Année politique Suisse 1982 : Wirtschaft / Allgemeine Wirtschaftspolitik
Strukturpolitik
Die wichtigste Handlung der eidgenössischen Strukturpolitik bestand im Berichtsjahr in der Verabschiedung eines Bündels von «Massnahmen zur
Förderung der technologischen Entwicklung und Ausbildung», welches die Nachfolge des auf Ende 1982 auslaufenden ersten Impulsprogramms antritt. Enthalten sind darin namentlich die Gründung einer Schule für Wirtschaftsinformatik sowie Weiterbildungskurse im Bereich der rechnerunterstützten Konstruktionstechniken und der Bauwirtschaft (sog. Haustechnik). Daneben soll die anwendungsorientierte Forschung auf dem Gebiet der Mess- und Regeltechnik finanzielle Beihilfen erhalten. Die Massnahmen belasten den Bund mit 51 Mio Fr., verteilt auf sechs Jahre. Sie fanden in der Öffentlichkeit eine gute Aufnahme, und auch Wirtschaftsvertreter charakterisierten sie als taugliche Mittel zur Verbesserung der ökonomischen Rahmenbedingungen. Das Parlament stimmte diesem zweiten Impulsprogramm oppositionslos zu
[19].
Für die Juraregion, wo die einem ausgeprägten Strukturwandel unterworfene
Uhrenindustrie vielerorts dominierender Erwerbszweig ist, drängten sich zusätzliche Massnahmen auf. Das bemische Parlament hiess die Gewährung von Kostenbeiträgen an Investitionsvorhaben von Kleinbetrieben im Seeland und Jura gut und hofft, damit rund 400 Arbeitsplätze zu erhalten oder neu zu schaffen. Zudem werden in den Kantonen Bern, Jura, Neuenburg und Solothurn gezielte Ausbildungsprogramme für Arbeitslose angeboten; der Bund seinerseits verlängerte für Stellenlose dieser Region die Bezugsdauer der Leistungen der Arbeitslosenversicherung
[20].
Die notwendige Anpassung an den technologischen Fortschritt bereitet
Klein- und Mittelbetrieben oft spezielle Mühe, da sie mit der Aufnahme von Risikokapital Schwierigkeiten haben. Während Wirtschaftskreise eher steuerrechtliche Lösungsversuche zu bevorzugen scheinen, empfiehlt eine vom Bundesrat eingesetzte Expertengruppe die Bildung einer gemischtwirtschaftlichen Innovationsrisikogarantie nach dem Vorbild der in den Bereichen Export und Investitionen in Entwicklungsländern bereits bestehenden Fonds. Der Nationalrat überwies seinerseits ein Postulat der Sozialdemokratin Deneys (NE), mit dem die Gründung einer derartigen Institution angeregt wird
[21].
Der Erlass spezieller Vorschriften für den Fall einer Übernahme der Aktienmehrheit schweizerischer Firmen durch im Ausland domilizierte Personen oder Gesellschaften wird vom Parlament nicht für opportun gehalten. Der Nationalrat lehnte eine entsprechende Motion Meizoz (sp, VD) ab, in der unter anderem die Genehmigungspflicht durch die Belegschaft und die Bevölkerung der Region sowie eine Garantieerklärung für die Erhaltung der Arbeitsplätze gefordert worden war
[22].
[19] BBl, 1982, I, S. 1263 ff.; Amtl. Bull. NR, 1982, S. 1278 ff; Amtl. Bull. StR, 1982, S. 360 ff.; BBl, 1982, III, S.171; wf Dok., 6, 8.2.82.
[20] SZ, 161, 14.7.82; 200, 28.8.82; Suisse, 189, 8.7.82; Bund, 269, 17.11.82; BaZ, 303, 28.12.82. Siehe auch unten, Teil I, 7c (Assurance-chômage). Vgl. im weitern die Interpellationen der Nationalräte Crevoisier (psa, BE) und Rothen (sp, SO) zur Lage in der Uhrenregion (Amtl. Bull. NR, 1982, S. 945 ff.). Im Aargau sprach sich die Regierung gegen die staatliche Förderung der Industrieansiedlung aus und empfahl eine entsprechende sozialdemokratische Volksinitiative zur Ablehnung (Vr, 111, 11.6.82; SPJ, 1980, S. 58). Siehe allgemein dazu auch E. A. Brugger, H. Flückiger und K. Müller, Wirtschaftlicher Strukturwandel aus regionalpolitischer Sicht, Diessenhofen 1982 sowie J: P. Bonny, «Kann und soll der Staat Strukturpolitik betreiben?», in Documenta, 1982, Nr. 2, S. 29 ff. Vgl. im weitern die Aufsätze von G. Fischer, J. Kubes, J. Bloque und B. Kunz in Revue économique et sociale, 40/1982, Nr. 2, S. Guindani, Maldéveloppement régional et identité: pour un développement endogène, Lausanne 1982 sowie J.-P. Bonny, «Staat und Wirtschaft in schwieriger Zeit: Möglichkeiten und Grenzen staatlicher Tätigkeit im Bereich der Arbeitsmarkt- und Regionalpolitik», in Ordo et Libertas. Festschrift für Gerhard Winterberger, Bern 1982, S. 201 ff.
[21] K. Schüle, «Förderung der Risikokapitalbildung», in Wirtschaftspolitische Mitteilungen, Nr. 7, Zürich 1982; Gesch.ber., 1982, S. 258 f.; Amtl. Bull. NR, 1982, S. 971.
[22] Amtl. Bull. NR, 1982, S. 1295 ff.
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