Année politique Suisse 1983 : Wirtschaft / Geld, Währung und Kredit
 
Banken
Eines der beherrschenden Themen in der bankenpolitischen Diskussion stellte im Berichtsjahr die Verschuldung der Entwicklungsländer gegenüber den Industriestaaten dar. Einige Länder der Dritten Welt bekundeten in zunehmendem Masse Mühe, ihre finanziellen Verpflichtungen zu erfüllen. Damit akzentuierte sich für die Kreditgeber — vor allem das westliche Bankensystem — das Problem der sogenannten «Länderrisiken». Die Eidgenössische Bankenkommission betonte allerdings, dass die Schweizer Banken im internationalen Vergleich eine verhältnismässig gute Position einnähmen, sowohl bezüglich der Ausstattung mit Eigenmitteln als auch bezüglich der Länderrisiken. Auf internationaler Ebene wurden 1983 wiederum Aktionen zur Milderung der Verschuldungskrise durchgeführt; dabei nahm der Internationale Währungsfonds (IMF) eine Schliisselstellung ein. Die Schweizerische Nationalbank beteiligte sich im Rahmen der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) an Überbrückungskrediten zugunsten Jugoslawiens und Argentiniens [16].
Angesichts der internationalen Schuldenproblematik erhöhten die schweizerischen Geschäftsbanken ihre Vorsicht. Dies manifestierte sich darin, dass das Volumen der ausstehenden Kredite der 71 monatlich erfassten Banken an öffentliche Schuldner im Auslandbereich Ende 1983 geringer war als vor Jahresfrist; ohne die Teilnahme der Banken an Umschuldungsmassnahmen für einzelne Länder wäre der Rückgang noch deutlicher ausgefallen. Andere Sparten des Bankgeschäfts verzeichneten demgegenüber ein Wachstum. An neuen Mitteln flossen vor allem Spargelder zu, die 1983. erstmals seit langem wieder eine positive Realverzinsung erzielten. Die Bilanzsumme der 71 Banken vergrösserte sich um 7,1 %. Das nicht in den Bilanzen erscheinende Treuhandgeschäft der Banken stieg um 8'/z% auf 181 Mia Fr. [17]. Alle fünf Grossbanken wiesen markant erhöhte Reingewinne aus [18].
Der Nationalrat setzte im Berichtsjahr einen Schlussstrich unter die seit langem hart umstrittenen Vorschläge für eine Verrechnungssteuer auf Erträgen aus Treuhandgeldern und Auslandanleihen. Wie wir an anderer Stelle ausführlich darlegen, lehnte die bürgerliche Mehrheit der grossen Kammer sämtliche zur Diskussion gestellten Steuervarianten ab. Aus der Sicht der SPS stand diese «Null-Lösung» nicht nur im Gegensatz zum Ziel der Sanierung des Bundeshaushaltes, sondern widersprach auch dem Postulat der Steuergerechtigkeit. In Bankenkreisen zeigte man sich erfreut über den Ausgang der Parlamentsdebatte; hier hatte man befürchtet, dass die geplanten Steuern zu einer Abwanderung von Geldern ins Ausland und zu einer Schädigung des Finanzplatzes Schweiz führen würden [19].
Ein weiteres herausragendes bankenpolitisches Thema bildete die Auseinandersetzung um das schweizerische Bankgeheimnis. Von der politischen Linken wurde betont, die besondere Ausgestaltung des Bankgeheimnisses begünstige die Steuerhinterziehung und wirke als Magnet für ausländisches Fluchtgeld. Die Lockerung des Bankgeheimnisses gegenüber den Steuerbehörden und die Verbesserung der internationalen Rechtshilfe in Steuersachen sind wesentliche Punkte der von der SPS 1979 eingereichten Bankeninitiative. Nach dem negativen Entscheid des Bundesrates vom Vorjahr verwarf nun auch das eidgenössische Parlament die Volksinitiative, ohne ihr einen Gegenvorschlag gegenüberzustellen. Neben den Sozialdemokraten setzte sich nur gerade die PdA/PSA/POCHFraktion für das Begehren ein. Als Hauptargumente der Gegner dienten einerseits der Schutz der Persönlichkeitssphäre in Vermögensangelegenheiten und andererseits der Wunsch, die Banken als wichtige Quelle des Wohlstandes der Schweiz in ihrer Handlungsfreiheit nicht zu sehr einzuschränken. Die bürgerlichen Sprecher unterstrichen das Vorhandensein von Mechanismen zur Selbstkontrolle der Banken bei der Entgegennahme von Fremdgeldern; eine zentrale Rolle spiele dabei die Vereinbarung über die Sorgfaltspflicht. Ein Vertreter der LdU/EVP-Fraktion stufte das Volksbegehren als Attacke gegen die liberale Wirtschaftsordnung ein. Votanten der SPS hoben hervor, dass die Initiative sich nicht gegen die Banken richte; deren Tätigkeit müsse aber ethischen und moralischen Kriterien standhalten. Die ungehemmte Annahme von «schmutzigen Geldern» habe das Ansehen der Schweiz im Ausland geschädigt [20].
Im anlaufenden Abstimmungskampf erhielt die sozialdemokratische Bankeninitiative Unterstützung durch den Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB). Zudem startete die Aktion Finanzplatz Schweiz — Dritte Welt eine Kampagne zugunsten des Begehrens ; die Aktion konzentrierte sich dabei auf die Fluchtgeldproblematik. Auf der Seite der Initiativgegner zeichnete sich vor allem ein weitreichendes Engagement der Banken ab [21].
