Année politique Suisse 1983 : Bildung, Kultur und Medien / Bildung und Forschung
Forschung
Ohne grosse Diskussionen verabschiedeten die eidgenössischen Räte das
Bundesgesetz über die Forschung und schufen so nach dem 1978 gescheiterten Hochschulförderungs- und Forschungsgesetz die rechtlichen Grundlagen für die Subventionierung und Koordination der Forschung
[74]. Unbestritten war das Forschungsgesetz, weil es primär ein Organisationsgesetz ist und zu sparsamem und effizientem Einsatz der finanziellen Mittel verpflichtet.
Die Bedeutung des
Schweizerischen Nationalfonds (SNF) für die Hochschulförderung ist in den letzten Jahren mit den finanziellen Schwierigkeiten der Hochschulen stark gestiegen; als um so beunruhigender wurde es empfunden, dass seit 1981 fast alle Bundessubventionen einer zehnprozentigen Kürzung unterliegen, was beim SNF bereits zu einem Stellenabbau von gegen 10% geführt hatte
[75]. In seinem Vorschlag für die Beiträge an die Institutionen der Forschungsförderung in den Jahren 1984-1987 ersuchte der SNF den Bundesrat um 849 Mio Fr. Dieser beantragte dem Parlament jedoch nur einen Kredit von 739 Mio Fr.
[76]; der Ständerat folgte dem Bundesrat und genehmigte Forschungsbeiträge von insgesamt 783 Mio Fr.
[77]. Demgegenüber schlug die nationalrätliche Kommission eine Erhöhung des Beitrags an den SNF um 110 Mio Fr. vor mit der Auflage, diesen Mehrbetrag hauptsächlich in den Bereichen Elektronik und Mikrotechnik einzusetzen
[78]; damit reagierte sie auf den fehlgeschlagenen Versuch der schweizerischen Eigenentwicklung eines integrierten Fernmeldesystems. Der Nationalrat billigte diesen Vorschlag gegen die Einwände der Finanzkommission und die Bedenken des Bundesrates
[79].
Das Parlament genehmigte ferner einen Zusatzkredit von 9,5 Mio Fr. für die Beteiligung an den
Fusionsprogrammen der Europäischen Atomgemeinschaft (Euratom), um der Schweiz auch weiterhin das Mitwirken in der internationalen wissenschaftlichen Diskussion zu ermöglichen
[80]. Im Europäischen Zentrum für kernphysikalische Grundlagenforschung (CERN) bei Genf legten Bundespräsident Aubert und Staatspräsident Mitterrand den Grundstein für den Bau des bisher grössten Elektronen-Positronenbeschleunigers (LEP-Ring)
[81].
Ungünstig für das Ansehen der Forschung wirkten sich Unregelmässigkeiten bei der wissenschaftlichen Arbeit wie auch institutsinterne Zwistigkeiten aus. So blockierte der SNF die Kredite für den Genfer Biologieprofessor Karl Illmensee, der Ende der siebziger Jahre mit seinen Klonexperimenten weltweites Aufsehen erregt hatte, nun aber von interessierten Forscherkreisen wie auch seinen eigenen Mitarbeitern unseriöser Methoden verdächtigt wurde
[82]. Das private Genfer Friedensforschungsinstitut (GIPRI) wurde in seiner Tätigkeit durch Konflikte politischer und persönlicher Art behindert; zudem vermochte es die erforderlichen finanziellen Mittel nicht aufzubringen
[83].
Bei der Vorberatung der parlamentarischen Initiative Ott (sp, BL) verneinte die nationalrätliche Kommission ein dringliches Bedürfnis nach der Schaffung eines
Instituts für Konfliktforschung und schlug ein Postulat für die Koordination der verschiedenen bestehenden Friedensforschungsprojekte der politologischen Forschungsstellen an der Universität Zürich und der Hochschule St. Gallen sowie des GIPRI vor. Der Rat folgte diesem Antrag
[84].
[74] Amtl. Bull. NR, 1983, S. 856 ff., 1396, 1554; Amtl. Bull. StR, 1983, S. 222 ff., 536, 584; BBl, 1983, III, S. 1062; NZZ, 5.2.83; 20.4.83; TA, 15.4.83; 14.6.83; Bund, 14.6.83; Vat., 14.6.83; BaZ, 15.6.83; 6.10.83; vgl. SPJ, 1980, S. 151; 1981, S. 158; 1982, S. 151.
[75] NZZ, 21.9.83; vgl. SPJ, 1980, S. 151; 1981, S. 158; 1982, S. 151.
[76] BBl, 1983, I, S. 1429; NZZ, 14.2.83; 24.2.83; BaZ, 17.2.83; 24.2.83; 8.4.83; Suisse, 17.2.83; TA, 8.4.83; 19.4.83; vgl. SPJ, 1979, S. 157.
[77] Der Betrag von 783 Mio Fr. enthält neben dem erwähnten Beitrag an den SNF noch 23,6 Mio Fr. für die Krebsforschung sowie 20,4 Mio Fr. für verschiedene wissenschaftliche Gesellschaften (Amtl. Bull. StR, 1983, S. 234 ff.; TA, 15.6.83).
[78] TA, 20.9.83; NZZ, 5.10.83; 6.10.83; 25.11.83; Bund, 25.11.83.
[79] Presse vom 14.12.83; Amtl. BulL. NR, 1983, S. 1397 ff., 1760 ff. Vgl. oben, Teil I, 6 b (PTT).
[80] Amtl. Bull. StR, 1983, S. 360 ff.; Amtl. Bull. NR, 1983, S. 1096 ff.; BBl, 1983, I, S. 241; III, S. 1034 ; NZZ, 13.5.83; 17.8.83.
[81] Presse vom 13. und 14.9.83.
[82] JdG, 21.5.83; 28.7.83; 29.7.83; 1.8.83; NZZ, 27.5.83; BaZ, 6.6.83; 10.8.83; TLM, 21.7.83; 28.10.83.
[83] BaZ, 16.4.83; 30.4.83; JdG, 16.4.83; 19.4.83; 24 Heures, 18.4.83; Bund, 19.4.83; vgl. SPJ, 1980, S. 151.
[84] Amtl. Bull. NR, 1983. S. 1421 ff.; Presse vom 6.10.83; vgl. SPJ, 1980, S. 151.
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