Année politique Suisse 1983 : Allgemeine Chronik / Landesverteidigung / Landesverteidigung und Gesellschaft
Die angestammte Linie sicherheitspolitischen Denkens zeigte sich in den Vorstössen für den Einbezug der Frauen in die Gesamtverteidigung. Anfangs Jahr unterbreitete eine
Studienkommission, welche unter der Leitung der Soziologin R. Meyer den 1979 abgeschlossenen Bericht Weitzel für die Vernehmlassung weiterbearbeitet hatte, die neuen Ergebnisse der Öffentlichkeit. Der Bericht stellt insgesamt acht Varianten zur Auswahl, die von freiwilligen Frauendiensten in ihrer bisherigen Form bis zu einer allgemeinen weiblichen Dienstpflicht mit wiederholten Leistungen im Rahmen der Gesamtverteidigung reichen. Weiter unterscheiden sie sich in der Art, wie Informationen über Anliegen der Sicherheitspolitik verbreitet werden sollen, in der Form der praktischen Ausbildung und in der Frage eines allfälligen Einsatzes im Aktivdienst
[4].
Im sehr breit gestreuten
Vernehmlassungsverfahren, das bis Ende 1983 befristet war, fand der Bericht eine ausgesprochen rege Aufmerksamkeit. 2200 Exemplare wurden bestellt und landesweit eine grosse Zahl von Veranstaltungen abgehalten. Die Stellungnahmen in der Presse zeigten, dass zwischen den politischen Lagern beträchtliche Unterschiede bestehen. Nur die FDP strebt langfristig ein allgemeines Ausbildungsobligatorium mit wiederkehrenden Diensten an. Mit dem Vorwurf, Vorschläge ausserhalb der Gesamtverteidigung seien gar nicht erwogen worden, lehnten es die Sozialdemokraten grundsätzlich ab, auf die Vorschläge der Kommission einzugehen. Von den Interessengruppen der Frauen sprach sich die Eidgenössische Kommission für Frauenfragen gegen ein Dienstobligatorium, jedoch für eine allgemeine Grundausbildung in Katastrophenhilfe aus. Der eher traditionell orientierte Bund schweizerischer Frauenorganisationen stimmte darüber hinaus auch obligatorischen Wiederholungskursen zu. Vom Schweizerischen Roten Kreuz (SRK) wurde eine verstärkte Mitwirkung der Frauen in der Gesamtverteidigung begrüsst. Betont wurde jedoch, dies habe auf freiwilliger Basis und in den bestehenden Organisationen zu geschehen. Kirchliche Vereinigungen gingen zum Friedensbegriff der Kommission auf Distanz, weil er allein auf der Abwesenheit von Krieg beruhe.. Endlich widersetzten sich feministische Gruppen jeglichen Versuchen, Frauen in die Gesamtverteidigung einzubeziehen, mit Vehemenz
[5].
[4] Zentralstelle für Gesamtverteidigung, Einführung in die Gesamtverteidigung, Bern 1984. «Meyer-Bericht»: Zentralstelle für Gesamtverteidigung, Bericht zur Vernehmlassung betreffend die Mitwirkung der Frau in der Gesamtverteidigung, Bern 1982; Presse vom 22.1.83; Ww, 3, 26.1.83; R. Meyer, «Die Mitwirkung der Frauen in der Gesamtverteidigung», in 150 Jahre Schweizerische Offiziersgesellschaft 1833-1983, Sondernummer ASMZ, 1983. Vgl. auch SPJ, 1980, S. 52; 1982, S. 47.
[5] Presse vom 31.12.83; BZ, 4.1.84; 17.1.84. Die Auswertung der Vemehmlassung ist noch im Gange (Presse vom 31.12.83).
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