Année politique Suisse 1983 : Wirtschaft / Geld, Währung und Kredit / Geld und Währung
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Geldpolitik
Der geldpolitische Kurs der Nationalbank erfuhr keine grundsätzliche Änderung. Hauptzielsetzung blieb trotz des Sinkens der Teuerung und der Zunahme der Arbeitslosigkeit die Inflationsbekämpfung. Auf eine massive Ausdehnung der Geldversorgung der Wirtschaft im Hinblick auf eine Ankurbelung der Beschäftigung wurde verzichtet. Das weitgehende Festhalten an der bisherigen Politik gründete auf der Überzeugung, dass sich Arbeitslosigkeit auf lange Sicht nicht durch eine monetäre Expansion beseitigen lässt. Ihren wichtigsten Beitrag zur Dämpfung konjunktureller Schwankungen sah die Nationalbank nach wie vor in der Herbeiführung eines stabilen Preisniveaus. Zur Sicherstellung eines inflationsfreien Wirtschaftswachstums strebt sie längerfristig eine jährliche Vergrösserung der bereinigten Notenbankgeldmenge von höchstens 2 bis 3% an [1].
Die bereinigte Notenbankgeldmenge dient der Nationalbank seit 1980 als direkte geldmengenpolitische Zielgrösse. Sie stellt den von der Währungsbehörde selbst geschaffenen Teil der Geldmenge dar [2]. Für das Berichtsjahr war eine Ausweitung der Zielgrösse um 3 % geplant. Die tatsächliche Zunahme lag mit 3,6% (Vorjahr 2,6%) etwas über diesem Richtwert. Ursache der Zielüberschreitung waren insbesondere Devisenmarktinterventionen der Nationalbank: Im Sommer kaufte die Währungsbehörde Deutsche Mark gegen Schweizer Franken, um ein zu starkes Absinken der Mark zu verhindern. Auf diese Weise schuf sie zusätzliche Liquidität, lockerte also ihre Geldpolitik leicht [3]. Kritische Stimmen aus Presse und Wissenschaft gaben der Befürchtung Ausdruck, dass die Devisenrnarktinterventionen inflationsfördernd wirken könnten. Einige Kommentatoren sprachen von einem Balanceakt zwischen Wechselkurs- und Geldmengensteuerung oder gar von einer «Gratwanderung» der Nationalbank [4]. Von seiten der politischen Parteien und der Wirtschaftsverbände blieb die Geldmengenpolitik der Nationalbank jedoch weitgehend unangefochten.
Die einzelnen Geldmengenaggregate entwickelten sich uneinheitlich. M1 (Bargeld und Sichtguthaben) wuchs um 7,5%, während M2 (M1 plus Termineinlagen) um 3,3% abnahm. M3 (M2 plus Spareinlagen) verzeichnete wie M1 einen Zuwachs, und zwar um 6,7%. Der entgegengesetzte Verlauf der Geldmengen lässt sich auf die verhältnismässig tiefen Zinssätze für Termineinlagen zurückführen. Die geringere Rendite hatte eine Umschichtung dieser Gelder zur Folge, einerseits auf Sichtdepositen und andererseits auf Spareinlagen [5].
Im Einvernehmen mit dem Bundesrat setzte sich die Nationalbank für 1984 erneut eine Ausdehnung der Notenbankgeldmenge um 3% zum Ziel. Mit dieser Erweiterung der Geldversorgung will sie der Wirtschaft genügenden monetären Spielraum für eine .Erholung geben [6].
Die Kontroverse über die Verwendung der Gewinne der Nationalbank hielt im Berichtsjahr an. Der Nationalrat behandelte drei 1982 eingereichte Motionen, die alle auf eine teilweise Heranziehung dieser Gewinne als Finanzquelle des Bundes abzielten. Auf Antrag der Landesregierung überwies die grosse Kammer die Vorstösse lediglich in :Form von Postulaten [7]. Die Nationalbank erzielte 1983 einen Ertragsüberschuss von über 2 Mia Fr. Sie verwendete ihn in erster Linie zur Erhöhung der Rückstellungen, insbesondere derjenigen für Währungsrisiken [8].
 
[1] Zur Konjunkturlage siehe oben, Teil I, 4a. Zu den Grundzügen der Geldpolitik der Nationalbank siehe SNB, Geschäftsbericht, 76/1983, S. 10 und 25 ff.; NZZ, 28.5.83; SAZ, 23, 9.6.83 (F. Leutwiler); vgl. Suisse, 17.2.83; 9.6.83. Vgl. auch Vat., 3.3.83 und Bund, 11.5.83 sowie Chr. Hirszowicz, Schweizerische Bankpolitik, Bern 1983, Teil 3.
[2] Die bereinigte Notenbankgeldmenge besteht aus dem Notenumlauf und den Giroguthaben bei der Nationalbank abzüglich der ultimobedingten Refinanzierungskredite. Vgl. SPJ, 1980, S. 61.
[3] SNB, Geschäftsbericht, 76/1983, S. 10 und 25 f.; SNB, Monatsbericht, Nr. 8, August 1983, S. 3. Vgl. Bund, 16.2.84.
[4] NZZ, 5.8.83; AT, 10.8.83; Bund, 10.8.83; 16.2.84; TA, 10.8.83; BaZ, 12.8.83.
[5] SNB, Geschäftsbericht, 76/1983, S. 26 f.
[6] SNB, Geschäftsbericht, S. 10; vgl. NZZ, 17.12.83 und TA, 17.12.83.
[7] Vorstösse der LdU-EVP-Fraktion, von H. Schmid (sp, SG) und von H.R. Feigenwinter (cvp, BL) (Amtl. Bull. NR, 1983, S. 988 ff.). Vgl. NZZ, 19.3.83; 3.6.83; Suisse, 23.4.83; TW, 23.4.83. Vgl. auch SPJ, 1982, S. 58 und 72 sowie unten, Teil I, 5 (Einnahmen).
[8] SNB, Geschäftsbericht, 76/1983, S. 58 f. Vgl. TW, 11.4.84.