Année politique Suisse 1982 : Wirtschaft / Geld, Währung und Kredit
 
Banken
Bei den Banken führte die Wirtschaftsrezession zu einem verringerten Bilanzenwachstum (7,2% anstelle von 9,3% 1981). Insbesonders bei der Gewährung von Darlehen an ausländische Schuldner zeigten sich die Banken wesentlich zurückhaltender. Aber auch die einheimischen Kunden beanspruchten — mit Ausnahme der um 9,2% gestiegenen Hypothekardarlehen — weniger Kredite als im Vorjahr. Bei den Passiven wirkte sich die Normalisierung der Zinsrelationen aus. Die in den vorangegangenen Jahren konstatierte Verlagerung von den Sicht- und Spareinlagen zu den Terminkonten konnte gebremst werden. Dank der Erhöhung der Sparheftzinsen expandierte diese Sparte relativ stark. ;Die damit eingetretene Verbesserung der Struktur der Kundengelder zeitigte günstige Kornsequenzen für die Ertragslage der Banken. Der internationale Zinsabbau führte hingegen zu einer Abnahme des Volumens der Treuhandanlagen um 6,4% [10].
Wie wir im entsprechenden Sachzusammenhang darstellen, konnten 1982 beim Projekt einer Sondersteuer für bestimmte Bankgeschäfte keine Fortschritte erzielt werden [11]. In der vorberatenden Nationalratskommission wurde zusätzlich zu den beiden vorliegenden Varianten (Verrechnungssteuer von 5% auf den Erträgen von Treuhandanlagen resp. 35% auf den Erträgen ausländischer Frankenanleihen) noch die Erhebung einer Stempelsteuer von 1-1,5 o/oo auf Treuhandanlagen in Erwägung gezogen. Zu einer mehrheitlichen Beschlussfassung gelangte man aber nicht. Die Bankiers opponieren nach wie vor jeglicher Sondersteuer, da sie als Folge davon die Abwanderung ihrer Kunden ins Ausland befürchten [12].
Gerichtsprozesse in Italien, in denen leitende Bankangestellten der Beihilfe zum Devisenschmuggel angeklagt waren, sorgten dafür, dass die schweizerischen Banken weiterhin im Rampenlicht der Öffentlichkeit standen. Aber auch die Einladung an den Genfer Nationalrat Ziegler (sp), als Experte in Sachen Fluchtgelder vor einer französischen Parlamentskommission aufzutreten, erregte einiges Aufsehen. In der schweizerischen Presse wurde bei allem Vorbehalt gegenüber den wenig liberalen Devisenbestimmungen gewisser Nachbarstaaten betont, dass sich die im Ausland operierenden Bankiers nun einmal an die dort geltenden Gesetze zu halten haben [13]. Den in der Schweiz tätigen Banken ist die aktive Beihilfe zu unerlaubten Kapitalausfuhren durch die «Vereinbarung über die Sorgfaltspflicht der Banken bei der Entgegennahme von Geldern und die Handhabung des Bankgeheimnisses» untersagt. Dieses zwischen der Nationalbank und d.er Bankiervereinigung abgeschlossene Abkommen, bei dem das Hauptgewicht auf der Abklärung der Identität der Bankkunden liegt, wurde am 1. Juli 1982 für weitere fünf Jahre verlängert. Es erfuhr dabei eine Verschärfung, indem namentlich sogenannte Kompensationsgeschäfte zur Umgehung von Devisenausfuhrbestimmungen verboten werden, ebenso wie das Führen von Konten für inländische Personen und Gesellschaften, die im Kapitalfluchtgeschäft tätig sind. Die Identitätsfeststellung, welche die Voraussetzung dafür bietet, dass die Banken ihrer Auskunftspflicht bei Strafverfolgungen nachkommen können, wurde auf Geschäfte am Barschalter erweitert, falls diese einen bestimmten Betrag übersteigen [14].
Wesentlich einschränkendere Vorschriften möchte eine 1979 von den Sozialdemokraten eingereichte Volksinitiative einführen. So soll sich die Auskunftspflicht der Banken gegenüber in- und ausländischen Behörden auch auf Fälle der Steuerhinterziehung und des Kapitalexports erstrecken. Im weitern sollen die Publizitätsbestimmungen erweitert und sämtliche Beteiligungen offengelegt werden, wobei die höchstzulässigen wirtschaftlichen Verflechtungen durch ein Gesetz definiert würden. Als letzter Punkt wird die Schaffung einer obligatorischen Einlageversicherung postuliert. Der Bundesrat bekundet in seiner im Berichtsjahr veröffentlichten Botschaft für einige dieser Anliegen ein gewisses Verständnis, die Lösungsvorschläge gehen ihm aber mit Ausnahme der Einlageversicherung zu weit. Er lehnt deshalb das Volksbegehren ab und stellt ihm auch keinen Gegenvorschlag gegenüber. Er weist in seiner Begründung darauf hin, dass bestimmte Neuerungen, wie etwa die Aufhebung des Bankgeheimnisses bei Ermittlungen wegen Steuerbetrugs, bereits beschlossen worden sind und andere, wie etwa die Verbesserung der Transparenz der Bilanzen im Rahmen der zur Zeit laufenden Revisionen des Bankgesetzes und des Aktienrechts, vorgenommen werden können [15]. Die bürgerlichen Parteien und die Bankiervereinigung reagierten auf die Ausführungen des Bundesrates vorwiegend positiv. Für die SP hingegen sind die in der Botschaft angeführten Bestrebungen ungenügend und zudem sei deren Verwirklichung angesichts der bürgerlichen Parlamentsmehrheit noch keineswegs gesichert; sie hält deshalb an ihrer Initiative fest [16].
