Année politique Suisse 1981 : Wirtschaft / Landwirtschaft
 
Boden- und Pachtrecht
Soll der im Forstrecht seit mehr als 100 Jahren verankerte absolute Schutz des Waldareals für die Revision des bäuerlichen Bodenrechts als Vorbild gelten? Eine integrale Erhaltung des bäuerlichen Bodens, wie sie von Agrarexperten angeregt wurde, stiess allerdings auf die Ablehnung von Juristen, die dadurch die verfassungsmässigen Eigentumsrechte zu stark gefährdet sahen. Auf einen verstärkten Schutz des landwirtschaftlichen Areals zielt auch die neue «Stadt-Land-Initiative gegen die Bodenspekulation», auf die wir an anderer Stelle zu sprechen kommen; sie wird von dissidenten Bauerngruppen unterstützt. In Kreisen des SBV glaubt man dagegen, die bodenrechtlichen Reformbestrebungen auf der bestehenden Verfassungsgrundlage realisieren zu können. Im Vordergrund steht das Postulat einer möglichst konsequenten Bevorzugung des Selbstbewirtschafters beim Erwerb landwirtschaftlichen Bodens. Infolge des Auseinanderklaffens von Verkehrs- und Ertragswert ist es jedoch sehr schwierig, den landwirtschaftsfremden und spekulativen Bodenerwerb zu verhindern. Bestehende Lücken sollen namentlich mit einem Vorkaufsrecht für Selbstbewirtschafter sowie einem ausgedehnten Einsprache- und Bewilligungsverfahren bei der Veräusserung von Landwirtschaftsbetrieben geschlossen werden [65]. Im Kanton Genf bewies ein Grossratsbeschluss, dass bereits auf Grund des geltenden Rechts eine Einsprachemöglichkeit zur Spekulationsabwehr gewährt werden kann [66].
Weiter als die Bodenrechtsreform ist die Revision des Pachtrechts gediehen. Der vom Bundesrat verabschiedete Entwurf zu einem neuen Bundesgesetz über die landwirtschaftliche Pacht ist darauf ausgerichtet, die rechtliche Stellung des Pächters zu verstärken [67]. Hauptneuerungen sind ein verbesserter Kündigungsschutz und Massnahmen gegen die parzellenweise Verpachtung ganzer landwirtschaftlicher Heimwesen. Im Interesse des Verpächters wird dagegen eine Anpassung der Pachtzinse an die Entwicklung auf dem Hypothekarmarkt ermöglicht. Kreise, die den Eigentümerinteressen nahestehen, äusserten schwerste Bedenken gegen den Entwurf, da er wie die Revisionsvorlage zum Mietrecht zu interventionistisch sei und gegen die Eigentumsgarantie verstosse [68].
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F.P.
 
[65] Agrarexperten und Juristen: BaZ, 250, 26.10.81; NZZ, 248, 26.10.81. SBV: Presse vom 25.11.81 (Delegiertenversammlung); vgl. auch die als Postulate überwiesenen Motionen Gehen (na, BE) und Nussbaumer (cvp, SO) sowie ein überwiesenes Postulat Merz (sp, AR) in Amtl. Bull. NR, 1981, S. 401 u. 855 ff. Zum Problem der preistreibenden, da kapitalkräftigen «Bauland-Bauern» vgl. NZZ, 193, 22.8.81. Zur «Stadt-Land-Initiative» vgl. unten, Teil I, 6c (Droit foncier).
[66] Vgl. unten, Teil II, 3b.
[67] BBl, 1982, I, S. 257 ff.; Presse vom 12.11.81 ; vgl. auch SPJ, 1980, S. 89. Der Anteil des Pachtlandes an der landwirtschaftlichen Betriebsfläche beträgt 36,3% (Information des Bundesamtes für Statistik).
[68] Eigentümerinteressen: wf, Dok, 46, 16.11.81. SBV: Presse vom 25.11.81 (Delegiertenversammlung des SBV); vgl. auch Union, 20, 24.6.81. Zum Mietrecht vgl. unten, Teil I, 6c (Protection des locataires).