Année politique Suisse 1983 : Sozialpolitik / Sozialversicherungen
Berufliche Vorsorge
Aufgrund eines Postulats Bürgi (fdp, SG) wurde der ursprünglich vorgesehene Zeitpunkt des
Inkrafttretens des Gesetzes über die berufliche Vorsorge (BVG) um ein Jahr auf den 1. Januar 1985
verschoben. Ständerat Bürgi machte bei seinem Vorstoss insbesondere geltend, dass die Kantone und die Vorsorgeeinrichtungen mehr Zeit für einen geordneten Vollzug brauchten. Ferner sei angesichts der rezessiven Wirtschaftslage auf die vielen Klein- und Mittelbetriebe, die noch über keine genügend ausgebaute zweite Säule verfügten, Rücksicht zu nehmen. Dies um so mehr, als auf Anfang 1984 schon die Unfall- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge erhöht worden seien. Der Entscheid des Bundesrates, entgegen einem früher abgegebenen Versprechen den praktischen gegenüber den sozialen Erwägungen den Vorzug zu geben, wurde von der Linken und den Gewerkschaften mit Enttäuschung aufgenommen. Um allenfalls durch die Verschiebung entstehende Härten bei der Eintrittsgeneration zu mildern, erhöhte der Bundesrat die EL auf Anfang 1984 um etwas mehr, als die auszugleichende Teuerung betragen hatte
[10].
Die materiell wichtige
Verordnung 2 zum BVG wurde in der
Vernehmlassung im allgemeinen recht positiv aufgenommen, auch wenn der SGB eine weitere Schmälerung von Arbeitnehmeranliegen befürchtet, falls seine Verbesserungswünsche übergangen werden sollten. Die Arbeitgeber ihrerseits verlangten, dass die öffentlichen Pensionskassen angesichts ihrer grossen versicherungstechnischen Defizite dazu verpflichtet würden, das Deckungskapital sowie alle laufenden und anwartschaftlichen Verpflichtungen oflènzulegen. Bezüglich der Aufsicht über die Personalvorsorgeeinrichtungen überwies das Parlament entgegen dem Willen des Bundesrates zwei gleichlautende Motionen, die gleichzeitig von den ehemaligen Präsidenten der vorberatenden BVG-Kommissionen beider Räte (Muheim, sp, LU, und Kündig, cvp, ZG) eingereicht worden waren. Mit der angestrebten Anderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes von 1978 (VAG) möchten die Motionäre erreichen, dass künftig alle Pensionskassen, also auch die grossen Gemeinschafts- und Verbandseinrichtungen, ausschliesslich der umfassenden Aufsicht gemäss BVG unterstehen und nicht auch noch jener gemäss VAG. Ferner stellte das Bundesgericht auf Klage eines Chefbeamten der PTT fest, dass eine Statutenbedingung der Eidgenössischen Versicherungskasse, gemäss der Frauen im Gegensatz zu ihren männlichen Kollegen bereits mit dem vollendeten 35. Beitragsjahr eine Altersrente erhalten können, verfassungswidrig sei. Es war dies das erste Mal, dass ein Mann aufgrund des 1981 in die BV eingefügten Gleichberechtigungsgrundsatzes für Mann und Frau eine Einsprache erhob
[11].
[10] Postulat Bürgi: Amtl. Bull. StR, 1983, S. 81 ff.; NZZ, 2.2.83. Verschiebung des Inkrafttretens: NZZ, 19.1.83; Suisse, 26.2.83; Presse vom 2.3.83; 24.3.83; 31.3.83 (inkl. Reaktionen); SPJ, 1982, 5.133. Zu den Reaktionen auf diesen Entscheid vgl. ferner auch NZZ, 2.4.83; Vr, 11.4.83; VO, 15, 14.4.83; 24 Heures, 11.6.83. Erhöhung der EL: Presse vom 31.3.83; vgl. oben, Anm. 5.
[11] Verordnung: NZZ, 30.6.83; 29.10.83; Suisse, 30.6.83; SAZ, 33,18.8.83; Bund, 29.9.83;15.10.83; SGB, 30, 1 3.10.83 ; AS, 1984, S. 543 ff. Defizite der öffentlichen Kassen : NZZ, 15.8.83 ; wf, Dok., 44, 31.10.83 ; SZ, 27.12.83. Aufsicht: Amtl. Bull. NR, 1983, 5.1822 ff. (Motion Muheim / Reimann, sp, BE); Amtl. Bull. StR, 1983, S. 622 ff. (Motion Kündig) ; BaZ, 7.12.83 ; Bund, 7.12.83. Bundesgericht : Presse vom 26.3.83. Vgl. ferner die Artikelserie zur 2. Säule in JdG, 2.9.83; 9.9.83; 16.9.83; 23.9.83; 30.9.83; 7.10.83; 14.10.83; 21.10.83; 28.10.83; 4.11.83; 11.11.83.
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