Année politique Suisse 1983 : Wirtschaft / Landwirtschaft
Pflanzliche Produktion
Eine Möglichkeit, die Tierproduktion zu entlasten, wird allgemein in der Förderung der pflanzlichen Produktion gesehen. In dieser Absicht überwies der Nationalrat zwei Motionen des Ständerates zur Erweiterung der Zuckerrübenanbaufläche von 17 000 auf 20 000 ha. Im anschliessend eingeleiteten Vernehmlassungsverfahren zur Revision des Zuckerbeschlusses wurde von Arbeitnehmer- und Konsumentenorganisationen die Kürzung der Subventionen von 25 auf 5 Mio Fr. und die ihr entsprechende Erhöhung des Zuckerpreises um 15 Rp. pro kg kritisiert
[19].
Die veränderten Konsumgewohnheiten, welche in den letzten 20 Jahren den Anteil der Südfrüchte von 24 auf 35% hatten ansteigen lassen, zwangen die Landwirte zu massiven Reduktionen der Anbauflächen von Tafelapfelkulturen. Angesichts der Rekordernte vom Vorjahr führte der Schweizerische Obstverband seine seit 1979 durchgeführte Selbsthilfeaktion weiter und rief zu erneuten Rodungen von
Obstkulturen auf, wobei er die gerodete Hektare Obstkultur mit 6000 Fr. entschädigte. Ziel dieser Massnahme ist es, die Anbaufläche von 5154 ha (1979) auf 4700 ha zu reduzieren. Die Rodungsaktion, der 1983 160 ha Obstgärten zum Opfer fielen, alarmierte das Schweizerische Landeskomitee für Vogelschutz, das den Bestand der Hochstammbäume und damit die Existenz von 35 Vogelarten gefährdet sieht. Die Produzenten jedoch rechtfertigten ihre Bevorzugung der Niederstammkulturen mit der geringeren Unfallgefahr und der Tatsache, dass Niederstammbäume schon ab dem 3. statt erst ab dem 15. bis 20. Lebensjahr Erträge liefern. Um den «Obstberg» des Vorjahres abzutragen, verfügte der Bundesrat ferner ein Importverbot für sämtliche Apfelsorten
[20]. Die saisonunabhängigen Importe von Südfrüchten trübten auch die Freude der Produzenten über die grosse Kirschenernte, von der nur gerade ein Sechstel als Tafelobst verkauft werden konnte. Obwohl die eidgenössischen Räte den Vermarktungskredit für ungebrannte Kirschen von 800 000 auf 2 Mio Fr. erhöhten, mussten zwei Drittel der Ernte zu Kirsch gebrannt werden
[21].
Die Auseinandersetzungen um die Schutzmassnahmen für den inländischen
Wein erhielten durch die «Jahrhunderternten» von 1982 und 1983 neuen Zündstoff. Angesichts einer Überschussmenge von 100 Mio 1 Tessiner und Westschweizer Wein entschloss sich der Bundesrat, aus dem Rebbaufonds 35 Mio Fr. an die Lagerungskosten zu bezahlen. Direkte Beiträge an eine Verbilligungsaktion des einheimischen Weines erachtete er als wenig wirkungsvoll, erklärte jedoch in Übereinstimmung mit den Konsumentenorganisationen, dass die Konsumenten ebenfalls in den Genuss der aussergewöhnlichen Ernte kommen sollten. Die Discountkette Denner AG, welche ihre Vertreter aus der Expertenkommission zur Überprüfung der Einfuhrregelung von Wein aus Protest gegen die beibehaltene Kontingentierung und die Zollzuschläge auf importiertem Rotwein zurückgezogen hatte, kritisierte die Lagerungsbeiträge des Bundesrates: sie würden vor allem in die Taschen einiger weniger Grossproduzenten fliessen, während die kleinen und mittleren Walliser Bauern gegen eine Dequalifizierung ihres Weines und gegen existenzbedrohende Preisabschläge auf die Strasse gehen müssten
[22].
[19] Motionen : Amtl. Bull. NR, 1983, S. 968 W. ; Presse vom 25.6.83. Vernehmlassungsverfahren : Presse vom 7. u. 8.7.83 ; IBZ, 35, 30.8.83. Zur Erhöhung des Grundpreises für Zucker vgl. Vat., 15.6.83 (SBV, pro); Bund, 4.8.83 (Yvette Jaggi, contra). Vgl. SPJ, 1980, S. 83; 1981, S. 91; 1982, S. 83.
[20] Rodungsaktion: Bund, 1.2.83; BaZ, 22.2.83; 8.7.83; LNN, 5.3.83; NZZ. 19.5.83. Vogelschützer: NZZ, 28.4.83; SGT, 14.7.83; Bund, 8.9.83. Vgl. ferner NZZ, 4.6.83; 6.9.83; Vat., 23.7.83; TA, 25.7.83.
[21] Amtl. Bull. NR, 1983, S. 756 ff.; Amtl. Bull. StR, 1983, S. 340 f.; IBZ, 20, 20.5.83; 6.7.83; BaZ, 16.6.83; 8.7.83; TA, 16.6.83; 6.7.83.
[22] Interpellationen Dirren (cvp, VS) und Neukomm (sp, BE) zur Senkung der Weinpreise: Amtl. Bu ll. NR, 1983, S. 1334 f., 1737; Presse vom 4.10.83; Ww, 47, 24.11.83; NZZ, 9.12.83; 20.12.83; Blick, 13.12.83. Denner: NZZ, 1.3.83; TA, 2.3.83; Presse vom 31.12.83; vgl. auch: NZZ, 6.9.83; BaZ, 22.9.83; Presse vom 25.11.83; vgl. ferner SPJ, 1981, S. 91 f.; 1982, S. 85.
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