Année politique Suisse 1984 : Parteien, Verbände und Interessengruppen
Verbände und übrige Interessenorganisationen
Le débat sur le rôle des associations dans la politique se poursuit — Malgré un certain durcissement des relations entre partenaires sociaux, la paix du travail n'est guère menacée — Les associations patronales jugent qu'en Suisse l'ensemble des conditions d'activité de l'économie est relativement satisfaisant, comparé à celui d'autres pays; toutefois elles renouvellent leur opposition à toute tentative visant à limiter l'autonomie de gestion des entreprises — L'USAM, en collaboration avec le Vorort, lance un référendum contre la garantie contre les risques à l'innovation et soutient celui contre le nouveau droit matrimonial — Après quatre années seulement, M. Kamber quitte la direction de l'USAM — L'USP se déclare en principe satisfaite de la politique agricole telle qu'elle est formulée dans le «rapport du Conseil fédéral sur l'agriculture — Alors que la VKMB proclame son intention de s'établir en Suisse romande, l'UPS se trouve confrontée à des problèmes internés — Si l'USS ne s'oppose pas à l'introduction du progrès technique, elle insiste néanmoins sur sa revendication d'une réduction du temps de travail qu'elle considère comme un instrument approprié pour lutter contre le chômage que cette évolution pourrait engendrer — Revirement dans la direction du Syndicat du livre et du papier.
 
Die im Vorjahr durch H. Tschänis Buch «Wer regiert die Schweiz?» belebte Diskussion über das Ausmass und die Wünschbarkeit des Einflusses von Verbänden auf die Politik wurde 1984 weitergeführt. In einer Replik auf die kritischen Thesen Tschänis betonten Vertreter von Arbeitgeber- wie auch von Arbeitnehmerorganisationen die Legitimität und Notwendigkeit der Geltendmachung von Gruppeninteressen in einer pluralistischen Gesellschaft. Diese betonte Artikulation eigener partikularer Ansprüche ermögliche erst das Finden eines Ausgleichs zwischen den einzelnen Gesellschaftsgruppen und sei deshalb ehrlicher als die a prori-Berufung auf ein Allgemeininteresse. Zudem sei es von Bedeutung, dass die Verbände ihr grosses Sachwissen im Rahmen von Vernehmlassungen und Kommissionen in die Politik einbringen. Sie unterstützten damit einerseits das Parlament in seiner Kontrollfunktion über die Verwaltung und nähmen andererseits eine Vermittlerolle zwischen dieser und den Bürgern wahr. Dass die Verbände in Erfüllung dieser Aufgaben über ein beträchtliches Machtpotential verfügen, sei nicht zu bestreiten. Das in der Schweiz vielfältige System von konkurrierenden Gewalten (z.B. Volksrechte, Föderalismus) sorgt aber ihrer Meinung nach in der Regel dafür, dass Machtballungen nicht zustande kommen können. Etwas anders sah ein Gewerbevertreter diese Thematik: Nicht in den Verbandsbüros seien die Schwerpunkte der politischen Macht auszumachen; diese würden sich vielmehr bei den Massenmedien und in der Verwaltung befinden [1].
