Année politique Suisse 1984 : Parteien, Verbände und Interessengruppen / Parteien
 
Freisinnig-demokratische Partei
Die Freisinnig-demokratische Partei (FDP), seit den eidgenössischen Wahlen von 1983 wieder die stärkste auf Bundesebene, wirkt zwar weit geeinter als die SP, doch geben auch ihr gewisse innere Spannungen gelegentlich zu schaffen. Dies zeigte etwa der erste Parteitag des Jahres im Januar, an dem die Abstimmungsparolen zu den beiden Verkehrsvorlagen stark umstritten waren. Die Anträge der Parteileitung — Ja zur Schwerverkehrsabgabe, Nein zur Autobahnvignette — obsiegten, bei der ersten aber nur mit hauchdünner Mehrheit [20]. Der nach dem Rücktritt des Neuenburgers Y. Richter zum neuen Präsidenten gewählte Aargauer B. Hunziker bezeichnete denn auch eine grössere Geschlossenheit der Partei als wünschbar, insbesondere zwischen der Landes- und den Kantonalorganisationen [21]. Auf eine besondere Probe wurde die FDP durch den überraschenden Rücktritt R. Friedrichs aus dem Bundesrat gestellt. Die Fraktion scheute eine offene Ausmarchung zwischen den beiden Kandidaten der Kantonalparteien: dem industriellen Kreisen nahestehenden Zentralpräsidenten aus dem Aargau und der durch Umweltschutzanliegen profilierten Elisabeth Kopp, welche die traditionellerweise vertretungsberechtigten Zürcher portierten. Akzentuiert wurde die parteiinterne Uneinigkeit noch dadurch, dass die mit Bedenken gegen den Gatten der Kandidatin operierende Kampagne zum Teil gleichfalls aus freisinnigen Kreisen kam [22]. Nachwirkungen der Kontroverse waren freilich nach dem Wahlentscheid der Bundesversammlung nicht zu erkennen.
Auch die Berner Kantonalpartei hatte nach den Nationalratswahlen innere Differenzen zu überwinden. Von der Neubesetzung des Präsidiums, das infolge Todesfalls während mehrerer Monate verwaist gewesen war, und von Vorschlägen einer zur Untersuchung der Wahlniederlage eingesetzten Arbeitsgruppe erwartete man wieder mehr Führung und echtes Profil [23].
 
[20] Presse vom 30.1.84. Dies Schwerverkehrsabgabe wurde mit 91:86 Stimmen befürwortet, die Autobahnvignette mit 93:78 Stimmen abgelehnt. Vgl. oben, Teil I, 6b (Generelle Verkehrspolitik). i
[21] Rücktritt Richters: Presse vom 28.1.84. Wahl Hunzikers: 14.4.84. Geschlossenheit: TA, 14.4.84; NZZ, 12.5.84. Hunziker erklärte sich für stärkere Einflussnahme der Landespartei auf die Kantonalparteien in der Willensbildung bei Abstimmungsvorlagen (TA, 30.1.84).
[22] Presse vom 25.9.84. Vgl. oben, Teil I, 1c (Regierung).
[23] Neuer Präsident wurde A. Rentsch (Bund, 26.4.84; vgl. auch BZ, 13.4.84). Arbeitsgruppe: Bund, 7.6.84. Vgl. SPJ, 1983, S. 35 u. 220.