Année politique Suisse 1982 : Grundlagen der Staatsordnung / Rechtsordnung
 
Grundrechte
Das Thema der Grundrechte lieferte der Öffentlichkeit auch 1982 wieder Diskussionsstoff, etwa beim Datenschutz, über den ein seit langem angekündigtes Bundesgesetz im Entwurf immer noch nicht abgeschlossen wurde. Die Erfahrungen mit der Europäiischen Menschenrechtskonvention ergaben nach Auffassung der Behörden für die Schweiz eine recht günstige Bilanz, ist doch unser Land in Strassburg bis 1982 noch nie wegen Grundrechtsverletzungen verurteilt worden. Einzelne heikle Fälle sind allerdings dort noch hängig, und bald kommt wahrscheinlich jener der vier Anwälte hinzu, die wegen ihres Verhaltens vor Gericht bei der Verteidigung deutscher Terroristen mit einem befristeten Berufsverbot belegt worden sind [1]. Wer durch Tatsachendarstellungen in Presseartikeln oder in Radio- und Fernsehsendungen in seiner Persönlichkeit verletzt wird, soll als «unmittelbar Betroffener» fortan das Recht auf eine rasche und angemessene Gegendarstellung erhalten, falls eine vom Bundesrat empfohlene Gesetzesänderung durchdringt [2]. Fragen um Grundrechte stellen schliesslich zwei Volksinitiativen aus dem Jahre 1980. Jene der Zeitschrift «Beobachter» verlangt Verbesserungen für die Opfer von Gewaltverbrechen. Der Bundesrat beantragt nun dem Parlament einen Gegenvorschlag, der vor allem einen Fonds vorsieht, aus welchem Opfer von Straftaten gegen Leib und Leben zu entschädigen wären. Die Initiative «Recht auf Leben» will besonders das noch ungeborene Kind verteidigen und nennt deshalb als Beginn des Lebens ausdrücklich den Augenblick der Zeugung. Der Bundesrat sähe auch hier lieber einen Gegenvorschlag, der mit der Formulierung aus dem Totalrevisionsentwurf von 1977 im wesentlichen das bisher alpgemein anerkannte ungeschriebene Grundrecht ausdrücklich in die Verfassung aufnimmt [3].
 
[1] Datenschutz: Presse vom 28.5.82 und vom 5.8.82; SGT; 86, 15.4.82; Bund, 268, 16.11.82. Vgl. SPJ, 1981, S. 13. Menschenrechtskonvention: Presse vom 17.7. und 20.7.82. Berufsverbot: Presse vom 26.11.82.
[2] BBl, 1982, II, S. 636 ff. Vgl. unten, Teil I, 8c (Medienordnung).
[3] Recht auf Leben: Presse vom 18.11.82 und SPJ, 1980, S. 14 f.; vgl. auch unten, Teil I, 7d (Avortement). Opfer von Gewaltverbrechen: Presse vom 21.12.82 und SPJ, 1980, S. 124 f.