Das Verhältnis zwischen den Sozialpartnern war von zwei gegensätzlichen Tendenzen gekennzeichnet. Einerseits betonten beide Seiten, dass es schwieriger geworden sei, in den Vertragsverhandlungen allseits befriedigende Kompromisse zu erzielen. Als Gründe dafür wurden namentlich von Arbeitgeberseite das im Vergleich zu den sechziger Jahren nur noch geringe Wirtschaftswachstum sowie die Notwendigkeit von vermehrten Investitionen zur Bewältigung des Strukturwandels ins Feld geführt [2]. Einige Gewerkschaften reagierten auf diese neue Situation mit einer kämpferischeren Haltung oder schufen zumindest die organisatorischen Voraussetzungen für vermehrte Kampfaktionen. So stimmte die Gewerkschaft Textil Chemie Papier (GTCP) einer Statutenänderung zu mit dem Ziel, den Entscheid über die Durchführung von kurzen Warnstreiks während vertragsloser Perioden auf die Betriebsebene zu delegieren [3]. Andererseits konnte in wichtigen Branchen mit der Unterzeichnung von neuen Abkommen dem vertragslosen Zustand ein Ende gesetzt werden, ohne dass es zu Arbeitskampfhandlungen kam. Dass die Sozialpartner in der Regel nach wie vor einem friedlichen Interessenausgleich den Vorzug geben, verdeutlichte die Auseinandersetzung im Bauhauptgewerbe. Nachdem es zu keiner Einigung über die Höhe des Teuerungsausgleichs für 1983 gekommen war, kündigte die Gewerkschaft Bau und Holz (GBH) im Frühjahr den noch bis Jahresende geltenden Landesmantelvertrag vorzeitig und unterstrich ihre Verhandlungsforderungen mit der Durchführung einer Protestdemonstration vor dem Gebäude, in welchem die Baumeister ihre Delegiertenversammlung abhielten. Obwohl der nun herrschende vertragslose Zustand Kampfmassnahmen erlaubt hätte, einigten sich die Kontrahenten relativ rasch, und dies ohne mit der Anwendung von Druckmitteln wie beispielsweise Streiks öffentlich zu drohen. Das trotz einer gewissen verbalen und organisatorischen Verhärtung friedliche Sozialklima widerspiegelt sich auch in der amtlichen Streikstatistik für das Jahr 1984 (lediglich 2 Arbeitsniederlegungen mit total 50 Beteiligten) [4].
 
Unternehmer
Aus den Stellungnahmen der Dachverbände von Industrie und Handel liess sich ein recht grosses Mass von Zufriedenheit mit den bestehenden innenpolitischen Verhältnissen entnehmen. Allerdings gelte es, so wurde betont, dafür Sorge zu tragen, dass die im internationalen Vergleich noch vorwiegend günstigen Rahmenbedingungen keinesfalls verschlechtert würden. Die Hauptakzente ihrer Politik setzten die Wirtschaftsverbände dementsprechend unverändert auf die Straffung der Staatsausgaben, die Verhinderung einer weiteren Ausdehnung der staatlichen Regelungsdichte und die Bekämpfung von Vorstössen, welche den Dispositionsspielraum der Unternehmer einzuschränken versuchen (z.B. die Volksinitiativen über die Energieversorgung oder die Tierversuche) oder ihnen neue Belastungen zu bringen drohen. Geradezu symbolhaften Charakter für das Verhältnis zwischen Wirtschaft und Staat nahm die Auseinandersetzung über die vom Bundesrat vorgeschlagene und vom Parlament in stark abgeschwächter Form gutgeheissene Innovationsrisikogarantie (IRG) an. Mit der Abdeckung des finanziellen Risikos privatwirtschaftlicher Entscheide mischt sich der Staat nach Ansicht der Unternehmer in deren ureigenen Belange ein und richtet — trotz anerkanntermassen guter Absichten — aufdie Dauer mehr Schaden als Nutzen an. Der Vorort des Schweizerischen Handels- und Industrie-Vereins (SHIV) ergriff deshalb, gemeinsam mit dem Gewerbeverband, das Referendum gegen die IRG. Grossen Wert legten die Wirtschaftsverbände weiterhin auf die Schaffung günstiger Bedingungen für die Exportwirtschaft. Dazu gehört ihrer Meinung nach der Einsatz der schweizerischen Aussenpolitik zugunsten des Abbaus von Handelshemmnissen jeglicher Art, dann aber auch der Ausbau der Instrumente der Exportfinanzierungshilfen. Der staatliche Einsatz in diesem letzteren Bereich sei international üblich und dürfe im Interesse der Konkurrenzfähigkeit schweizerischer Exporteure auch bei uns nicht vernachlässigt werden [5].
Nach zehnjähriger Amtsdauer trat auf Ende 1984 Fritz Halm altershalber als Präsident des Zentralverbands schweizerischer Arbeitgeber-Organisationen zurück und wurde durch den Aargauer Ständerat Hans Letsch (fdp) abgelöst [6].