Sehr kontrovers waren die Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens zum Vorentwurf für eine Revision des Bankengesetzes, der gewisse Züge eines indirekten Gegenvorschlags zur Bankeninitiative aufweist. SPS, SGB und Entwicklungshilfeorganisationen lehnten den Vorentwurf als zuwenig weitgehend ab, da von den Forderungen der Initiative nur gerade jene nach einer obligatorischen Einlagenversicherung und nach der Publikationspflicht für die konsolidierten Bankenrechnungen berücksichtigt worden seien. Bei Arbeitgeberverbänden, Bankenorganisationen und bürgerlichen Parteien dagegen löste die Vernehmlassungsvorlage ein eher zustimmendes Echo aus. Die geplante Einlagenversicherung allerdings lehnten sie mehrheitlich ab, ebenso wie die Überführung der pri vaten Vereinbarung über die Sorgfaltspflicht der Banken ins Gesetz. Eine solche Überführung würde jedoch die SPS begrüssen. Die Nationalbank trat für eine gesetzliche Pflicht der Banken zur Prüfung der Identität ihrer Kunden ein [22].
Kurz vor dem Jahresende unterbreitete das EJPD Parteien und Verbänden einen Expertenentwurf zur Vernehmlassung, der sich mit der rechtlichen Regelung der sogenannten Insiderproblematik befasst. Nach dem Entwurf sollen Insider (eingeweihte Kreise), die sich unter Ausnützung von Geschäftsgeheimnissen durch Börsentransaktionen bereichern, künftig bestraft werden können. Ein solche strafrechtliche Norm gäbe insbesondere die Möglichkeit, Rechtshilfegesuchen der USA bei Verstössen gegen die amerikanischen Insidervorschriften zu entsprechen und das Bankgeheimnis in diesen Fällen zu lüften [23].
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R.E.
 
[16] BaZ, 13.4.83 ; 24 Heures, 13.4.83 ; Bund, 7.7.83 ; 26.7.83 ; 27.9.83 ; SNB, Geschäftsbericht, 76/1983, S. 37 ff.; vgl. NZZ, 19.11.83 sowie SNB, Das schweizerische Bankwesen, 67/1982, S. 49 ff.; vgl. auch Schweiz. Bankiervereinigung, Jahresbericht, 1982/83, S. 64 ff.
[17] SNB, Geschäftsbericht, 76/1983, S. 34 ff.; vgl. SNB, Das schweizerische Bankwesen, 67/1982, S. 35 ff. Zum Bankensektor im allgemeinen vgl. Chr. Hirszowicz, Schweizerische Bankpolitik, Bern 1983; vgl. auch «Bankgeschäfte vor neuen gesetzlichen Regelungen», in SBG-Wirtschaftsnotizen, Jan./Febr. 1983 sowie «Die Schweizer Banken in den achtziger Jahren», in SKA-Bulletin, Sept. 1983. Vgl. ebenfalls Ph. de Weck u.a., Finanzplatz Schweiz —Trumpfkarte oder Albtraum, Zürich, Redressement National, 1983.
[18] NZZ, 3.3.84.
[19] Amtl. Bull. NR, 1983, S. 9 ff.; BaZ, 2.2.83; TW, 2.2.83; 24 Heures, 2.2.83; NZZ, 3.2.83; vgl. das Communiqué der SPS vom 1.2.83 sowie Schweizerische Bankiervereinigung, Jahresbericht, 1982/83, S. 34 ff. Vgl. auch SPJ, 1982, S. 60 und 72 sowie unten, Teil I, 5 (Einnahmen).
[20] Amtl. Bull. NR, 1983, S. 400 ff.; Amtl. Bull. StR, 1983, S.169 ff.; BBl, 1983, II, S. 701; Presse vom 16.3.83 und vom 8.6.83; vgl. Schweiz. Bankiervereinigung, Jahresbericht, 1982/83, S. 71 ff.; SGB, 9, 17.3.83; SP-Information, 145, 29.8.83; 8.12.83 sowie SPJ, 1982, S. 61. Zur Vereinbarung über die Sorgfaltspflicht vgl. SPJ, 1982, S.60f.; siehe auch NZZ, 27.9.83; 28.9.83; JdG, 1.10.83; SAZ, 46, 17.11.83.
[21] BaZ, 2.9.83; 24 Heures, 2.9.83; SGB, 25, 8.9.83; vgl. TW, 12.11.83. Vgl. auch unten, Teil IIl b (Bankwesen).
[22] Presse vom 13.12.83; Communiqué des SGB vom 6.7.83; SP-Information, 143, 14.7.83; wf, Dok., 30/31, 25.7.83. Vgl. Amtl. Bull. NR, 1983, S. 533 f. (Interpellation Couchepin, fdp, VS). Viel Aufsehen und auch gerichtliche Untersuchungen verursachten Meldungen, wonach den französischen Zollbehörden eine Liste mit Inhabern von Nummernkonti bei einer Schweizer Grossbank in die Hände gefallen sei : 24 Heures, 8.2.83 ; 3.11.83 ; 4.11.83 ; 14.12.83; JdG, 22.9.83; 4.11.83; BaZ, 6.10.83; NZZ, 18.10.83.
[23] NZZ, 17.11.83 ; 3.12.83 ; TA, 17.11.83 ; vgl. Schweiz. Bankiervereinigung, Jahresbericht, 1982/83, S. 90 ff. und 139 ff. Vgl. auch NZZ, 25.8.83; BaZ, 29.8.83; 23.9.83.