscher, svp, VD ( Verhandl. B. vers., 1981, II, S. 74 f.).
[56] Ldb, 35, 12.2.81; BaZ, 77, 1.4.81; Bund, 218, 18.9.81. Vgl. auch SPJ, 1980, S. 89.
[57] Amtl. Bull. NR, 1981, S. 1588 ff. Vgl. auch Amtl. Bull. StR, 1981, S. 523 sowie Ww, 50, 9.12.81; LNN, 287, 11.12.81; TA, 302, 30.12.81.
[58] TW, 47, 16.2.81; Ww, 10, 4.3.81; Presse vom 14.3.81; NZZ, 292, 16.12.81.
[59] Handel : Vat., 111, 14.5.81; 24 Heures, 113, 16.5.81; NZZ, 170, 25.7.81; über eine Attacke der Firma Denner gegen das EVD betreffend Zollzuschläge auf Rotweinimporten vgl. Presse vom 2.12.81. Produzenten: Presse vom 15.5.81; SGT, 231, 3.10.81.
[60] Lese : 24 Heures, 223, 26.9.81; Bund, 287, 8.12.81; NZZ, 294, 18.12.81. Kontingenthandel: NZZ, 95, 25.4.81; Ww, 48, 25.11.81; Suisse, 361, 27.12.81; W. Linder, «Kontingente – Quelle von „arbeitslosen” Einkommen», in Schweizer Monatshefte, 61/1981, S. 168 f. Kontingente wurden bis zu 1.30 Fr. pro l Wein gehandelt.