Die Art ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit bringt es mit sich, dass die Interessenorganisation der Banken, die Schweizerische Bankiervereinigung, mehr als andere Branchenverbände im Spannungsfeld der Politik steht. Gerade im Berichtsjahr war dies mit dem Entscheid des Souveräns über die sozialdemokratische Volksinitiative «gegen den Missbrauch des Bankgeheimnisses und der Bankenmacht» ausgesprochen der Fall. Nach dem deutlichen Sieg in einem mit grossem persönlichem und finanziellem Einsatz ausgetragenen Abstimmungskampf sah sich die Bankiervereinigung in einer Position der Stärke und versuchte — bisher allerdings ohne grosse Wirkung — diese bei der Ausarbeitung eines Vorentwurfs für ein revidiertes Bankengesetz auszuspielen. Ihrer Meinung nach hatte der Stimmbürger nicht bloss der sozialdemokratischen Initiative als ganzer eine klare Abfuhr erteilt, sondern auch allen darin aufgeworfenen Einzelfragen. Eine unmittelbar nach dem Urnengang vorgenommene Meinungsumfrage zeigte jedoch, dass zwar nur wenige eine grundlegende Veränderung des Bankensystems wünschen, hingegen einzelne Neuerungen (z.B. Einlagenversicherung) durchaus von einer Mehrheit begrüsst würden [7].
In Opposition zu den bundesrätlichen Vorstellungen befand sich die Bankiervereinigung ferner in bezug auf den Anwendungsbereich der Preisüberwachung. Dieser soll sich gemäss dem Gesetzesentwurf auch auf die Zinsen erstrecken und tangiert damit die Interessen der Banken unmittelbar. Die erwähnten ordnungspolitischen Einwände des Vororts gegen die vom Parlament verabschiedete Innovationsrisikogarantie vermochten die Bankiers nicht zu teilen und sahen deshalb von der Unterstützung des Referendums ab. Grundsätzlich einverstanden war man ebenfalls mit dem in die Vernehmlassung gegebenen Vorentwurf des EJPD für eine rechtliche Regelung der Insiderproblematik [8].
Das politische Hauptanliegen der Dachorganisation des Gewerbes bestand auch1984 in der Erhaltung eines möglichst grossen Handlungsspielraums der privaten Unternehmen gegenüber dem Staat. Am deutlichsten manifestierte der Schweizerische Gewerbeverband (SGV) diese Politik mit der Ergreifung des Referendums gegen die Innovationsrisikogarantie, welche die Bereitstellung von Risikokapital für kleine und mittlere Unternehmen mit Bundesmitteln erleichtern will. Eher aussergewöhnlich war hingegen, dass der SGV mit der Unterstützung des Referendums gegen das neue Eherecht bei einem gesellschaftspolitischen Thema eine führende Rolle übernahm. Der Entscheid, ob man sich dem von Nationalrat Blocher (svp, ZH) angeführten überparteilichen Komitee anschliessen wolle, fiel zwar deutlich aus, war aber keineswegs unbestritten, gehören doch mit Ständerat Kündig (cvp, ZG) und Nationalrat Früh (fdp, AR) zwei prominente SGVVorstandsmitglieder zu den Befürwortern der Eherechtsreform. Im Rahmen der verbandsinternen Meinungsbildung nahm beispielsweise der Textildetaillistenverband gegen ein Referendum Stellung, unter anderem weil er davon negative Auswirkungen auf das Ansehen des Gewerbes bei den Konsumentinnen befürchtete. Die Gegner der Reform begründeten ihre Haltung hauptsächlich mit der ihrer Meinung nach ungenügenden Rücksichtnahme des neuen Gesetzes auf spezifisch gewerbepolitische Belange wie etwa die Erbfolge. Daneben spielten aber auch Einwände gegen die als fragwürdig apostrophierte gesellschaftspolitische Stossrichtung der Revision eine Rolle [9].
Nur vier Jahre nachdem er die Nachfolge Otto Fischers angetreten hatte, reichte M. Kamber auf Ende 1984 die Kündigung als Direktor des SGV ein, um sich dem Aufbau eines eigenen Geschäftes zu widmen. Auf Vorschlag des Vorstandes ersetzte ihn die Gewerbekammer durch Peter Clavadetscher. Dieser war bisher namentlich als Geschäftsführer des Aargauischen Gewerbeverbandes sowie diverser Berufsverbände in Erscheinung getreten [10].
