Année politique Suisse 1983 : Sozialpolitik / Soziale Gruppen
 
Jugend
Die bewegte Jugend der Jahre 1980/81 verharrte weitgehend in resignativem Schweigen. Während in manchen Fällen die Justiz das letzte Wort sprach, war es auf den Strassen der grossen Städte ruhig. Die Jugendfragen traten wieder etwas in den Hintergrund [8]. Blieben manche Probleme nicht weniger junger Menschen wie der Drogenkonsum, die Wohnungsnot und die Arbeitslosigkeit auch weiter aktuell, so wandte sich doch die Aufmerksamkeit vermehrt der grossen Mehrheit der sehr integrationswilligen Jugendlichen zu, die sich nicht an den Demonstrationen beteiligt hatten. Diese nachrückende Generation ist gegenüber dem bestehenden politischen und gesellschaftlichen System grundsätzlich positiv eingestellt, auch wenn ihr Begriff der sozialen «Normalität» gegenüber jenem der älteren Generationen da und dort deutlich verlagert erscheint [9]. In einem Anfang 1983 veröffentlichten Bericht, der 1981 durch den Kantonsrat von Zürich entgegen dem Willen der Regierung veranlasst worden war, wurden die Unruhen von 1980/81 als Folge von natürlichen Entwicklungsprozessen der Jugend, von Mitläufertum und Abenteuerlust sowie den zunehmenden Schwierigkeiten beim Erwachsenwerden gedeutet. Um das länger gewordene Jugendstadium nicht noch weiter auszudehnen, sondern eher zu verkürzen, sollte der Jugend u.a. durch Herabsetzung des Mündigkeitsalters mehr und früher Verantwortung übertragen werden [10].
Der Nationalrat hatte über eine von der CVP-Fraktion eingereichte Motion sowie ein Postulat Schüle (fdp, ZH) zu befinden, die beide eine Verankerung der gesamtschweizerischen Jugendpolitik in den Regierungsrichtlinien verlangten. Die Hauptforderungen betrafen die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage zur Anerkennung und Unterstützung der Jugendorganisationen, die Förderung von Jugendzentren, die Sicherung von Ausbildungsplätzen sowie die Einführung eines bezahlten Urlaubes für Verantwortliche in der Jugendpolitik. Das letztgenannte Anliegen war zudem auch Gegenstand einer von der «Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft der Jugendverbände» lancierten Petition [11]. Um der Jugendarbeitslosigkeit zu begegnen, die gesamtschweizerisch Ende Januar 1983 rund 7500 Personen unter 25 Jahren betraf (27% aller Ganzarbeitslosen), bot die Stadt Bern ein umfangreiches Weiterbildungs- und Einsatzprogramm an, welches auch die Aufmerksamkeit anderer Städte zu wecken vermochte [12].
 
[8] Bund, 5.2.83; Ww, 8, 23.2.83 (Literaturhinweise zu den Jugendunruhen); TLM, 13.3.83; BaZ, 14.3.83; 24 Heures, 13.8.83. Justiz: Ww, 3, 19.1.83; Bund, 16.2.83; 29.4.83; welsche Presse vom 16.-19.8.83 und 24.8.83).
[9] Probleme: vgl. SPJ, 1982, S. 139 f. ; oben, Teil I, 6c (Wohnungsbau), 7a (Marché du travail), 7b (Suchtmittel). Zum Jugendstrafvollzug vgl. oben, Teil I, 1b (Strafrecht). Vgl. auch R. Blancpain / P. Zeugin / E. Häuselmann, Erwachsen werden. Ergebnisse und Folgerungen aus einer Repräsentativbefragung, Bern 1983; M. Buchmann, Konformität und Abweichung im Jugendalter, Diessenhofen 1983. Vgl. ferner NZZ, 18.4.83 und Bund, 21.4.83 (pädagogische Rekrutenprüfung des Kreises VII von 1983); Presse vom 9.7.83 (Rekrutenbefragung 1981); JdG, 10.9.83 (Studie der OECD); NZZ, 28.9.83 (Untersuchung der Schweiz. Fachstelle für Alkoholprobleme über «Jugendliche in der Schweiz: Zwischen Resignation und Rebellion»).
[10] Bericht: TA, 11.2.83; SGT, 14.2.83; Vr, 11.7.83. Vgl. ferner auch oben, Teil I, 1b (Stimmrecht); NZZ, 9.9.83 und Politische Rundschau, 62/1983, Nr. 4 (Positionen der FDP zur Jugendpolitik); Zürcher Presse vom 1.3.83 und Vr, 7.3.83 (Bericht pro 1980-82 über die Situation der Jugendarbeit in der Stadt Zürich).
[11] Jugendarbeit: BBl, 1983, I, S. 709 f. (finanzielle Unterstützung); Amtl. Bull. NR, 1983, S. 521 f: (Postulat Schüle, überwiesen) und 980 f. (CVP-Motion, als Postulat überwiesen). Vgl. auch R. Nowotny, Jugendarbeit als Aufgabe in der Gemeinde, Zürich 1983. Petition: BaZ, 21.3.83; 30.12.83; NZZ, 21.3.83; Suisse, 21.3.8:1; Ww, 14, 6.4.83; Presse vom 2.9.83.
[12] Jugendarbeitslosigkeit: Amtl. Bull. NR, 1983, S. 539 f. (Interpellation Bircher, sp, AG); SAZ, 4, 27.1.83; LNN, 17.3.83; SGB, 9, 17.3.83. Einsatzprogramm: BaZ, 11.3.83; Bund, 11.3.83; NZZ, 28.9.83; Vr, 28.9.83.