Année politique Suisse 1981 : Sozialpolitik / Soziale Gruppen / Ausländischen Bevölkerung
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Ausländergesetz
In der Diskussion um eine neue Ausländerpolitik stand das in Revision begriffene Ausländergesetz der «Mitenand»-Initiative als «materieller Gegenvorschlag» gegenüber [7]. Während das geltende Gesetz für die Umwandlung einer Saisonbewilligung in eine Jahresaufenthaltsbewilligung 36 Monate Anwesenheit im Verlaufe von vier Jahren vorschreibt, hatte der Bundesrat in seiner Vorlage eine Dauer von 35 Monaten empfohlen. Im Gegensatz zum Ständerat war der Nationalrat dem Bundesrat in diesem Punkte nicht gefolgt und hatte sich 1980 für eine Dauer von 28 Monaten in vier Jahren ausgesprochen. Dieser Beschluss orientierte sich an der tatsächlichen durchschnittlichen Aufenthaltsdauer der Saisonarbeitskräfte. Nachdem die Ständeratskommission Ende Januar 1981 teilweises Festhalten am Bundesratsentwurf signalisiert hatte, setzte sich in der Differenzbereinigungsdebatte des Ständerates im März ein Kompromissantrag auf 32 Monate durch [8]. Die starke Verwerfung der «Mitenand»-Initiative führte nun dazu, dass die Nationalratskommission am Tage nach der Abstimmung auf die Linie des Ständerates einschwenkte; die grosse Kammer folgte ihrem Antrag.
Auch in der Frage der Umwandlung einer Aufenthalts- in eine Niederlassungsbewilligung rückte der Nationalrat vom im Vorjahr gefassten Beschluss ab und erhöhte die geforderte Frist von 5 auf 10 Jahre ununterbrochenen Aufenthalts in der Schweiz. Damit fand er sich wieder in Übereinstimmung mit dem Bundesratsentwurf und dem Beschluss des Ständerates [9].
Die Beratung des neuen Ausländergesetzes stand schon seit dem Vorjahr unter der Referendumsdrohung der Nationalen Aktion. An deren Delegiertenversammlung im April sprach sich Nationalrat F. Meier (ZH) für einen Appell ans Volk aus, der als Prüfstein über die politische Weiterexistenz seiner Partei entscheiden werde. Ermutigt durch das schlechte Abschneiden der «Mitenand»-Initiative ergriff die Nationale Aktion dann tatsächlich das Referendum, das mit 85 979 gültigen Unterschriften auch zustandekam [10]. Im Juni hatte die Schweizerische Gewerbekammer nur mit Stichentscheid des Präsidenten beschlossen, dass ihr Verband nicht selbst eine entsprechende Aktion durchführen und sich auch nicht an der Unterschriftensammlung der Nationalen Aktion beteiligen solle. Die «Arbeitsgemeinschaft Mitenand» entschied sich dagegen für die Unterstützung des neuen Ausländergesetzes in der Abstimmung vom 6. Juni 1982 [11].
Infolge der Bekämpfung des Ausländergesetzes von fremdenfeindlicher Seite rückte die Diskussion um das Saisonnierstatut in den Hintergrund. Von einer Annahme des Gesetzes durch das Volk erwartete man, dass sie die Chancen einer baldigen Ratifizierung der Europäischen Sozialcharta vergrössern werde [12].
 
[7] SGT, 12, 16.1.81; wf, Dok., 10, 9.3.81; LNN, 72, 27.3.81; Bund, 73, 28.3.81; 77, 2.4.81; Suisse, 88, 29.3.81.
[8] Presse vom 30.1.81; SGB, 107, 29.3.81. Den Kompromissantrag stellte Egli (cvp, LU).
[9] Kommission: NZZ, 81, 7.4.81; Presse vom 8.4.81; TW, 85, 11.4.81. Nationalrat: Amtl. Bull. NR, 1981, S. 488 ff.; Presse vom 3. u. 4.6.81. Ständerat: Amtl. Bull. StR, 1981, S. 257 ff.; Presse vom 11.6.81; BBl, 1981, II, S. 568 ff.
[10] Referendumsdrohung: BaZ, 81, 6.4.81. Delegiertenversammlung: TA, 96, 27.4.81. Vorbereitung und Ankündigung: Lib., 202, 3.6.81; TA, 132, 11.6.81; SGT, 135, 13.6.81; Presse vom 26.6.81. Zustandekommen : BBl, 1981, II1, S. 292.
[11]Gewerbekammer: SGZ, 27, 2.7.81; NZZ, 217, 19.9.81. Arbeitsgemeinschaft: NZZ, 290, 14.12.81.
[12] Bund, 108, 11.5.81 ; 24 Heures, 108, 11.5.81; Vr, 253, 30.12.81. Sozialcharta : SPJ, 1980, S. 41 f ; BaZ, 26, 31.1.81; 24 Heures, 25, 31.1.81. Vgl. auch oben, Teil I, 1b (Grundrechte).