 
Landwirtschaft
Die Spitzenorganisation der Landwirtschaft zeigte sich sowohl mit dem wirtschaftlichen als auch mit dem politischen Verlauf des Berichtsjahres grösstenteils zufrieden. In einer ersten Stellungnahme zu dem im Spätherbst veröffentlichten 6. Landwirtschaftsbericht des Bundesrates konstatierte der Leitende Ausschuss des Schweizerischen Bauernverbandes (SBV) in weiten Bereichen eine Übereinstimmung seiner Position bezüglich der Prinzipien und Ziele der zukünftigen Landwirtschaftspolitik mit derjenigen der Landesregierung. Heftige Kritik äusserte er hingegen an der im Bericht feststellbaren Tendenz, die Bedeutung des Paritätslohnvergleichs als Massstab für die Einkommenspolitik zu relativieren [11]. Die weiter fortschreitende Überbauung von landwirtschaftlich nutzbarem Land veranlasste den SBV zu Eingaben an die für Raumplanung bzwl Landwirtschaft zuständigen Bundesräte. Darin wird angeregt, die Bestimmungen des Raumplanungsgesetzes über die Fruchtfolgeflächen sowie über die Richtplanung der Kantone auf Verordnungsebene vermehrt auf das Ziel der Erhaltung von Kulturland auszurichten [12].
Die Vereinigung zum Schutz der kleinen und mittleren Bauern (VKMB) dokumentierte ihre oppositionelle Haltung zur Politik des SBV mit einer grundsätzlichen Kritik am 6. Landwirtschaftsbericht des Bundesrates. Die darin angekündigte und Vom SBV unterstützte Politik zielt ihrer Meinung nach darauf hin, nur den grossen Betrieben eine Überlebenschance einzuräumen. Trotz dem geringen Mass von Übereinstimmung mit dem SBV lehnte die Hauptversammlung der VKMB jedoch Schritte in Richtung aufeinen Austritt aus diesem ab. Hingegen möchte die bisher in der Deutschschweiz verankerte Bewegung ihre Aktivitäten in Zukunft auch auf die Westschweiz ausdehnen. Bei diesem Unterfangen hofft sie nicht zuletzt davon zu profitieren, dass die dissidente Union des producteurs suisses (UPS) viel von ihrer früheren Anziehungskraft verloren hat. Deren wirtschaftspolitischer Kurs, der seit der Übernahme des Präsidiums durch M. Chatagny im Jahre 1981 eine vermehrte Zusammenarbeit mit Umweltschutz-, Konsumenten- und Drittwelt-Organisationen anstrebte, war von seiten der Waadtländer Sektion stark angefochten. Der Mitgliederschwund der letzten zehn Jahre von 6000 auf 2500 (die VKMB zählt etwa gleich viel) konfrontierte die UPS ferner mit finanziellen Problemen. An ihrem Kongress in Yverdon sprachen sich die Delegierten jedoch grossmehrheitlich für die Weiterexistenz der UPS aus; das Sekretariat musste hingegen stark eingeschränkt werden [13].