Der Expertenentwurf für ein totalrevidiertes Bankengesetz, welcher eine Art indirekter Gegenvorschlag zur Bankeninitiative der SP darstellt, wurde kurz vor Ende des Jahres 1982 in die Vernehmlassung gegeben. Wichtigste Neuerungen bilden die Einrichtung einer Versicherung für Spareinlagen und modifizierte Bilanzierungsvorschriften, mit denen die Transparenz verbessert werden soll. Eine Lockerung des Bankgeheimnisses oder die Überführung der oben erwähnten Vereinbarung über die Sorgfaltspflicht bei der Entgegennahme von Geldern in das neue Gesetz ist hingegen nicht vorgesehen [17].
Massiver wirtschaftlicher und politischer Druck aus den USA haben dazu geführt, dass das Bankgeheimnis erstmals auch bei Vorliegen eines Tatbestands aufgehoben werden kann, der zwar im Ausland, nicht aber in der Schweiz strafbar ist. Es handelt sich dabei um Transaktionen an amerikanischen Börsen, bei denen der Verdacht besteht, dass Informationen über Geschäftsgeheimnisse zur Erzielung von Extragewinnen ausgenutzt wurden (sog. Insideroperationen). Mit grosser Eile will der Bundesrat den Gesetzgebungsprozess vorantreiben, um derartige Handlungen auch in der Schweiz zu verbieten und damit die Anwendung des Gesetzes über internationale Rechtshilfe zu ermöglichen. Als Überbrückungsmassnahme einigten sich die Schweizerische Bankiervereinigung und die Börsenaufsichtskommission der Vereinigten Staaten auf ein Abkommen. Darin verpflichten sich die Banken, von Kunden, für die sie an amerikanischen Börsen Geschäfte tätigen, eine Bevollmächtigung zur Preisgabe ihrer Identität im Falle einer Untersuchung der Aufsichtskommission einzuholen [18].
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H.H.
 
[10] SNB, Geschäftsbericht, 75/1982, S. 34 ff.; SBG, Schweizerisches Wirtschaftsjahr 1982, S. 34 ff.
[11] Siehe unten, Teil I, 5 (Einnahmeerhöhungen) und SPJ, 1981, S. 66.
[12] TA, 5, 8.1.82; BaZ, 246, 21.10.82; 269, 17.11.82; Schweiz. Bankiervereinigung, Jahresbericht, 1981/82, S. 28 fl.
[13] Prozesse: BaZ, 7, 9.1.82; NZZ, 9, 13.1.82; 14, 19.1.82; 26, 2.2.82; 35, 12.2.82; TA, 11, 15.1.82; Bund, 12, 16.1.82; vgl. auch SPJ, 1981, S. 66. NR Ziegler: TLM, 35, 4.2.82; 210, 29.7.82; BaZ, 34, 10.2.82; 36, 12.2.82. Französische Regierungsstellen spielten demgegenüber das Thema Fluchtgelder eher herunter. Zu dieser Haltung mag auch beigetragen haben, dass die schweizerischen Kapitalexporte nach Frankreich ausgerechnet im Jahr der Wende zu einer Linksregierung (1981) einen neuen Rekordstand erreicht hatten (24 Heures, 98, 29.4.82).
[14] SNB, Geschäftsbericht, 75/1982, S. 39 ; BaZ, 149, 30.6.82 ;NZZ, 149,1.7.82. Vgl. auch Amtl. Bull. NR, 1982, S. 993 f. und SPJ, 1977, S. 69 sowie 1981, S. 66. Das Problem der Auskunftserteilung erhält durch das auf den 1.1.1983 in Kraft tretende Bundesgesetz über die Internationale Rechtshilfe besondere Aktualität (vgl. dazu SPJ, 1981, S. 18).
[15] BBl, 1982, II, S. 1201 ff.; SPJ, 1979, S. 74. Als Stimme der Banken zu diesem Thema vgl. J. Boller, «Bankenpolitik am Vorabend wichtiger Weichenstellungen», in Wirtschaftspolitische Mitteilungen, Nr. 4, Zürich 1982; N. Senn, Die Schweizer Banken zwischen Politik und Geschäftstätigkeit, Weinfelden 1982 sowie Schweiz. Bankiervereinigung, Jahresbericht, 1981/82, S. 53 ff.
[16] LNN, 191, 19.8.82; SP-Info, 122, 30.8.82.
[17] BBl, 1982, II, S. 1213 ff. und 1239 sowie III, S. 1169; NZZ, 299, 23.12.82. Zur Revision des Kleinkreditgesetzes siehe oben, Teil I, 4a (Konsumentenschutz).
[18] Bundesrat: Amtl. Bull. NR, S. 1446; NZZ, 6, 9.1.82; 203, 2.9.82; 271, 20.11.82; TA, 49, 1.3.82. Vgl. im weitern NZZ, 46, 25.2.82; 111, 15.5.82; 124, 2.6.82; 129, 8.6.82; 183, 10.8.82; 197, 26.8.82; TAM, 46, 20.11.82; Schweiz. Bankiervereinigung, Jahresbericht, 1981/82, S. 94 f. und SPJ, 1981, S. 66 f.