Année politique Suisse 1982 : Grundlagen der Staatsordnung / Institutionen und Volksrechte
 
Parlament
Das Parlament führte seinen Betrieb in den gewohnten Formen weiter, und die Bestrebungen für eine Reform des Geschäftsverkehrsgesetzes kamen nur wenig vorwärts. Eine seit langem für diesen Problemkreis eingesetzte Kommission regte in ihrem Bericht einige Neuerungen an. So möchte sie, dass Volksvertreter künftig ihre wirtschaftlichen Bindungen offenlegen müssen und dass Beamte, welche vor Parlamentsausschüssen aussagen, gegen Vergeltungsmassnahmen der Verwaltung besser geschützt werden als bisher. Diesen Wunsch betrachtete der Bundesrat als Misstrauenskundgebung und lehnte ihn ab. Beschlüsse über diese Vorschläge fasste 1982 noch keiner der beiden Räte [8].
Eine Situation ohne Präzedenzfälle ergab sich im Frühjahr im Ständerat, als sein Präsident Jost Dillier (cvp, OW) an der Landsgemeinde in Samen als Vertreter seines Halbkantons nicht mehr bestätigt wurde. Die Kleine Kammer wählte darauf den Freiburger Pierre Dreyer (cvp) für den Rest der Amtszeit zum Vorsitzenden, während Walter Weber (sp, SO) Vizepräsident blieb und im Dezember die Leitung des Rates für ein volles Jahr übernahm [9]. Viel zu reden gab eine Direktübertragung des Fernsehens über die Verhandlungen des Nationalrates zum Umweltschutzgesetz. Sie fand in der Öffentlichkeit kein gutes Echo, obwohl nach Angaben der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) die Einschaltquoten hoch gewesen waren. Jedenfalls beschlossen zuletzt beide Kammern, im Interesse eines ungestörten parlamentarischen Betriebes künftig auf derartige Sendungen zu verzichten [10]. Mit dem Stichentscheid seines Präsidenten verlangte der Ständerat in einer Motion, dass auch für seinen eigenen Saal eine Simultanübersetzungsanlage eingerichtet werde, wie sie der Nationalrat bereits seit langem besitzt. Verschiedene Mitglieder, aber auch Pressekommentare bedauerten, dass damit die Vorstellung aufgegeben werde, als ob im Ständerat jedermann die beiden verbreitetsten Landessprachen verstehe, doch scheint dieses Idealbild heute ohnehin nicht mehr der' Wirklichkeit zu entsprechen [11]. Da und dort warfen die kommenden Wahlen von 1983 bereits ihre Schatten voraus. Die Mandatsverschiebungen im Nationalrat als Folge der Volkszählung von 1980 blieben gering. Einzig Basel-Stadt muss einen Sitz an die Waadt abtreten. Mehrere Parlamentarier kündigten schon jetzt an; sie würden nach Ablauf der. Legislaturperiode nicht mehr zur Wiederwahl antreten [12].
 
[8] BBl, 1982, I, 5.1118 ff. und II, S. 337 ff. Vgl. SPJ, 1981, S. 23.
[9] Amtl. Bull. StR, 1982, S. 185 ff.; Presse vom 26. und 27.4.82; Lib., 180, 6.5.82 und 183, 10.5.82.
[10] Amtl. Bull. NR, 1982, S. 1123 f., 1467 f., 1469 f. ; Amtl. Bull. StR, 1982, S. 212 ; Presse vom 9.3.82; Woche, 10, 12.3.82; Einschaltquoten : NZZ, 124, 2.6.82.
[11] Amtl. Bull. StR, 1982, S. 504 ff.; Presse vom 7.10.82; Ww, 46, 17.11.82; BaZ, 269, 17.11.82.
[12] NZZ, 20, 26.1.82.