 
Arbeitnehmer
Mit grosser Aufmerksamkeit verfolgen seit einigen Jahren die Organisationen der Arbeitnehmer die Auswirkungen der technologischen Entwicklung und des davon ausgelösten wirtschaftlichen Strukturwandels auf Arbeitswelt und Gesellschaft. So stand beispielsweise der alle vier Jahre stattfindende Kongress des Schweizerischen Metall- und Uhrenarbeitnehmer-Verbandes (SMUV) zu einem grossen Teil im Zeichen dieses Themenkreises. Zumindest in den Leitungen der Gewerkschaften scheint weitgehend Einigkeit darüber zu herrschen, dass man sich nicht gegen die Einführung neuer Technologien stellen dürfe, da man nicht eine Verschlechterung der Konkurrenzfähigkeit der schweizerischen Wirtschaft und damit eine Gefährdung der Arbeitsplätze in Kauf nehmen wolle. Hingegen sei es eine vordringliche Aufgabe der Gewerkschaften, den infolge von Rationalisierungsmassnahmen drohenden Arbeitsplatzabbau mit der Forderung nach einer allgemeinen Arbeitszeitverkürzung zu bekämpfen [14]. Dieses Postulat stand eindeutig im Mittelpunkt der gewerkschaftlichen Aktivitäten während des Berichtsjahres und bildete in der Form «40-Stunden-Woche, genügend Arbeit für alle» das Motto für die 1.-Mai-Kundgebungen. Dabei gedenkt der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) dieses Ziel nicht nur auf dem Verhandlungsweg zu realisieren, sondern reichte auch eine entsprechende Volksinitiative ein. Im weitem sprach sich die Delegiertenversammlung des SGB klar gegen den Rückzug der 1979 eingereichten Ferieninitiative aus, obwohl mit der vom Parlament 1983 verabschiedeten Revision des Obligationenrechts ein guter Teil der Forderungen berücksichtigt war. Gemeinsam mit der SP lancierte der SGB schliesslich auf dem Gebiet der Krankenversicherung eine Volksinitiative. Die Arbeitgeber vermochten darin die Tendenz zu einer stärkeren Betonung der gesetzlichen Regelungen zulasten der sozialpartnerschaftlichen Lösungen zu erkennen, die ihrer Meinung nach letztlich zu einem Bedeutungsverlust für die Gesamtarbeitsverträge und die dahinter stehenden Organisationen führen könnte [15].
Der wirtschaftliche Strukturwandel bringt für die Arbeitnehmerverbände aber auch Probleme mit der Mitgliederwerbung. Nicht nur das Wachstum des Dienstleistungs- auf Kosten des Industrie- und Gewerbesektors, sondern auch die Ersetzung von traditionellen manuellen Tätigkeiten durch Planungs-, Überwachungs- und Bedienungsfunktionen innerhalb der industriellen Produktion schmälert die Rekrutierungsbasis vieler Gewerkschaften. Diese versuchen deshalb vermehrt, sich zu eigentlichen Industriegewerkschaften zu entwickeln, welche für sämtliche Arbeitnehmerkategorien einer Branche attraktiv sind. Einen diesbezüglichen Erfolg konnte der SMUV erzielen, indem es ihm erstmals gelang, in einen — allerdings bloss einzelbetrieblichen — Gesamtarbeitsvertrag auch das Büropersonal einzubeziehen. Dass diese Bestrebungen von den herkömmlichen Angestelltenorganisationen nicht gerne gesehen werden, ist nicht erstaunlich. Aber auch innerhalb des SGB sind noch nicht alle Verbände von der Notwendigkeit branchenweiser Zusammenschlüsse überzeugt: Der Schweizerische Lithographenbund lehnte mit deutlichem Mehr die Eröffnung einer breiten Diskussion unter den Mitgliedern über die Wünschbarkeit einer Fusion mit der Gewerkschaft Druck und Papier ab. Die Mitgliederzahl des SGB war 1984 mit – 1,1% etwa gleich stark rückläufig wie die Zahl der im 2. Sektor Beschäftigten. Die grössten Einbussen hatten die typischen industriellen Gewerkschaften GTCP (– 3,4%) und SMUV (– 3,0%) zu beklagen. Während der absolute Mitgliederbestand bei den dem SGB angeschlossenen Verbänden in den vergangenen zehn Jahren um rund 4000 (– 0,9%) zurückgegangen ist, hat sich infolge des deutlich stärkeren Beschäftigungsabbaus (– 9,0%, im Bereich von Industrie und Gewerbe sogar – 20%) der gewerkschaftliche Organisationsgrad erheblich verbessert [16].
Die von jeher enge Zusammenarbeit mit der SP brachte es mit sich, dass der SGB sich auf nationaler und lokaler Ebene mit den Auseinandersetzungen in dieser Partei befassen musste. In der Frage der Fortführung der Bundesratsbeteiligung sprach sieh der erweiterte Vorstand mit relativ knappem Mehr für den Verbleib aus. Bei den baselstädtischen Regierungsratswahlen konnten sowohl die Kandidaten der SP als auch diejenigen der dissidenten Demokratisch-Sozialen Partei auf die offizielle Unterstützung der Gewerkschaften zählen. In der Stadt Bern verzichtete der Gewerkschaftsbund auf eine Empfehlung der SP-Liste für die Wahl in die Exekutive, nachdem ein von ihm favorisierter Bewerber (O. Messerli) bei der Nomination nicht berücksichtigt worden war. Allerdings kam auch das erforderliche qualifizierte Mehr zugunsten des auf einer eigenen Liste kandidierenden Sozialdemokraten Bratschi nicht zustande [17].
