Année politique Suisse 1983 : Allgemeine Chronik / Öffentliche Finanzen / Finanzpolitik
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Zentraler Bestandteil des Konzeptes zur Sanierung der Bundesfinanzen auf der Seite der Sparmassnahmen ist das Anschluss-Sparprogramm («Sparmassnahmen 1983»), welches ab 1986 die linearen 10%igen Subventionskürzungen ablösen und durch gezielte Einsparungen die Bundeskasse um jährlich 360 Mio Fr. entlasten soll. Den Erfahrungen der vorangegangenen Jahre Rechnung tragend — dass die Opfersymmetrie eher hingenommen wird als gezielte Subventionskürzungen — hat dieses Anschlussprogramm, welches in die Vernehmlassung geschickt wurde, den Charakter eines Mischprogramms mit linearen und gezielten Kürzungen. Dem linearen Abbau (235 Mio Fr.) werden jene Bereiche unterstellt, welche in der zweiten Etappe der Aufgabenentflechtung zwischen Bund und Kantonen behandelt werden, sowie die Entwicklungshilfe (70 Mio Fr.), die Forschungsförderung (19 Mio Fr.) und die Unterstützung der konzessionierten Transportunternehmen (32 Mio Fr.). Die gezielten Subventionskürzungen machen nur gerade 145 Mio Fr. aus; darunter figurieren zudem noch 60 Mio Fr., um die — als finanzplanerische Vorgabe — das Defizit der SBB reduziert werden soll. Gezielt gekürzt wird unter anderem die Konsumsubvention für Tabak, Zucker und Milchpulver (46 Mio Fr.); ganz gestrichen aus dem Subventionskatalog werden namentlich die Beiträge an die Turn- und Sportverbände (3,7 Mio Fr.) und an die Berufsberater (14 Mio Fr.). Das Anschluss-Sparprogramm, das mit 70 Sparvorschlägen 150 Subventionsleistungen betrifft, überlässt den Kantonen Aufgaben in der Höhe von 100 Mio Fr. (vor allem in den Bereichen Hochschulförderung, Berufsausbildung und öffentliches Transportwesen); von den restlichen Ausfällen werden Gemeinden und halbprivate Organisationen oder die Subventionsempfänger selber betroffen. Am stärksten tangiert sind mit je 100 Mio Fr. Subventionskürzungen die Bereiche Unterricht und Forschung sowie Verkehr [12].
In der Vernehmlassung erhielt das Anschlussprogramm mehrheitlich ein positives Echo. Grundsätzliche Kritik äusserten die SPS, der SGB und die Partei der Arbeit, welche die Bundesfinanzen stärker über die Einnahmenseite sanieren möchten; sie bemängelten die Beschränkung der Kürzungen auf Bundesbeiträge, weil so beispielsweise die Armee ungeschoren davonkomme, während im Sozialbereich seit 1975 laufend Abstriche vorgenommen worden seien. Rechte und wirtschaftsfreundliche Gruppen (Nationale Aktion, Vorort, Redressement national) wiederum forderten weitere Sparanstrengungen, die Aufhebung des Indexmechanismus und eine institutionelle Ausgabenbremse. Die finanzschwächeren Kantone äusserten die Befürchtung, dass sie die Lastenverschiebung nicht ganz übernehmen könnten; die Luzerner Regierung schlug deshalb vor, dass ein Abbau von Bundesleistungen mit einem Abbau von bundesrechtlichen Vorschriften verbunden werden müsse. Auf allgemeine Ablehnung stiessen die vorgeschlagenen Streichungen der Beiträge an zivile Turn- und Sportvereine, die Krebsforschung und die konzessionierten Transportunternehmen. Der Bundesrat nahm von den Ergebnissen der Vernehmlassung Kenntnis und wies das Finanzdepartement an, die geplanten Beitragsaufhebungen an die Sportverbände rückgängig zu machen und eine Botschaft zum Anschlussprogramm auszuarbeiten [13].