Im personellen Bereich ergab sich bei der Gewerkschaft Druck und Papier (GDP) eine bemerkenswerte Veränderung. Der im Vorjahr vom Verdacht der Fälschung zu seinen Gunsten anlässlich der Verbandspräsidentenwahl von 1981 entlastete und rehabilitierte F. Aeberli wurde von der Delegiertenversammlung zum neuen Zentralsekretär gewählt. Der bisherige Verbandspräsident E. Gerster erklärte angesichts dieser Wende seinen vorzeitigen Rücktritt. Die Delegierten des SMUV erneuerten das Mandat ihres Präsidenten F. Reimann — er ist zugleich auch Präsident des SGB — für eine weitere Vierjahresperiode. Dazu bedurfte es allerdings einer Revision der 1972 in die Statuten aufgenommenen Bestimmungen über die Amtszeitbeschränkung [18].
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H.H.
 
[1] H. Allenspach, «Entwicklung und Einfluss der Verbände», in Verwaltungspraxis, 38/1984, S. 44 ff. ; F. Reimann, «Verband als Vermittlungsmaschine von Partikularinteressen?», a.a.O., S. 49 ff.; M. Kamber, «Vom Schlagwort der Verbandsmacht», a.a.O., S. 54 f. Zu Tschäni siehe SPJ, 1983, S. 11. Zu diesem Thema vgl. ferner M. Buser, Umweltschutzgesetzgebung und Wirtschaftsverbände, Zürich 1984; ders., Der Einfluss der Wirtschaftsverbände auf Gesetzgebungsprozesse und das Vollzugswesen im Bereich des Umweltschutzes, Zürich 1984, J. Naumann, Der Einfluss von Interessengruppen auf die wirtschaftspolitische Willensbildung und Weichenstellung, Zürich 1984 sowie die eher journalistische Charakterisierung der grossen Verbände in Ch. Fehr (Hrsg.), Heil dir Helvetia, Hägendorf 1984, S. 74 ff. (Arbeitgeber), 85 ff. (Arbeitnehmer), 98 ff. (Landwirtschaft) und 107 ff. (Gewerbe).
[2] Zentralverband schweiz. Arbeitgeber-Organisationen (ZSAO), Jahresbericht, 77/1984, S. 7; F. Halm (Präsident) an der Jahresversammlung des ZSAO (wf, Dok., 26/27, 25.6.84); H. Allenspach (Direktor des ZSAO) in Vat., 10.11.84. A. Haymoz/P. Platzer, «Beunruhigende Tendenzen im Arbeitsrecht», in Gewerbliche Rundschau, Nr. 2, 1984, Beilage zu Schweiz. Gewerbe-Zeitung, 15, 12.4.84; F. Reimann (Präsident SGB) in SGB, 1, 12.1.84; M. Zuberbühler (Vizepräsident SGB) in SGB, 19, 7.6.84. Vgl. auch G. Casetti, «Sozialpartnerschaft in Recht und Praxis», in Zukunft von Wirtschaft und Staat in der Schweiz. Festschrift zum 60. Geburtstag von Bundesrat Dr. Kurt Furgler, Zürich 1984, S. 162 ff.
[3] NZZ, 25.10.84; 29.10.84; BaZ, 29.10.84; 3.11.84; SGB, 33, 1.11.84. Der auf Anfang 1984 in Kraft getretene Gesamtarbeitsvertrag fur die Basler Chemie enthält insofern eine Aufweichung der Friedenspflicht, als bei Nichtzustandekommen einer Einigung über die Höhe des Teuerungsausgleichs Kampfmassnahmen erlaubt sind, ohne dass der GAV seine Gültigkeit verliert (SGB, 3, 26.1.84). Auf Kritik von Arbeitgeberseite stiess die Tendenz bei der GTCP, in ihren Verlautbarungen den Begriff Sozialpartner durch Vertragspartner zu ersetzen (SAZ, 50, 13.12.84; SGB, 39, 20.12.84). Die Delegierten des Schweizerischen Metall- und Uhrenarbeitnehmer-Verbandes ihrerseits lehnten den Antrag, in zukünftigen GAV nur noch die relative Friedenspflicht zu verankern, im Verhältnis 3:1 ab (SMUV-Zeitung, 43, 24.10.84; Presse vom 19.10.-21.10.84).
[4] Baugewerbe: FOBB, 48, 21.2.84; 51, 20.3.84; 67, 25.9.84; 69, 9.10.84; 73, 6.11.84; SGB, 19, 7.6.84. Zu den GAV-Verhandlungen siehe auch oben, Teil I, 7a (Conventions collectives de travail). Streikstatistik : Die Volkswirtschaft, 58/1985, S. 222; vgl. auch oben, Teil I, 7a (Conflits du travail).
[5] L. von Planta, Die Schweiz im wirtschaftlichen Spannungsfeld (Präsidialansprache an der Delegiertenversammlung des SHIV vom 14.9.1984), Zürich 1984; SHIV/Vorort, Jahresbericht, 114/1983-84, S. 9 ff.; E.F. Hoffmann in wf, Dok., 38, 17.9.84. Vgl. auch oben, Teil I, 4 a (Wirtschaftssystem ; Strukturpolitik) und 2 (Mesures de soutien à l'exportation). Für einen Abbau der tarifarischen und nichttarifarischen Handelshemmnisse setzte sich mit einem Zwölfpunkteprogramm zuhanden des Bundesrates auch die Vereinigung des schweiz. Import- und Grosshandels (VSIG) ein (NZZ, 25.1.84; VSIG, Jahresbericht, 1983-84, S.16 f.; vgl. auch SPJ, 1983, S. 225 f.).
[6] NZZ, 28.11.84; TA, 20.12.84; SAZ, 51/52, 20.12.84.
[7] Zu Volksabstimmung und Bankengesetzrevision vgl. oben, Teil I, 4b (Banken); Schweiz. Bankiervereinigung, Jahresbericht, 72/1983-84, S. 7 f., 42 ff. und 58 ff.; Vox, Analyse der eidgenössischen Abstimmung vom 20. Mai 1984, Zürich 1984, S. 15 ff. Am Bankiertag trat BR Stich mit einem recht angriffigen Referat auf (BaZ, 6.10.84; O. Stich, «Gardinenpredigt an die Schweizer Bankiers», in Rote Revue, 63/1984, Nr. I1, S. 3 ff.).
[8] Schweiz. Bankiervereinigung, Jahresbericht, 72/1983-84, S. 118, 129 ff. und 133 ff. sowie oben, Teil I,4a (Strukturpolitik; Wettbewerbspolitik) und 4 b (Banken).
[9] SGV, Geschäftsbericht, 105/1984, S. 7, 22 (IRG) und 75 f. (Eherecht); siehe auch oben, Teil I, 4a (Strukturpolitik) und 7d (Politique familiale). Zur Meinungsbildung des SGV in Sachen Eherecht vgl. Vat., 22.8.84; NZZ, 25.8.84; 29.8.84; LM, 9.10.84 und Presse vom 10.10.84. Zum politischen Credo des SGV und dessen Auswirkungen auf die eidgenössische Politik siehe ferner O. Fischer, «16 Jahre im Nationalrat», in Gewerbliche Rundschau, Nr. 1, 1984, Beilage zu Schweiz. Gewerbe-Zeitung, 52, 29.12.83.
[10] SGV, Geschäftsbericht, 105/1984, S. 7 und 22; JdG, 3.7.84; Presse vom 4.7.84; BaZ, 13.9.84; NZZ, 29.9.84; zur Wahl Kambers vgl. SPJ, 1980, S. 200. Vermutungen, dass Probleme in der Führungsstruktur zur Demission beigetragen hätten, wies SGV-Präsident Kündig kategorisch zurück (SZ, 20.7.84). Einige welsche Kantonalsektionen zeigten sich etwas verstimmt, dass die Kandidatur des stellvertretenden Direktors A. Oggier — er wäre der erste französischsprachige Geschäftsleiter des SGV gewesen — nicht berücksichtigt wurde (LM, 9.10.84).