Der Bundesrat nahm ausserdem von den Ergebnissen des Vernehmlassungsverfahrens zum Subventionsgesetz Kenntnis. Allgemein akzeptiert wurde von den Stellung beziehenden Kreisen die Intention des Gesetzes, das historisch gewachsene Subventionssystem, das heute aus über 100 Bundeserlassen besteht, zu vereinheitlichen und die öffentlichen Mittel nach finanzpolitischen und volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten einzusetzen. Heftige Kritik erwuchs dem bundesrätlichen Entwurf von seiten der am meisten Betroffenen, der Kantone, und der landwirtschaftlichen Organisationen sowie von Kreisen des Wohnungs- und Sozialwesens: Sie wehrten sich gegen eine Lastenverschiebung zu ihren Ungunsten; das Subventionsgesetz dürfe kein Spargesetz werden, das unabhängig von sachpolitischen Erwägungen irgendwelche Kürzungen vornehme. Dieser Einwand wurde ebenfalls von der SPS und dem SGB vorgebracht. Auf der anderen Seite bemängelte der Vorort einen zu geringen Umfang der Einsparungen; Ziel des Subventionsgesetzes müsse der Abbau und die Aufhebung von Subventionen sein. Der Bundesrat beauftragte darauf das EFD mit der nochmaligen Überarbeitung des Entwurfes [14].
Gegen den Widerstand der Personalverbände beantragte der Bundesrat dem Parlament die Aufhebung des halbjährlichen Teuerungsausgleichs für das Bundespersonal. Obschon dieser Schritt als weitere Angleichung der Verhältnisse des öffentlichen Personals an jene der Arbeitnehmer in der privaten Wirtschaft dargestellt wurde, unterstrich der Bundesrat in seiner Botschaft auch die Bedeutung dieser Massnahme für die Entlastung der Bundeskasse. Das Parlament wird im kommenden Jahr zum Bundesbeschluss Stellung nehmen. Nach dem Nationalrat stimmte nun auch der Ständerat einer gesetzlichen Verankerung des Personalstopps zu. Damit wird eine 1974 im Bundesgesetz über Massnahmen zur Verbesserung des Bundeshaushaltes enthaltene befristete Bestimmung in dauerndes Recht übergeführt. Das Gesetz regelt neu auch die Personalbestände der PTT, der SBB und der Rüstungsbetriebe; ausserdem wird künftig mit Durchschnitts- anstelle von Höchstbeständen gerechnet [15].
 
[12] Vat., 13.1.83; Presse vom 29.4.83. Vgl. SPJ, 1980, S. 75 f.; 1981, S. 79 f.; 1982, S. 18, 73 f.
[13] CVP: Vat., 21.7.83; NZZ, 2.8.83. SPS: TW, 11.10.83. SGB: TA, 12.7.83. Redressement national: NZZ, 9.7.83. Vorort: NZZ, 19.7.83. Sportverbände: Bund, 3.6.83; BZ, 9.6.83; NZZ, 30.6.83; 7.7.83; 18.7.83; 29.7.83. Regierung von LU: Vat., 5.7.83; NZZ, 8.7.83. Vgl. auch LNN, 18.7.83; SZ, 9.8.83; Presse vom 25.8.83.
[14] Presse vom 8.3.83; NZZ, 4.5.83; TA, 16.8.83. Vgl. SPJ, 1981, S. 79; 1982, S. 74.
[15] Teuerungsausgleich: BBl, 1983, IV, S. 545 ff. ; Schweizerische Beamtenzeitung, 1, 12.1.84; vgl. unten Teil I, 7a (Salaires). Personalstopp: Amtl. Bull. NR, 1983, S. 856, 1055 f.; Amtl. Bull. StR, 1983, S. 290 ff., 384 f.; Presse vom 21.6.83; Schweizerische Beamtenzeitung, 13, 7.7.83; 22, 8.12.83. Vgl. auch H. K. Dick, Plafonnement des effectifs du personnel, Lausanne 1983. Vgl. ferner oben, Teil I, 1c (Verwaltung) und SPJ, 1974, S. 17, 74 f.; 1982, S. 16, 74.