[11] SBV, Jahresbericht, 87/1984, S. 31 ff. sowie NZZ, 14.11.84 (Delegiertenversammlung des SBV). Vgl. auch oben, Teil I, 4c (Agrarpolitik).
[12] SBV, Jahresbericht, 87/1984, S. 41 f.; LNN, 10.2.84. Vgl. auch oben, Teil I, 6c (Raumplanung).
[13] 6. Landwirtschaftsbericht: Gnueg Heu dune!, 1984, Nr. 7, S. 2 f und 5 ff. VKMB: Vr, 23.1.84; TA, 20.8.84; 21.8.84; vgl. ferner die an der Universität Zürich entstandene Untersuchung von A. Ernst, Die VKMB — eine Organisation der Neuorientierung in der Landwirtschaft, publiziert als Sondernummer des Verbandsorgans Gnueg Heu dune!, April 1985 sowie SPJ, 1983, S. 227. UPS: Union, 14, 8.8.84; 15, 5.9.84; 16, 3;10.84; LM, 2.9.84; 30.9.84; BZ, 9.10.84; Stadt und Land, 4/1984, Nr. 4; vgl. auch den Aufsatz in H.P. Kriesi, Bewegung in der Schweizer Politik, Frankfurt a. M. 1985, S. 59 ff. Im Gegensatz zur VKMB würdigte die UPS den 6. Landwirtschaftsbericht vorwiegend positiv (Union, 18, 5.12.84). Vgl. auch oben, Teil I, 4c (Agrarpolitik).
[14] SGB, 39, 20.12.84 (SGB-Präsident Reimann); V. Moser, «Auswirkung von neuen Technologien auf Arbeit und Ausbildung», in Gewerkschaftliche Rundschau, 76/1984, S. 16 ff. Zum SMUV-Kongress 1984 siehe SMUVZeitung, 42, 17.10.84; 43, 24.10.84. Der SMUV-Vorstand unterbreitete den Delegierten ein Arbeitsprogramm mit Ideen und Vorschlägen zur zukünftigen Strategie; vorgesehen ist im wesentlichen ein Fortführung des bisherigen Kurses (siehe auch Presse vom 19.-21.10.84).
[15] 1. Mai : Presse vom 2.5.84; SGB, 15, 3.5.84.40-Stunden-Initiative: vgl. oben, Teil I, 7 a (Temps de travail); SPJ, 1983, S. 227 f.; TA, 24.8.84. Ferieninitiative: BaZ, 10.4.84; SGB, 13, 12.4.84; vgl. SPJ, 1983, S. 136 (OR-Revision) sowie oben, Teil I, 7a (Temps de travail). Arbeitgeber: Zentralverband schweiz. Arbeitgeber-Organisationen, Jahresbericht, 77/1984, S. 9 f.; vgl. auch NZZ, 18.8.84; Suisse, 3.10.84.
[16] Mitgliederzahlen: SGB, 15, 3.5.85 sowie H. Anderegg, «Mitgliederentwicklung der schweizerischen Gewerkschaften im Jahr 1983», in Gewerkschaftliche Rundschau, 76/1984, S. 98 ff.; vgl. auch J.-N. Rey e.a., Enquete sur les mutations syndicales en Suisse, Genève 1984. SMUV: TA, 15.5.84; 8.6.84. Lithographenbund: SGB, 20, 21.6.84; Le Gutenberg, 26/27, 28.6.84.
[17] Siehe oben, Teil I, 1c (Regierungen) und 1e .
[18] GDP: Le Gutenberg, 28/29/30, 12.7.84; zu den Präsidentenwahlen von 1981 und den darauf folgenden verbandsinternen und gerichtlichen Auseinandersetzungen siehe SPJ, 1981, S. 211; 1982, S. 210; 1983, S. 228. SMUV: SMUV-Zeitung, 43, 24.10.84; Presse vom 19.-21.10.84; SPJ, 1972, S. 169.
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